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Tod ist nur ein Wort

Tod ist nur ein Wort

Titel: Tod ist nur ein Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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hinter sich gelassen hatte, und sie, Chloe, war schuld daran. Sie war diejenige, die getötet werden sollte, nicht Sylvia. Sylvias einziger Fehler hatte darin bestanden, dass sie das Leben zu sehr liebte. Dass sie ihr Amüsement einem Wochenende voller Arbeit auf dem Land vorzog.
    Sylvia hätte ihre Nase nicht in Dinge gesteckt, die sie nichts angingen. Sie wäre fröhlich mit Bastien ins Bett gegangen, hätte gedolmetscht und wäre ohne irgendwelche Fragen zurückgekommen. Sie hatte immer die Fähigkeit besessen, offensichtliche Widersprüche zu ignorieren, doch sie hatte trotzdem sterben müssen, weil ihre Freundin die Dinge nicht ruhen lassen konnte.
    “Hör auf, darüber nachzugrübeln.” Bastiens Stimme war ein schläfriger Hauch an ihrem Ohr. “Es gibt nichts, was du hättest tun können, und Grübeln macht es nur noch schlimmer.”
    “Es war meine Schuld.”
    “Blödsinn. Du hast sie nicht getötet. Du hast sie nicht einmal zu dem Apartment geführt – sie war tot, bevor du dort ankamst. Immerhin starb sie schnell.”
    “Wenn ich den Job nicht angenommen hätte …”
    “‘Wenn’ ist reine Zeitverschwendung. Lass es gut sein. Du kannst sie betrauern, wenn du zu Hause in Sicherheit bist.”
    “Aber …”
    Er legte ihr eine Hand auf den Mund, um ihren Protest zu ersticken. “Schlaf, Chloe. Das Einzige, was du für sie tun kannst, ist zu überleben. Lass nicht zu, dass sie auch dich zerstören. Und dazu brauchst du Schlaf. Ich brauche Schlaf. Genug jetzt.”
    Er hielt sie dicht an sich gepresst, sodass es ihr unmöglich war, sich umzudrehen, um sein Gesicht zu sehen. Stattdessen schaute sie nach oben zu dem schmalen Lichtstreifen des Pariser Himmels. Ein paar Schneeflocken tanzten durch den Raum und landeten auf dem schwarzen Kaschmirmantel, der fast schon eine zweite Haut geworden war. Tanzten und schmolzen und waren verschwunden. Und Chloe schlief.

15. KAPITEL
    C hloe war nicht sicher, was sie aufgeweckt hatte. Sie lag allein im Bett und es war kalt, doch es lag nicht an der dichten erdrückenden Schwärze. Eine kleine Taschenlampe lag neben ihr auf der Matratze, die einen winzigen Lichtkegel warf.
    Langsam setzte sie sich auf. Ihr ganzer Körper tat weh, ihr Magen fühlte sich irgendwie verknotet an, und ihr Kopf schmerzte. Ihre beste Freundin war wegen ihr ermordet worden, und sie war auf der Flucht mit einem mysteriösen Killer an ihrer Seite.
    Aber sie war am Leben. Auf schmerzhafte, nicht abzuleugnende Weise am Leben, trotz der Schuldgefühle und der Angst, die an ihr fraßen. Fragte sich nur, was sie als Nächstes tun sollte? Und wo war Bastien?
    Es bestand immer die Möglichkeit, dass er sie schließlich doch zurückgelassen hatte. Dass er sie in dieses verlassene Haus gebracht und in diesen winzigen Raum eingesperrt hatte, damit sie langsam verhungerte.
    Doch da war das Dachfenster, zu dem sie hinausklettern konnte. Und es gab keinen Grund, sie den ganzen Weg hierher zu bringen, wenn er sie töten wollte.
    Wenn es nur darum ging, die Leiche zu verstecken, hätte er sie nicht zurückgelassen. Schließlich konnte sie schreien oder bei dem Versuch, zu entkommen, sich zu Tode stürzen. Er hätte sie schnell und schmerzlos getötet. Das hatte er ihr versprochen, und sie fand dieses Versprechen sogar tröstlich. Eine kranke verrückte Reaktion, aber sie befand sich längst jenseits üblicher Gedanken und Gefühle. Es ging nur noch um das Wesentliche – zu überleben. Nachdem sie Sylvias Leiche gesehen hatte, war es nicht mehr abzustreiten: Ihre einzige Überlebenschance war Bastien. Sie würde nicht länger gegen ihn ankämpfen. Tatsächlich wäre sie sogar froh, wenn er jetzt wieder in dem winzigen Raum auftauchen würde. Richtiggehend überglücklich. Auch wenn sie nicht die Absicht hegte, ihm das zu sagen.
    Sie rutschte an die eine Ecke des Bettes, zog seinen Mantel enger um sich und wickelte sich in die abgewetzte Decke ein. Sie war hungrig – eine Feststellung, die sie schockierte. Als ihr Neffe bei einem Autounfall ums Leben gekommen war, hatte sie tagelang nichts essen können – allein beim Anblick von Essen wurde ihr übel. Doch jetzt, nachdem sie Sylvias brutal zugerichtete Leiche gesehen hatte, war sie hungrig. Wahrscheinlich ein Überlebensinstinkt, nahm sie an. Sie wollte überleben und brauchte dafür alle Kraft. Und um kräftig zu sein, musste sie essen. So einfach war das.
    Wo zum Teufel war er? Immerhin hatte er ihr die Lampe dagelassen. Sie wäre schreiend die Wände

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