Tod mit Meerblick: Schleswig-Holstein-Krimi
einmal im Hauseingang auf. »Untersucht den Toten mal auf Schmauchspuren.«
»Hat er sich denn nicht selbst umgebracht? Geht ihr von einem Serienmörder aus?«
»Was weiß denn ich?«, fragte Jan Petersen. »Ich will nichts außer Acht lassen, mehr nicht.«
»Schon verstanden«, grinste Piet Johannsen und winkte ab. »Ich guck mal.«
Als sie allein draußen standen, blickte Wiebke Jan wie einen Jungen an, den sie bei einem Streich erwischt hatte. »Damit hättest du wohl nicht gerechnet, oder?«
»Was?«
»Das mit dem Kamm. Dass er nicht Bente Harmsen gehört, sondern Klaus Georgs.«
»Offen gestanden nein.« Er schüttelte den Kopf. »Ich war felsenfest davon überzeugt, dass der Kamm ihr gehörte.«
»Jan, bitte.« Wiebke blickte ihn vorwurfsvoll an. »Fast alle Frauen benutzen eine Bürste, keinen Kamm.«
»Ich hätte es wissen müssen«, murmelte Jan Petersen und schüttelte den Kopf.
»Was hättest du wissen müssen?«
»Dass er labil ist. Wir hätten anders reagieren müssen.«
»Ubbo Harmsen stand auf der Liste unserer Verdächtigen ganz oben«, erinnerte Wiebke ihn. »Aber was wäre, wenn er sich nicht selbst umgebracht hat, was, wenn es sich bei seinem Mörder um denselben Täter handelt wie bei Klaus Georgs?«
Petersens Kopf ruckte zu Wiebke herum. »Moment«, sagte er. »Du meinst …«
»Wäre doch nicht abwegig, oder?«
»Dann wäre Bente Harmsen jetzt eine freie Frau.« Petersen nickte. »Würde Sinn machen. Die Versicherungssumme, die neu gewonnene Freiheit – sie könnte ein abgesichertes Leben ganz ungebunden beginnen. Nicht dumm. Selbst wenn sie das Erbe ausschlagen würde, wäre sie schuldenfrei und könnte bei null anfangen.«
Immerhin hätte Bente Harmsen Motive für beide Morde gehabt. Sollte es sich bei der Todesursache von Ubbo Harmsen nicht um Suizid handeln, käme sie als Täterin in Betracht: Bente Harmsen, seine depressive und frustrierte Ehefrau, die nachts untergetaucht war. Dazu würde passen, dass Ubbo Harmsens Waffe vorher plötzlich spurlos verschwunden gewesen war. Sie hatte die Waffe genommen, um ihn zu töten und um es wie einen Selbstmord aussehen zu lassen. So wie bei Klaus Georgs. Petersens und Wiebkes Problem war, dass es dafür noch keine Beweise gab. Enttäuscht traten sie den Weg nach Husum an.
Hinrichsen hatte schlecht geschlafen. Entsprechend müde und schlecht gelaunt war er, als er zum Telefon griff und eine Nummer eintippte, die nirgendwo gespeichert war. Natürlich rief er seinen Gesprächspartner mit unterdrückter Rufnummer an. Unruhig wie ein hungriger Tiger wanderte er durch sein Büro. An der großen Fensterfront, die einen herrlichen Blick in den großen Garten erlaubte, blieb er stehen. Doch für die Schönheit der Natur hatte er an diesem Vormittag keinen Blick. Es galt, einen Skandal zu verhindern. Sollte er versagen, würde er selber die Verantwortung bei denen ganz oben tragen müssen. Und er war ehrgeizig genug, um sich die Butter nicht vom Brot nehmen zu lassen.
Lange hatte er nicht mehr bis zu seiner Pensionierung, und dann würde er seinen Lebensabend hier in Schobüll verbringen. Sicher nicht in diesem Haus, denn dafür verband er zu viele Erinnerungen damit. Aber es gab genügend andere Objekte, auf die er bereits ein Auge geworfen hatte. Seine Tätigkeit als Immobilienmakler kam ihm bei der Suche nach einer geeigneten Bleibe sehr gelegen. Die Firma interessierte ihn dann nicht mehr. Sollten sie doch jemand anderen suchen, der sich mit zahlungsunfähigen Mietern und unzuverlässigen Handwerkern herumärgerte. Er hatte es lange genug getan. So kurz vor der Pension war es an der Zeit, einen Gang herunterzuschalten.
Was seit der Ermordung von Klaus Georgs geschehen war, konnte seine Pläne für einen ruhigen Lebensabend allerdings gefährden. Er befürchtete, die Geschehnisse nicht länger beeinflussen zu können, ein Umstand, mit dem er schlecht leben konnte.
Diesmal dauerte es länger, bis die Verbindung zustande kam.
»Was gibt es?«
»Probleme gibt es«, gab Paul Hinrichsen mürrisch zurück und ging zu seinem Schreibtisch. Mit wenigen Worten umriss er die Geschehnisse der letzten Stunden. »Ich werde der Bezirkskriminalinspektion Flensburg den Fall entziehen. Das ist Sache des BKA.«
»Was soll das Bundeskriminalamt machen?«
»Diskret vorgehen. Die Kommissare aus Husum und Flensburg ermitteln wie die Elefanten im Porzellanladen. Wenn in spätestens zwei Tagen nicht jede nordfriesische Zeitung mit der Story aufmacht,
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