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Tod ist nur ein Wort

Tod ist nur ein Wort

Titel: Tod ist nur ein Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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spürte, wie sie ruhiger wurde.
    Sie lehnte sich gegen ihn, als er sie von hinten stützte, und die Angst und die Anspannung entwichen langsam ihrem Körper. “Wenn du es allmählich satthast mit mir, warum lässt du mich dann nicht gehen?”
    Er antwortete nicht. Er drückte sie nur an sich, und sein Gesicht war neben ihrem, als er mit ihr hinaussah. “Seit wann hast du Platzangst?”, fragte er. “Schon dein ganzes Leben? Du wirkst eigentlich nicht sehr komplexbeladen.”
    “Seit ich acht war. Uns gehört viel Land in North Carolina, darunter auch eine verlassene Mine, wo meine Brüder immer gespielt haben. Sie wussten nicht, dass ich ihnen gefolgt war, ich verirrte mich, und sie fanden mich erst am nächsten Morgen. Seitdem kann ich keine dunklen engen Räume ertragen.” Sie redete zu viel, doch sie konnte nichts dagegen tun.
    Er erwiderte nichts. Die Luft war eisig kalt – sie konnte die Atemwölkchen sehen, die sich vor ihrem und seinem Mund bildeten und wie sie sich vermischten, bevor sie sich im Sonnenlicht auflösten. Sie war noch immer in seinen Mantel eingehüllt, doch selbst durch den dicken Stoff hindurch konnte sie die Kraft und Stärke seines schlanken Körpers spüren.
    Als ihre Kräfte sie verließen, sackte sie zusammen, und er ließ sie vorsichtig aufs Bett gleiten, während er nach dem Fenstergriff fasste.
    “Bitte lass es offen”, bat sie. “Ich kann die Dunkelheit nicht noch einmal ertragen.”
    “Es ist kalt”, warnte er sie.
    “Ich werd’s überleben.”
    Er ließ das Fenster einen Spalt offen, sodass nicht nur ein Streifen Licht, sondern auch die ein oder andere Schneeflocke ins Zimmer fiel, und kniete sich neben das Bett. “Das Problem ist”, murmelte er, “dass du meinen Mantel hast. Es war sowieso schon kalt hier, doch mit dem offenen Fenster ist es eisig.”
    Sie wollte sich aufrichten, um den warmen Mantel auszuziehen, doch er hielt sie mit überraschender Sanftheit zurück. Und legte sich zu ihr auf das schmale Bett. Er deckte sie beide mit einer dünnen Wolldecke zu, legte sich auf die Seite, umfasste sie von hinten und zog sie an seine Brust. Sogar durch den Mantel spürte sie seine Wärme.
    “Ich gebe dir den Mantel”, bot sie flüsternd an. Sie wollte ihn nicht so dicht bei sich spüren.
    “Vergiss den Mantel. Sei einfach still und lass mich ein paar Stunden schlafen. Wir können uns darüber streiten, wenn ich wieder wach bin.”
    “Und wenn ich nicht mehr hier bin, wenn du aufwachst?”
    “Du wirst hier sein. Wenn du versuchst, abzuhauen, erschieße ich dich. Ich habe einen sehr leichten Schlaf und außerdem schlechte Laune. Ich schlage vor, du versuchst ebenfalls zu schlafen.”
    Sie strich mit dem Gesicht über die abgewetzte Matratze. Ihr Wangenknochen tat weh, doch Hakim hatte ihr Gesicht nicht einmal angerührt. So weit war er nicht gekommen. Dann erinnerte sie sich. “Du hast mich geschlagen!”
    “Und ich werde es wieder tun, wenn du nicht aufhörst herumzujammern”, sagte er schläfrig. “Ich habe dir damit das Leben gerettet. Du hast so einen Aufstand veranstaltet, dass jemand dich hätte hören können.”
    “Warum solltest du es noch einmal tun?”
    “Um mich davon abzuhalten, dich umzubringen”, entgegnete er in diesem sachlichen Ton, der sie zur Weißglut brachte. “Sei jetzt still und lass mich schlafen.”
    Offensichtlich war sie nicht in der Lage, ihn loszuwerden, und weitere Versuche würden nur mit erzwungener Bewusstlosigkeit oder gar Schlimmerem enden. Sie hielt den Mund und konzentrierte sich auf den schmalen Streifen Licht, der sie irgendwie atmen ließ. Und solange sie atmen konnte, konnte sie überleben. Was sie gesehen und gehört hatte, war zu furchtbar gewesen, um es überhaupt fassen zu können. Wenn sie sich lange genug bemühte, etwas anderes als diese seltsame Schreckensstarre zu fühlen, würde sie anfangen zu schreien, und nichts könnte sie zum Schweigen bringen, außer dass Bastien ihr wie angedroht das Genick brach. Sie fror, von außen wie von innen, und sie fühlte sich irgendwie taub, doch sie konnte nur versuchen, zu überleben. Sie atmete ein, und ohne jede Vorwarnung überfiel sie plötzlich das Bild von Sylvias Körper.
    Sie hatte sie nur einen kurzen Moment gesehen, doch der Anblick hatte sich für immer in ihr Gehirn gebrannt. Um sie herum eine Lache zähen dickflüssigen Blutes, und ihre geöffneten Augen starrten ins Leere. Irgendwie war das das Schlimmste. Sylvia, die blicklos in die Welt starrte, die sie

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