Tod oder Reben: Ein Wein-Krimi aus Südtirol (German Edition)
Puttmenger, «ich werde erneut erpresst. Und zwar mit der gleichen Scheiße wie damals.»
«Oh, das ist nicht gut.»
«Du könntest uns ruhig mal verraten, was du angestellt hast.»
«Ganz bestimmt nicht», sagte Puttmenger. «Ich mach’s kurz», fuhr er fort, «mich hat jemand angerufen, der ganz offenbar von der alten Sache weiß …»
«Na und?»
«… er hat mir dieselben Fotos wie damals geschickt.»
«Upps.»
«Er will sich sein Schweigen bezahlen lassen, und zwar kräftig.»
«Und jetzt hat dir der Fuzzi die Katze an die Tür genagelt, damit du ihn ernst nimmst?»
«Ganz genau.»
«Nicht gut, gar nicht gut.»
«Ich denke, das betrifft uns alle. Wenn es bei Falko wieder losgeht, dann könnte das Gleiche auch bei uns passieren.»
«Bei mir nicht. Von mir wollte noch keiner was», behauptete Welswacker.
«Du Unschuldslamm. Warum fährst du immer nach Zürich?»
«Vielleicht gibt’s da auch eine rothaarige Nutte?»
«Von mir gibt’s keine Fotos», stellte Gimeno fest.
«Woher willst du das wissen?»
«Ist außerdem längst verjährt.»
«Willst du es darauf ankommen lassen?»
Puttmenger nickte. «Na bitte, habe ich endlich eure Aufmerksamkeit. Ich bin noch nicht fertig. Mich hat ein Schnüffler aus München aufgesucht, ein Baron, der im Auftrag von Nikis Mutter Nachforschungen zu dessen Tod anstellt.»
«Ein Schnüffler? Nach zehn Jahren?»
«Ganz genau. Warum gerade jetzt? Erstens die Erpressung, zweitens Nachforschungen zu Niki. Beides zehn Jahre her. Ist nicht gut, wenn die alten Sachen wieder hochkommen.»
Rottenthaler klopfte mit einem Schlüssel gegen sein leeres Weinglas und bat um Ruhe. «Bei mir läuft auch was», sagte er, «ein Umschlag mit Fotos war heute im Briefkasten, ich habe die Bilder gleich vernichtet.»
«Was für Fotos?»
«Ich sag’s euch sogar. Eine alte Frauengeschichte. Ist schon ewig her, deshalb hat’s mich nicht beeindruckt. Aber nun sehe ich die Sache mit anderen Augen.»
«Jetzt rück den Korkenzieher raus. Auf den Schrecken brauche ich einen Schluck.»
«Was heißt Schrecken? Bei mir ist nichts!»
«Abwarten, mein Freund, abwarten.»
«Schrecken, Schreck, Schreckbichl …»
«Was ist das für ein Baron? Seit wann gibt es adlige Privatdetektive?»
«Der Adel ist auch nicht mehr, was er mal war.»
«Aber dieser Baron versteht was von Weinen», stellte Puttmenger fest.
«Müssen wir ihn deshalb lieben?»
«Glaubst du, er hat was mit den Erpressungen zu tun?»
«Nein, glaube ich nicht. Das passt nicht zusammen. Der Mann würde auch keine Katze umbringen.»
«Sehr beruhigend.»
«Apropos UMBRINGEN …»
«Ja, bitte.»
«Wer von uns hat eigentlich Niki umgebracht?»
Das Zusammentreffen im Weinkeller endete in tumultartigem Durcheinander. Dabei ging eine Flasche Moscato Giallo Passito zu Bruch, der süße Duft des Goldmuskatellers erinnerte an Anis und Orangen. Aber das merkte keiner.
[zur Inhaltsübersicht]
18
Sherlock Holmes hatte mit Dr. John H. Watson einen Freund, der ihm bei der Aufklärung der Fälle als Gesprächspartner zur Seite stand. Auch konnte der Meisterdetektiv lästige Aufgaben an ihn delegieren. Im Fernsehen hatte Oberinspektor Derrick mit Harry einen Assistenten, der nicht nur dazu da war, den Wagen zu holen. Bei Maigret gab es einen Lucas.
Schon vor Jahren hatte Emilio festgestellt, dass jeder vernünftige Detektiv oder Kommissar einen Assistenten hatte, am besten einen, den man bei schlechter Laune piesacken konnte, der einem die Drecksarbeit abnahm – vor allem aber geduldig zuhörte, wenn der Meister seine Theorien zum aktuellen Fall entwickelte, und waren diese noch so schwachsinnig.
Als logische Konsequenz hatte auch Emilio wiederholt mit dem Gedanken gespielt, sich einen Assistenten zuzulegen. Leider überstieg das seine finanziellen Möglichkeiten. Vor einigen Jahren hatte er sich einfach einen ausgedacht und ihm sogar einen Namen gegeben: «Rebstock». Der Assistent war sozusagen virtueller Natur. Das hatte Vor- und Nachteile. Um mit den positiven Aspekten anzufangen: Rebstock verlangte kein Honorar, brauchte keine Unterbringung und Verpflegung. Er war im besten Sinne genügsam. Er gab keine Widerworte und war ein guter und ausdauernder Zuhörer. Man konnte ihn unflätig beschimpfen und ihm die Schuld in die Schuhe schieben, wenn man nicht vorankam. Er roch weder nach Knoblauch, noch schmatzte er beim Essen. Und er war Antialkoholiker. So einen Assistenten musste man im wahren Leben erst mal finden.
Nun
Weitere Kostenlose Bücher