Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod sei Dank: Roman (German Edition)

Tod sei Dank: Roman (German Edition)

Titel: Tod sei Dank: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen FitzGerald
Vom Netzwerk:
aufgestanden und hatte sich im Spiegel begutachtet. Sie hatte Jeans und ein schwarzes ärmelloses T-Shirt getragen. Dann hatte sie zu weinen angefangen, sich selbst beim Weinen zugesehen und keinerlei Anstrengungen unternommen, die Tränen abzuwischen oder sich die Nase zu putzen. Sie hatte einfach dagestanden und ihrem Spiegelbild etwas vorgeweint. Um 11:50 Uhr hatte sie ihr T-Shirt ausgezogen, sich in Richtung Garten umgedreht (Hatte sie ihn gesehen? Hatte sie gewollt, dass er sie sähe?), und dann – Scheiße! – hatte sie die Jalousie geschlossen.
    Beim dritten Mal hatte das Badfenster offen gestanden. Um 10:30 Uhr hatte sich Kay die Zähne geputzt. Um 11:00 Uhr hatte Will »Bin auf der Toilette!« geschrien (die ganze Straße musste es gehört haben). Um 11:30 Uhr hatte Georgie sich die Zähne geputzt. Sie machte das sehr gründlich, mit einer elektrischen Zahnbürste. Er fragte sich, ob sie eine Eieruhr benutzte, um die Zeit zu messen.
    Am Tag nach der Sache mit dem T-Shirt war er Georgie gefolgt. Hatte beobachtet, wie sie zu ihrem Vater ins Auto gestiegen war. Hatte beobachtet, wie sie mehrere Stunden später bleich und schwach aus dem Krankenhaus gekommen war. Hatte beobachtet, wie sie in ein Pub gegangen war und mit einem schwabbeligen Typen geflirtet hatte.
    Sie war wunderschön.
    Sie hatte etwas Wildes im Blick. Etwas Ungezähmtes und Zorniges.
    Perfekt.
    Er stand auf der Sauchiehall Street, und das Nikotinkaugummi zwischen seinem Daumen und seinem Zeigefinger war hart. Er vermisste die Feuchtigkeit. Solange es feucht gewesen war, hatte es ein fast perfektes Andenken abgegeben. Jetzt brauchte er Ersatz.
    Als er in die Rose Street einbog und steil bergauf zu dem Kino ging, sah er Cynthia, die im Fersensitz vor dem Eingang saß, eine Kippe rauchte und verärgert wirkte. »Wird aber auch Zeit!«, sagte sie und stand auf, um ihn zu begrüßen. »Hast du das Geld?«
    »Ich brauche noch die Zustimmung meines Klienten«, sagte Preston.
    Hätte Cynthia sich besser gefühlt, dann hätte sie ihm das ausgeredet. Aber sie war nervös und brauchte Stoff. »Dann beeil dich mal«, sagte sie.
    Das Telefon klingelte zwei Mal, ehe Georgie abhob.
    »Kann ich mit deinem Vater sprechen?«, fragte Preston.
    »Worüber?«
    »Tut mir leid, aber es ist vertraulich.« Preston hörte eine Männerstimme im Hintergrund. Einen Moment lang war die Stimme gedämpft: »Gib her! Gib mir das Telefon!« Dann erklang sie glockenklar.
    »Guten Tag. Sind Sie das, Preston?«
    O verdammt, inzwischen kannten alle seinen richtigen Namen. »Ja. Hat Ihre Tochter Ihnen erzählt, was passiert ist?«
    »Hat sie … zu guter Letzt.«
    »Ich stehe hier gerade neben Cynthia. Sie will mehr Geld. Wenn sie es bekommt, wird sie sich morgen mit Ihnen treffen.«
    »Wie viel?«, fragte Will.
    »Wie viel?«, leitete Preston die Frage an eine zittrige und ausgelaugte Cynthia weiter.
    Hmm. Cynthia dachte nach. Wie viel? Wohnte er immer noch in dem großen Haus, das sein Vater gekauft hatte? Zahlte sein Vater ihm immer noch ein läppisches Gehalt für eine läppische Arbeit?
    »Eintausend«, sagte sie voller Sorge, dass sie die Summe zu hoch oder zu niedrig angesetzt haben könnte.
    »Sie will eintausend Pfund«, sagte Preston zu Will.
    »Sagen Sie ihr, dass ich ihr zweitausend gebe, wenn sie jetzt gleich ins Krankenhaus kommt.«

[Menü]  
Kapitel fünfundzwanzig
    Anscheinend war Kay kränker als ich. Wieso hatte ich nichts davon bemerkt? Als ich neben ihr am Bett saß, ihre Hand hielt und in ihr hübsches, unschuldiges Gesicht schaute, sah ich, dass sie nicht gelb war wie ich, sondern leichenhaft grau. Wie lange hatte sie diese Gesichtsfarbe schon gehabt? Was für ein selbstfixiertes Ekel von Schwester war ich gewesen, dass mir das nicht früher aufgefallen war? Ich hatte an nichts anderes als mich selbst gedacht und einfach angenommen, dass mit ihr alles in Ordnung sei, weil sie das immer behauptet hatte.
    Sie schlief, als das Telefon klingelte.
    »Sagen Sie ihr, dass ich ihr zweitausend Pfund gebe, wenn sie jetzt gleich kommt«, hatte mein Vater gesagt. Wo um alles in der Welt wollte er so viel Geld auftreiben? Ich wusste, wie es finanziell um ihn stand. Die Bank hatte in letzter Zeit dauernd angerufen. Kreditkartenfirmen hatten jeden Tag ihre Nachrichten hinterlassen. Er hatte keinen Job, und er suchte auch keinen. Er machte den ganzen Tag lang den Handlanger für uns und gab sich Mühe, nicht zu heulen.
    »Kommt sie?«, fragte ich.
    »Ja.«
    »Woher willst

Weitere Kostenlose Bücher