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Tod to go (Crime Shorties)

Tod to go (Crime Shorties)

Titel: Tod to go (Crime Shorties) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koglin
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immer wie damals.
    In unseren ehemaligen Kellern waren Kopierräume und Lager untergebracht. Sie mussten bei den Umbauten das Versteck, in dem mein leiblicher Vater sich vier Wochen vor den Nazis versteckt hatte, doch entdeckt haben! Aber ich wollte mich selbst davon überzeugen.
    Ich suchte die Decke ab, konnte aber keinen Eingang zu einem Dachversteck finden. In einem der Lagerräume fand ich einen Stuhl und rückte ihn dicht vor die hintere Tür. Dann stieg ich hinauf und klopfte mit dem Kuhfuß die Decke ab.
    Ich fand die Dachluke nach einer halben Stunde. Mit einem großen Schraubenzieher kratzte ich den Putz ab. Dann entdeckte ich kaum sichtbare Ritzen in den Balken. Auf dem Boden sah ich den heruntergebröckelten Putz und ich hatte nicht die geringste Ahnung, wie ich das später erklären sollte.
    Besuche Deine Gespenster, sonst besuchen sie Dich.
    Mit dem Kuhfuß hebelte ich die Platte herunter und durchtrennte mit dem Bolzenschneider die Kette, die das Ganze sicherte.
    Modriger Geruch schlug mir entgegen. Vermischt mit dem Duft von Heu.
    Ich schob zwei Schränke unter die Öffnung und kletterte hinauf.
    Das Erste, was ich entdeckte, war der alte Richtkranz des Gebäudes. Seine Reste hingen seit der Einweihung Mitte des 19. Jahrhunderts dort an einem Querbalken.
    Rätselhaft, wann man das Heu in der Ecke hier hereingeschafft hatte. Mitten in dem etwa anderthalb Meter hohen Raum stand ein Tisch, darauf vier eingestaubte Bücher, eine Schreibunterlage und eine Petroleumlampe. Ein paar Fetzen von Kleidungsstücken verstreut auf dem Boden. Auf einem Brett ein paar verrostete Konservendosen. Auch einen Topf, eine Bierflasche mit Bügelverschluss und Kerzenstummel konnte ich entdecken.
    Kein Zweifel, es sah aus wie das eilig verlassene Versteck eines Menschen, der sich hier notdürftig eingerichtet hatte. Auch der von Insekten zerfressene Rest einer Matratze lag auf dem Boden.
    Das seltsamste Teil dieser Notunterkunft aber stand etwas abseits. Eine Zinkbadewanne, die oben mit einem Deckel fest verlötet war.
    Ich war fest entschlossen, mit Schraubenziehern und Kuhfuß ein Loch in den Deckel zu treiben, als ich plötzlich etwas sah, das nicht in diesen Raum passte.
    Ein leuchtend roter Umschlag. Auf ihm stand nur ein Wort: »Marcel«.
    Mit zittrigen Fingern öffnete ich im Schein der Taschenlampe den Umschlag.
     
    »Nun besuchst Du sie also doch, die Gespenster. Ich werde Dir weitere Briefe schreiben und dir die Vorgeschichte erzählen. Jedenfalls hast Du es zu ihm geschafft. Zu Deinem Vater.
    Entschuldige, dass ich Dich wohl auf die falsche Fährte schicken muss, damit nicht ein Fremder am Ende dieses Versteck findet. Du wirst es schaffen, ich bin sicher.
    Sieh dich um. Hier hat er sich versteckt. Und hier wurdest Du gezeugt. Sieh dich um, ich habe alles so gelassen. Das Gerippe, dem du auf dem Kopf herumgetrampelt bist, war Hansen.
    Ich habe rumerzählt, dass er nach Kiel gereist sei und dort wohl bei einem Bombenangriff ums Leben gekommen ist. Es waren besondere Zeiten damals.
    Und Dein Vater? Hansen hat ihn erschossen, bevor ich den Dreckskerl mit meinem Spaten erschlagen konnte. In die Eider wollte ich den Spitzel nicht werfen, denn der Fluss behält so Einen nicht bei sich. Ich habe ihm das Medaillon für den Fall in die Hand gedrückt, dass man ihn irgendwann finden würde.
    Dein Vater … ja, er ist hier. Er hat mit dir unter einem Dach gewohnt. All die Jahre. Hat gesehen, wie Du aufgewachsen bist, eingeschult wurdest, dann konfirmiert und auch, als Du dem Haus den Rücken gekehrt hast. Das war ich ihm schuldig. Und das war es, was ich Deiner Mutter zurückgeben konnte. Zugegeben, nicht gerade viel.
     

Und hörte auf zu atmen
     
    Jetzt kann er schlafen. Einfach schlafen.
     
    Nur wenige Trauergäste standen um sein Grab im Eckernförder Begräbniswald »Küstenfrieden«. Draußen zog ein altertümliches Passagierschiff vorbei. Trainingspartner, Nachbarn, der Wirt der »Ostsee-Kantine« und ein paar Stammgäste duckten sich unter die Regenschirme.
    Seine Familie hatte das Geld für die Anreise wohl nicht aufbringen können. Auch seine Freundin hatte es nicht geschafft. Saß vollgepumpt mit Medikamenten in einem Krankenzimmer, sang und traf ihn in einer Welt, zu der wir keinen Zutritt hatten.
     
    Zum ersten Mal war mir Branko aufgefallen, als er mir mit einer verschorften Augenbraue eine Pizza servierte. Damals arbeitete er noch jeden Tag im Restaurant beim Alten Rathaus.
    »Das ist nichts«, sagte er und

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