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Tod ist nur ein Wort

Tod ist nur ein Wort

Titel: Tod ist nur ein Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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den Mantel enger um sich und versuchte, den schwachen Duft seines Parfums zu ignorieren.
    Er brauchte länger als erwartet. Franc war einverstanden gewesen, zumal ihm Bastien einen Vorgeschmack auf seine Großzügigkeit gab, und hatte versprochen, die Papiere um achtzehn Uhr fertig zu haben. Sie konnten sie auf dem Weg zum Flughafen abholen, es würde wenige Minuten dauern, das richtige Foto einzukleben. Er würde sie noch vor Mitternacht in eine Air-France-Maschine setzen, danach konnte er aufatmen und sich ums Geschäftliche kümmern. Hakim war früher als geplant ums Leben gekommen, doch darin sah er kein großes Problem, da Christos noch gar nicht aufgetaucht war. Es bestand eine gute Chance, seinen Auftrag doch noch durchzuführen, sobald Chloe in Sicherheit war. Er wusste selbst nicht, warum er diesen Moment kaum erwarten konnte – er ließ sich selten von Gefühlen ablenken. Eine weitere Kostprobe unerwarteten Verhaltens, das er dem Komitee nur schwer würde erklären können. Wobei er nicht die Absicht hatte, die Wahrheit zu sagen.
    Er ging in ein Café und bestellte einen Whisky mit Soda. Der Regen draußen wurde allmählich zu Schnee, während er durch das Fenster auf die düstere Straße sah und wartete.
    Der Mann, der ihm gegenüber Platz nahm, wirkte wie ein britischer Staatsbeamter – steif, korrekt gekleidet, von mittlerem Alter und mittlerem Einkommen. Er hieß Harry Thomason und war in Wahrheit ein rücksichtsloser seelenloser Automat, der das Komitee wie eine geölte Maschine betrieb. Er zog seinen feuchten Regenmantel aus, legte eine Zeitung auf den Tisch und bestellte eine Tasse Kaffee, bevor er schließlich Bastien ansah.
    “Was haben Sie getan, Jean-Marc?”, wollte er wissen.
    Bastien zündete sich eine Zigarette an, die erste seit zwei Tagen, um Gleichmut zu demonstrieren. Harry hatte wahrscheinlich eine ebenso gute Vorstellung von seinem richtigen Namen wie jeder andere, aber er gab sich mit Jean-Marc zufrieden. Er konnte nicht wissen, dass so das vietnamesische Hängebauchschwein seiner Tante Cecile geheißen hatte.
    Dieser Jean-Marc war selbstverständlich ein sehr elegantes Schwein gewesen. Für eine Familie mit ihrem Stammbaum hatte es nichts Gewöhnliches sein dürfen. Und Cecile genoss es, mit ihrem Minischwein in die besten Hotels von Europa und Asien hineinzuspazieren. Jean-Marc war ein elegantes, aber auch sehr übellauniges Tier gewesen und verschwand, als Cecile und seine Mutter durch Burma reisten. Er hatte sich immer gefragt, ob das Tier in irgendjemandes Küche gelandet war – ausgleichende Gerechtigkeit dafür, dass es Bastien einmal in den Hintern gebissen hatte. Er hatte selbst Schuld gehabt. Er war damals zwölf gewesen, gelangweilt und trotzig, weil er es satthatte, rund um den Globus geschleift zu werden und den Launen von Cecile und Marcie ausgeliefert zu sein. Und weil das Schwein mehr Aufmerksamkeit und Zuwendung erhielt, als man ihm je geschenkt hatte, entschied er sich, Jean-Marc zu ärgern, als das Tier in seinem mit Fell ausgekleideten Korb döste.
    Jean-Marc hatte etwas dagegen gehabt und Bastien in den Hintern gebissen, wofür er dem Schwein widerwillig Respekt zollte. Immerhin hatte es ihn nicht einfach ignoriert.
    Als Jean-Marc verschwand, hatte Cecile bereits das Interesse an ihm verloren, so wie seine Mutter schon vor Jahren, wahrscheinlich schon Tage nach der Geburt das Interesse an ihrem einzigen Kind verloren hatte. Sie ließ ihn deutlich spüren, dass es ihn, wäre es nach ihr gegangen, nicht gäbe – ihr besitzergreifender Liebhaber hatte ihr die Abtreibung verboten, und als er herausfand, dass er nicht der Vater war, und sie sitzen ließ, war es zu spät. Als die Wehen einsetzten, flehte Marcie gerade irgendeinen Quacksalber um eine späte Abtreibung an. Drei Stunden später wurde Bastien geboren.
    Er hatte sich immer gefragt, warum sie ihn nicht einfach erwürgt und in einen Müllcontainer oder Papierkorb geworfen hatte. Oder sie hätte sich nicht einmal die Hände schmutzig machen müssen, sondern hätte ihn in jener Novembernacht vor zweiunddreißig Jahren einfach verhungern lassen können. Vielleicht war sie für einen Moment sentimental gewesen. Vielleicht lag es daran, dass sie krank gewesen war. So krank, dass sie fast gestorben wäre und man ihr Gebärmutter und Eierstöcke entfernen musste, sodass sie sicher sein konnte, niemals wieder die Demütigung einer Schwangerschaft durchleben zu müssen. Er hatte sich früher oft vorgestellt, wie

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