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Tod oder Reben: Ein Wein-Krimi aus Südtirol (German Edition)

Tod oder Reben: Ein Wein-Krimi aus Südtirol (German Edition)

Titel: Tod oder Reben: Ein Wein-Krimi aus Südtirol (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Böckler
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gut, es gab auch unleugbare Nachteile. Rebstock war ein Totalausfall, wenn es darum ging, jemanden zu beschatten. Gleiches galt für seine Fähigkeiten im Recherchieren. Die Erledigung von Drecksarbeiten lehnte er kategorisch ab – da ließ er sich lieber beschimpfen. Dass Rebstock nie das Auto holte, war dagegen unerheblich.
    Emilio hatte in der Vergangenheit gute Erfahrungen mit einem virtuellen Hund gemacht. Mit ihm war er jeden Tag spazieren gegangen – bei jedem Wetter. Das hatte seiner Gesundheit gutgetan. Die Menschen sollten sich viel häufiger virtuelle Vierbeiner zulegen, die hinterließen wenigstens keine Hundescheiße auf dem Gehsteig.
    Letztlich war sein eingebildeter Assistent aber keine wirkliche Hilfe gewesen. Weshalb ihn Emilio eines Tages fristlos gefeuert hatte. Jetzt hatte er das Problem, dass er mit sich selbst sprechen musste, wenn er über einen Fall nachdachte. Was im Ergebnis aufs Gleiche herauskam.
    ***
    Phina hatte ihm eine SMS geschickt und mitgeteilt, dass sie eine halbe Stunde später kommen würde, also parkte er in Girlan, um einige Schritte zu gehen. Das förderte die Durchblutung der Gehirnzellen, jedenfalls in der Theorie.
    «Die Situation ist unübersichtlich», sprach Emilio laut vor sich hin. Früher hatte seine Angewohnheit, Selbstgespräche zu führen, bei zufälligen Passanten verwunderte Blicke und mitleidiges Kopfschütteln ausgelöst. Dank des technischen Fortschritts bestand heute die Möglichkeit, dass er mit einem miniaturisierten Headset telefonierte. Früher hielt man ihn für kopfkrank, heute für dynamisch – so änderten sich die Zeiten. Die Welt war ein Irrenhaus.
    «Faktisch haben wir keine neuen Erkenntnisse zum Ableben von Niki», fuhr Emilio fort. «Das ist ein ziemlich schwacher Ermittlungsstand. Ich resümiere: Wir haben das Mysterium, dass Niki sein Auto nach seinem Sturz vom Berg quasi post mortem nach Hause gefahren hat. Es könnte auch anders gewesen sein, aber das mit dem Auto kommt mir komisch vor. Außerdem hatte der tote Niki womöglich keinen Wohnungsschlüssel bei sich. Das wäre nun wirklich merkwürdig. Vielleicht hat der Täter den Wohnungsschlüssel an sich genommen, um sich Zugang zu Nikis Wohnung zu verschaffen? Eine interessante Variante.»
    Emilio ging schweigend einige Schritte. Dann fuhr er fort: «Es gibt den Zettel mit der Warnung, nun gut, den gibt es schon länger, aber der Zettel ist sozusagen das Salz in der Suppe. Wir haben eine vollschlanke Sachbearbeiterin in der Quästur von Bozen, die Maronenplätzchen mag. Sie würde mir weiterhelfen. Fragt sich nur, wobei? Wir haben einen pensionierten Kriminalrat, der gerne Honig macht, sich an vieles erinnert, aber keinen zündenden Gedanken hat. Wir haben mit Phina eine attraktive Winzerin, die Niki gekannt hat, leider aber ausgesprochen distanziert ist. Dabei hat sie ganz wunderbare …»
    Er unterbrach sich und sah sich um. Nein, es waren keine Zuhörer in der Nähe. «Wir haben einen gockelhaften Schönheitschirurgen», fuhr er fort, «der zu Nikis engen Freunden gehört hat und längst nicht so entspannt ist, wie er tut. Der aufwendige Lebensstil von Niki und sein Traum vom eigenen Weingut könnten der Schlüssel sein. Kann man mit einer Vinothek so viel verdienen? Woher hatte er plötzlich das Geld? Von seiner Mutter hat er nichts bekommen, das weiß ich. Entweder hat er in den letzten Monaten vor seinem Tod über seine Verhältnisse gelebt, dann fragt sich, woher der Sinneswandel kam. Oder er hat eine neue Einnahmequelle erschlossen. Wäre interessant zu wissen, wie die aussah. Wie wollte er das erträumte Weingut finanzieren? Brauchte er dafür nicht jeden Euro? Aber kauft man sich in dieser Situation einen Porsche und jettet auf die Seychellen? Angenommen, er hatte wirklich Geld, schön für ihn. Aber wer bringt den Goldesel um, bevor er scheißt?»
    Emilio blieb stehen, bückte sich und machte eine doppelte Schleife in einen gelösten Schnürsenkel. Er murmelte was von einem «gordischen Knoten», dann setzte er seinen Spaziergang fort. «Der Kriminalrat hat eine fesche Person erwähnt, die damals für Niki gearbeitet hat», stellte er fest. «Mit dieser Valerie Trafoier sollte ich reden. Ist sie die heutige Besitzerin der Vinothek? Dann hätte ich noch den Bergführer, der Nikis Leiche entdeckt hat. Wie war sein Name? Steff, richtig. Der steht auch auf meiner Liste. Aber ich sag’s gleich, auf den Berg begleite ich ihn nicht, das ist viel zu anstrengend. Außerdem habe ich

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