Tod mit Meerblick: Schleswig-Holstein-Krimi
murmelte eine Entschuldigung und wandte sich ihnen wieder zu. »Es geht also um den Mord.«
Eine Alarmglocke schlug in Wiebke an. Als sie einen Blick mit Petersen wechselte, sah sie, dass es ihm auch aufgefallen war: Wie kam Ubbo Harmsen darauf, dass der Mann sich nicht selbst umgebracht hatte?
»Es sah wie Selbstmord aus«, stellte Petersen mit gedehnter Stimme fest.
»Sie haben doch von einer Mordsache gesprochen«, erwiderte Harmsen und grinste. »Ist doch das Gleiche.« Kopfschütteln, eine wegwerfende Handbewegung. Wieder einen Schluck Bier nehmend, wich Harmsen den Blicken der Kripobeamten aus. »Das Resultat jedenfalls. Das ist das Gleiche«, versuchte er einen makabren Scherz, doch seinen Besuchern war nicht nach Lachen zumute.
»Wie kommen Sie darauf, dass es ein Mord war?«, wagte Wiebke einen Vorstoß.
»Er wäre sicher nicht so blöd gewesen, sich ausgerechnet im Möwennest das Gehirn wegzupusten.« Wieder ein Detail, das er nicht wissen konnte, da er nicht im Bistro gewesen war, als seine Frau die Leiche von Klaus Georgs gefunden hatte. Womöglich hatte sie ihn angerufen und berichtet, dass der Tote sich nicht in die Brust geschossen hatte, oder besser, dass ihm nicht in die Brust geschossen worden war.
Er redet sich hier um Kopf und Kragen, durchzuckte es Wiebke.
»Es gibt in diesem Landstrich zig Ecken, an denen man einsamer sterben kann. Dazu muss man nicht umständlich in den Wintergarten eines Bistros klettern.« Er legte eine Pause ein und dachte kurz nach, bevor er fortfuhr. »Weiß man denn schon, um wen es sich bei dem Toten handelt?«
Wieder tauschte Wiebke einen Blick mit ihrem Kollegen. Entweder war Harmsen ein verdammt guter Schauspieler, oder er hatte tatsächlich keine Ahnung, dass es um den Geliebten seiner Frau ging. Wiebke beschloss, Bente Harmsen bei nächster Gelegenheit noch einmal zu fragen, ob ihr Mann von ihrem Verhältnis zu Klaus Georgs gewusst hatte.
»Gestatten Sie uns eine private Frage«, bat Wiebke, anstatt ihm zu antworten. »Wie steht es um Ihre Ehe?«
»Was soll das?«
»Bitte beantworten Sie meine Frage.«
»Wir sind lange verheiratet.« Er trank einen Schluck Bier, sein Blick glitt ins Leere. »Da läuft eben nicht immer alles so rund, wie man sich das wünscht. Wir haben finanzielle Sorgen, und ich trinke gern und viel, was meiner Frau, wie Sie sich denken können, nicht besonders gefällt.« Er legte eine Pause ein und betrachtete seine Besucher mit einem nachdenklichen Lächeln. Mit dem Daumen seiner rechten Hand knibbelte er an dem Etikett der Bierflasche herum. »Trotzdem stehe ich zu meiner Frau, ich liebe und verehre sie. Wie in guten, so in schlechten Zeiten, den Spruch kennen Sie ja.«
»Haben Sie eine Ahnung, wer der Tote ist?«
Humorloses Lachen, er schüttelte den kantigen Schädel. »Ist das nicht Ihr Job? Wissen Sie nicht, wer das ist, den Bente gefunden hat?«
Wiebke ging nicht darauf ein. »Herr Harmsen, wir müssen Sie fragen, wo Sie heute Nacht waren.«
Harmsen richtete sich auf. Seine buschigen Augenbrauen zogen sich zusammen. Die Bierflasche, die er in der Hand gehalten hatte, landete mit einem lauten Knall auf dem Tisch. »Was wollen Sie eigentlich?«, polterte er los. »Stehe ich unter Mordverdacht?«
»Bitte beantworten Sie unsere Frage«, beharrte Wiebke.
»Damit könnte ich mich belasten«, überlegte Harmsen.
»Oder entlasten«, spielte Petersen das Spiel des Hausherrn mit.
»Wo soll ich schon gewesen sein?«, antwortete Harmsen nach einer gefühlten Ewigkeit. »Ich war hier, habe etwas getrunken und mir das Fußballspiel im Fernsehen angeschaut, bevor ich ins Bett gegangen bin. Fragen Sie meine Frau, die wird Ihnen das bestätigen.«
»Wie hat Bremen denn gespielt?«, fragte Petersen.
»Drei zu eins.«
»Das ist schön.« Petersen grinste schief. »Ich bin Werder-Fan, hatte Dienst und konnte das Spiel nicht sehen.«
»Jetzt wissen Sie es ja.«
»Ja.« Petersen nickte Wiebke zu.
»Sind Sie im Besitz einer Schusswaffe?«, fragte Wiebke unvermittelt.
In Harmsens Gesicht zuckte es. Er rang die fleischigen Hände, blickte auf seine dreckigen Schuhspitzen, warf einen Blick auf den Fernseher, dann nickte er. »Klar hab ich eine Knarre. Hier draußen fühlt man sich damit einfach besser. Carstensen, unser Inselbulle, ist auch nicht mehr der Jüngste. Und bis der mal hier ist, wenn uns jemand an den Kragen will …« Er machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ich dachte, der geht dieses Jahr in Rente.«
»Und den
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