Tod ist nur ein Wort
rannte er weiter und zog sie an einer schlaffen Hand mit sich. Wenn er sie losließ, würde sie wahrscheinlich mitten auf der Straße stehen bleiben, bis sie gefunden wurde.
Er lief im raschen Zickzack durch die Gassen, um eventuelle Verfolger zu verwirren. Warum zum Teufel hatten sie das Mädchen getötet und sich dann nicht auf sie beide gestürzt? Vielleicht handelte es sich einfach um ein Versehen – wenn sie einen Handlanger beauftragt hatten, konnte der das Mädchen für Chloe gehalten haben. Oder sie hatten sie als Drohung umgebracht und dann nach ihnen gesucht, hatten sie aber in der Dunkelheit irgendwie verfehlt.
Letzteres war unwahrscheinlich – er glaubte nicht an glückliche Fügungen. Sein sechster Sinn sagte ihm, dass sie nicht beobachtet wurden, während er Chloe durch die schwach erleuchteten Straßen zog. Vielleicht glaubten sie, er würde sie zu ihnen bringen.
Armer kleiner amerikanischer Dummkopf. Hineingestolpert in eine Sache, die ihr über den Kopf gewachsen war. Beide Seiten waren hinter ihr her, und er kannte seine Organisation gut genug, um zu wissen, dass beide Seiten sie tot sehen wollten. Sie hatte zu viel gesehen, und je eher man sich ihrer entledigte, desto besser.
Der Verkehr erwachte allmählich, und die Sonne ging über den Dächern auf, als sie plötzlich stehen blieb. Er wusste, was kam, und hielt sie fest, während sie sich auf der Straße übergab. Ihre Mitbewohnerin war nicht die erste Leiche, die sie sah – sie war dabei gewesen, als er Hakim getötet hatte.
Doch nach ihren Stunden mit Hakim war sie an das Schreckliche gewöhnt gewesen. Inzwischen hatte sie genug Zeit gehabt, um sich zu erholen und wieder zum Nachdenken zu kommen, und der Anblick ihrer brutal ermordeten Freundin musste sie mit voller Wucht getroffen haben.
Als sie fertig war, reichte er ihr ein Taschentuch und winkte nach einem Taxi. Eines hielt ziemlich schnell – trotz der Uhrzeit, der Gegend und Chloes offensichtlichem Unwohlsein. Die Pariser Taxifahrer hatten einen guten Instinkt. Sie konnten schon einen Block entfernt an der Kleidung eines Kunden abschätzen, ob sich die Fahrt für sie lohnte.
Er half ihr auf den Rücksitz, setzte sich neben sie und schlang den Arm um sie, sodass ihr Gesicht an seiner Schulter lag. Je weniger Menschen sie sahen, desto sicherer war sie.
“Wohin, Monsieur?”
Er nannte dem Fahrer eine Adresse im fünfzehnten Arrondissement und lehnte sich zurück. Der Fahrer startete und schlängelte sich mit professioneller Leichtigkeit durch den dichter werdenden Verkehr, doch Bastien fiel auf, dass er sie im Rückspiegel beobachtete.
“Hat Ihre Freundin zu viel getrunken?”, fragte er. “Ich möchte nicht, dass sie auf meine Sitze spuckt.”
Ein nur zu verständliches Anliegen, dachte Bastien. “Fürs Erste ist es gut. Sie ist nicht meine Freundin, sondern meine Frau. Sie ist im dritten Monat schwanger und hat es wirklich schwer damit.”
Er fühlte, wie sie an seiner Seite zusammenzuckte, drückte ihren Kopf aber weiter gegen seine Schulter.
Der Taxifahrer nickte wissend. “Ja, das ist die schlimmste Zeit. Machen Sie sich keine Sorgen, Madame, es bleibt nicht die ganze Zeit so. Meine Frau konnte in den ersten drei Monaten nichts bei sich behalten, und dann hörte sie nicht mehr auf zu essen. Wir haben vier Kinder, und es war bei jedem dasselbe. Ist es Ihr erstes?”
So viele Fragen, dachte Bastien. “Ja”, antwortete er. “Irgendwelche Ratschläge?”
Das ließ den Fahrer nur so lossprudeln, und in den nächsten zehn Minuten erhielt Bastien eine Lektion über die Essensgelüste der schwangeren Frauen bis hin zu den besten Sexualpraktiken, wenn sie die Ausmaße eines Wasserbüffels erreicht hatten. Er hörte nur mit halbem Ohr zu und gab die passenden Antworten, bis er spürte, wie Chloe neben ihm wieder erschlaffte.
Die Adresse, die er genannt hatte, gehörte zu einem modernen Hochhaus mit Tiefgarage – vor etlichen Jahren hatte er hier einige Wochen mit einem Model aus Äthiopien verbracht. Seiner Erinnerung nach war es das letzte Mal gewesen, dass er eine gewisse Zeit freigehabt hatte. Das Mädchen war warmherzig, liebevoll und sexuell erfinderisch gewesen, und er hatte sie sehr gemocht. Er konnte sich nicht einmal mehr an ihren Namen erinnern.
“Könnten Sie uns bitte in die Tiefgarage fahren?”, bat Bastien. “Dort ist gleich der Fahrstuhl, sodass ich meine Frau schneller ins Bett schaffen kann.”
“Selbstverständlich, Monsieur.” Der arme Mann
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