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Tod oder Reben: Ein Wein-Krimi aus Südtirol (German Edition)

Tod oder Reben: Ein Wein-Krimi aus Südtirol (German Edition)

Titel: Tod oder Reben: Ein Wein-Krimi aus Südtirol (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Böckler
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mit einem Anwalt gesprochen? Ist der Fall verjährt?»
    «Nein, habe ich nicht. Aber das ist auch nicht wichtig.»
    «Ihre Absicht gefällt mir. Juristisch und moralisch ist sie überfällig. Dennoch weiß ich nicht, ob sie richtig ist. Was wissen wir über die Eltern des toten Mädchens, über ihre Geschwister? Sie haben sicher viele Jahre gelitten, haben langsam gelernt, mit dem Verlust zu leben, und hoffentlich über die Zeit geschafft, sich nach vorne zu orientieren. Das tote Mädchen ist nur noch eine schmerzliche, aber bestimmt auch schöne Erinnerung. Und jetzt kommen Sie mit Ihrem Geständnis, viele, viele Jahre zu spät. Alles kommt wieder hoch, wird in den Medien ausgewalzt. Das Martyrium beginnt von vorne. Und dann stellt sich auch noch heraus, dass die Kleine grob fahrlässig gehandelt hat und so gesehen eine Mitschuld trägt. Der Lateiner würde sagen: Cui bono? Wem nutzt es?»
    «Sie meinen also, dass ich besser nicht …?»
    «Ich meine gar nichts», sagte Emilio, «ich gebe nur zu bedenken.»
    Steixner fuhr sich mit der gesunden Hand über das Pflaster an der Stirn. «Jetzt bin ich völlig verunsichert. Mein Entschluss stand so gut wie fest.»
    «Dann machen Sie es so, wie Sie es vorhatten. Ich bin der falsche Gesprächspartner. Meine Vorstellung von Gesetz und Ordnung ist nicht mehrheitsfähig.»
    «Oder soll ich noch mal darüber nachdenken?», sprach Steixner mehr zu sich selbst als zu Emilio.
    «Das halte ich für eine gute Idee. Alternativ können Sie ja ein Kinderspital mit einer großzügigen Spende unterstützen …»
    «Das mache ich bereits seit vielen Jahren.»
    «Gut so. Versuchen Sie, herauszufinden, wie es der Familie des toten Mädchens geht, wie die Lebensumstände sind. Wenn Sie dann zum Schluss kommen, dass den Eltern ein Geständnis helfen würde, können Sie sich immer noch der Polizei stellen. Geben Sie sich etwas Zeit. Sie werden nicht mehr erpresst. Der einzige Zeuge ist schon lange tot. Kein Grund also für überstürzte Entscheidungen.»
    Steixner richtete sich mühsam auf und reichte Emilio die Hand. «Ich möchte mich für alles bedanken. Ich freue mich, Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben. Es wäre schön, wenn wir in Kontakt blieben.»
    Emilio drückte ihm die Hand, sah ihm in die Augen und dachte, dass Steixner eine weitere Ausnahme von der Regel sein könnte. Gelegentlich gab es eben doch neue Bekanntschaften, die nicht sofort in den Reißwolf mussten.
    ***
    Eigentlich wollte Emilio als Nächstes nach Meran, um sich dort von Theresa zu verabschieden. Aber die alte Dame würde ihm nicht davonlaufen. Also machte er in Steixners Haus ein Nickerchen. Danach rieb er sein Handgelenk mit einer Schmerzsalbe ein. Er machte sich einen Espresso macchiato, er hatte schon das Handy in der Hand, um Valerie anzurufen und doch noch ein Treffen zu verabreden, entschied sich dann aber dagegen. Früher hätte er nicht so lange gezögert, wahrscheinlich wurde er alt. Dabei gab es Männer, die waren zwanzig Jahre älter und sprangen jedem Rock hinterher. Aber die waren auch auf dem Entwicklungsstand eines Schimpansen stehengeblieben.
    ***
    Am späten Nachmittag öffnete ihm Greta die Haustür in Obermais. Die gnädige Frau würde ihn bereits erwarten. Theresa fand es schade, dass Emilio schon morgen abreisen wollte. Phina würde sich gewiss freuen, wenn er noch etwas bliebe. Er verzichtete darauf, seine «Tante» über seinen Rausschmiss ins Bild zu setzen. Stattdessen unterhielten sie sich erneut über Niki. Theresa gab zu, dass sie immer noch nicht an einen Unfall glauben konnte. Ob Emilio nicht doch noch etwas weiterermitteln könne, fragte sie. Schließlich gebe es ja diesen Zettel mit der Warnung, den Greta in einem der alten Sakkos gefunden hatte.
    Er zog lächelnd den Zettel aus der Hosentasche. «Meinst du dieses Stück Papier?», fragte er.
    «Ganz genau. Lieber Nikolaus. Man trachtet dir nach dem Leben …»
    «Du kennst den exakten Text auswendig?»
    «Natürlich», sagte Theresa, «ich bin zwar alt, aber nicht verblödet.»
    «Nein, das bist du nicht, ganz bestimmt nicht. Aber sehr raffiniert.»
    «Wie meinst du das?»
    «Mit dieser ominösen Warnung hast du mich schon in München rumgekriegt. Das hast du gut eingefädelt.»
    «Ich habe doch nichts eingefädelt», protestierte Theresa.
    «Wenn es du nicht warst, dann war es Greta.»
    «Jetzt rück schon raus, was willst du andeuten?»
    «Ich weiß es seit gestern. Ich habe den Zettel im kriminaltechnischen Institut von Bozen

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