Tod to go (Crime Shorties)
»Manchmal.«
»Und sonst?«
»Kommt drauf an, wo er gerade zu tun hat.«
»Ist er jetzt zu Hause? Will er seine Ruhe haben?«
»Nein«, sagte ich, jetzt sei er gerade nicht zu Hause.
Die Polizei brauchte acht Minuten.
Nachdem ich die üblichen Fragen der Polizisten beantwortet und meine Adresse hinterlassen hatte, machte ich mich auf den Weg.
»Was ist denn passiert?«
Der rothaarige Engel flatterte an meine Seite.
»Zwei Tote in einem Auto«, sagte ich.
»Haben sie sich umgebracht? Die Kinder werden mich morgen fragen.«
»Sieht nicht so aus.«
»Unfall?«
Ich schüttelte den Kopf. Sie brauchte eine Weile, bis sie begriff.
»Sie sind Religionslehrerin?«, fragte ich.
»Komisch was?«, sagte sie und lachte.
»Sie haben die Kinder mächtig beeindruckt«, sagte sie. »Könnten Sie nicht mal zu mir in den Unterricht kommen?«
Ich versprach mich zu melden, dann machte ich, dass ich nach Hause kam.
Als ich den Plastikbuddha unter dem Wasserhahn abwusch, bemerkte ich ein feines Rieseln in seinem Inneren. Es regnete in seinem Bauch.
Ein Schnitt in die Unterseite der Figur und es tropften kleine glitzernde Steinchen in meine Hand. Geschliffene Diamanten. Selbst unter meiner dämmrigen Lampe funkelten sie in allen Farben.
Ich hatte keine Ahnung, was sie wert waren und dachte gerade daran, was damit anzufangen sei, als ein Pflasterstein durch die Scheibe flog.
Ich duckte mich und riss meinen alten Armeerevolver aus einer Schublade. Es rührte sich nichts. Draußen wurde ein Wagen gestartet und fuhr davon.
In meinem kleinen Museum - einem Raum, in dem meine wertvollsten Funde verstaut waren - kramte ich einen samtenen Beutel hervor, ließ die Diamanten hinein rieseln und band ihn mir um den Hals.
Dann zog ich unter alten Zeitungen ein Buch hervor, das ich in einem wasserdichten Tresor gefunden hatte: »Mit dem Fahrzeug der Weisheit durch jeden Tag.« Eine Sammlung von mystischen Sprüchen aus allen Religionen und Philosophien.
Wie gewöhnlich fuhr ich mit einem Messer willkürlich zwischen die Seiten und schlug das Buch auf.
Ein Zitat aus dem Matthäus Evangelium. Jesus redet darin zu seinen Leuten:
» Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. «
Das Telefon klingelte.
»Ja?«
»Mein Name ist Ingrid Althuus. Sie kennen mich.«
»Ja?«
»Die Religionslehrerin.«
»Ah, ja. Woher haben Sie meine Nummer?«
»Von ein paar netten Herren.«
»Ich verstehe nicht?«
»Sie haben mir ein Messer an den Hals gehalten und mich freundlichst gebeten, Sie anzurufen. Sie wollen ihr Eigentum zurück.«
»Ist das ein Scherz?«
»Soll ich ein wenig kreischen, damit sie mir glauben? Ich weiß überhaupt nicht, worum es geht ... und ich will es auch nicht wissen.«
»Die Toten im Fleet.«
»Ich will es nicht wissen.«
Sie gab mir ihre Nummer und legte auf.
Den Buddha mit den Rohdiamanten zur Polizei zu bringen, kam nicht infrage. Er war ein Pfand. Schließlich scherten sich solche Leute nicht sonderlich um ein Menschenleben. Wer so kaltblütig war, Kinder auszuschlachten und zu töten, schreckte vor nichts zurück.
Nein, sie würden uns nicht in Ruhe lassen.
Als ich am nächsten Tag von meiner Tour zurückkam, wurde ich von Nana begrüßt. Sie hatte ihren Stammplatz unter meinem Fenster.
»Gib' mal Feuer«, sagte sie, und als ich mich über sie beugte, zischte sie mir ins Ohr: »Du hattest Besuch.«
Meine Wohnung war ein Schlachtfeld. Nicht, dass es mir etwas ausmachte, meine Socken und Unterhosen wieder in den Schrank zu räumen, aber sie hatten zahlreiche mundgeblasene Bierflaschen aus meiner Sammlung zerschlagen.
Ich stellte mir vor, wie der erschossene Mann versucht hatte, sich und das Mädchen in Sicherheit zu bringen. Ich sah, wie die Angst an ihm hochkroch, malte mir aus, wie Schweiß auf seiner Stirn perlte, hörte ihn beschwichtigend auf das Mädchen einreden, dann das Wimmern des Kindes auf dem Rücksitz und schließlich die Schüsse. Sah den Absturz in den Fleet und das modrige Wasser, auf dem sich schillernde Ölflecken bildeten.
Die Zeitung schrieb am nächsten Tag, dass die beiden ermordet worden waren, über kurz oder lang aber an den Folgen einer stümperhaften Operation gestorben wären. Man hatte ihnen jeweils eine Niere entfernt.
Das Auto war mit falschen Papieren auf den Namen des Mannes zugelassen. Auch sein Visum war gefälscht. Die Polizei vermutete, das Auto und Aufenthaltspapiere die Entlohnung für die
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