Tod ist nur ein Wort
gewesen, um das zu bemerken.
“Ich sag ja, ich bin gut in Sprachen. Ich mag sie alle.”
“Warum hast du dann so einen mickrigen Job bei einem mickrigen Verlag? Talente wie du wären in jeder Organisation nützlich.”
“Ich mag mein Leben, wie es ist. Lieber übersetze ich Kinderbücher als die Verhandlungen von Waffenhändlern.”
Er beendete die Behandlung, legte Flasche und Tupfer beiseite und beugte sich über sie. “Und das ist genau das, was du nicht sagen sollst, mein Engel. Du musst alles vergessen, was du in den letzten zwei Tagen erlebt hast. Wir haben es mit sehr gefährlichen Leuten zu tun, und du könntest die meisten von ihnen identifizieren. Trotz deines dummen Verhaltens bist du eine kluge Frau, und mit ein bisschen Nachdenken findest du rasch heraus, worüber wir gesprochen haben, wo du jetzt weißt, dass es nicht um Hühner und Getreide ging.”
Sie ertrug seine Nähe nicht, auch wenn er sie nicht berührte – das ließ sie sich deutlich anmerken. Es war ihm egal. “Vergiss das alles, Chloe”, sagte er sanft. “Oder du lebst vielleicht nicht lange genug, um es zu bereuen.”
11. KAPITEL
C hloe starrte zu ihm hinauf. Sie lag rücklings auf seinem Bett, trug nur ihre Unterwäsche und hatte vor weniger als vierundzwanzig Stunden Sex mit ihm gehabt. Herrje, vielleicht vor weniger als zwölf Stunden – sie hatte keine Ahnung, wie spät es sein mochte.
Sie war auch nicht in der Lage, sich zu bewegen, ihn von sich zu stoßen. Seine dunklen undurchdringlichen Augen waren halb geschlossen, als er sich über sie beugte, und einen verrückten Moment lang glaubte sie, dass er sie gleich küssen würde.
Was er nicht tat. Er stemmte sich hoch und trat beiseite, war offenbar fertig mit ihr. “Ich gehe unter die Dusche. Danach sehe ich, ob ich dir einen Pass besorgen kann.”
“Ich brauche keinen neuen Pass.”
Er schüttelte den Kopf. “Wenn du unter deinem richtigen Namen reist, wirst du nie zu Hause ankommen. Ich weiß, was ich tue, Chloe. Tu einfach nur, was ich sage, und du wirst diesen Schlamassel lebend überstehen.”
Sie starrte ihn an. “Wer zum Teufel bist du?”, fragte sie. “
Was
zum Teufel bist du?”
Sein dünnes Lächeln gab nichts preis. “Das musst du nicht wissen. Versuch einfach zu schlafen. Du brauchst deine Kraft, um gesund zu werden.”
Seinen Worten zu folgen, gefiel ihr zwar nicht unbedingt, doch sie war zu erschöpft, um ihm zu widersprechen. Der Schmerz hatte sich zu einem dumpfen Klopfen in ihrem Körper abgeschwächt, und im Moment schien Schlaf wesentlich wichtiger als die Wahrheit.
“In Ordnung”, sagte sie widerwillig.
“Was? Du bist tatsächlich mal mit etwas einverstanden? Ich kann es kaum glauben.”
“Geh zum Teufel”, erwiderte sie mit kaum hörbarer Stimme.
“Das klingt mehr nach dir”, murmelte er. “Versuch zu schlafen. Beschimpfen kannst du mich auch noch, wenn du wieder aufwachst.”
Sie hätte erwartet, dass der Schlaf sie gleich überkommen würde, doch er widersetzte sich hartnäckig. Trübes Licht drang durch das Fenster – wenn sie sich die letzten Stunden ins Gedächtnis rief, konnte sie vielleicht auf die Uhrzeit schließen. Doch sich an die letzten Stunden zu erinnern, war das Letzte, was sie wollte. Von dem Moment an, als sie gestern zum ersten Mal in seinen Wagen gestiegen war, wollte sie sich an nichts mehr erinnern. Weder an die rauen intensiven Momente in ihrem Zimmer noch an den Schmerz und den Schrecken und vor allem nicht an Gilles Hakim, wie er auf ihr lag, sein Körper ein totes Gewicht. Im wahrsten Sinne des Wortes.
Er hatte sie verletzt und vorgehabt, sie zu töten, sodass sie sich seinen Tod gewünscht hatte. Sie hatte sich immer für eine Pazifistin gehalten, die lieber sterben würde, als jemand anderen zu verletzen, doch als es um ihr eigenes Leben ging, hatten sich ihre hehren Grundsätze in Luft aufgelöst. Hätte sie eine Waffe gehabt, hätte sie Hakim selbst erschossen – mit Freude sogar.
Möglicherweise. In diesem Punkt war sie nicht ganz sicher. Sie hörte das Wasser in der Dusche rauschen, roch Seife, Rasiercreme und den schwachen Duft seines Parfums. Sie konnte den Duft nicht zuordnen – er war unaufdringlich, trotzdem hartnäckig und … irgendwie erotisch. Sie mochte keine Männer, die Parfum benutzten.
Das Rauschen des Wassers hörte auf, und kurz darauf öffnete sich die Tür. Sie hob den Kopf und sah, wie Bastien nackt hereinkam, er hatte nicht einmal ein Handtuch um die Hüfte
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