Tod to go (Crime Shorties)
die Guten, Branko, die brauchst du. Ist wie mit deinem verdammten Sauerfleisch. Gelatine und Fleisch reichen auch nicht, damit das Zeug schmeckt. Sei nicht dumm.«
Branko probierte das Mittel und gewann. Seine Freundin Jelislava weihte er nicht ein. Sie ertrug es ohnehin nicht, sich die Kämpfe anzusehen. Sie saß zu Hause und wartete auf seinen Anruf.
»Was soll ich machen?«, sagte Branko, als müsse er mich überzeugen. »Ohne Siege keinen Sponsor und ohne Sponsor keine Kämpfe.«
Er müsse auf der gleichen Höhe sein, wie die anderen und ich solle mir mal keine Sorgen machen.
»Ein paar Siege noch, dann hänge ich die Handschuhe an den Nagel«, sagte er. Und dass er ein kleines Lokal eröffnen wollte. Direkt an der neuen Strandpromenade hätte er sich etwas ausgesucht. Gehobene Hausmannskost.
Branko siegte, und auch Siege sind eine Droge. Gefeiert wurde im Kaffeehaus Heldt.
»Es geht mir gut«, sagte er, »auch wenn mein Gesicht nicht so aussieht.«
Nur, dass er wegen des Zeugs in seinen Adern nicht mehr durchschlafen dürfe, das würde ihm schon auf die Nerven gehen.
Es zwang ihn, eine Woche lang nach jedem Kampf den Wecker zu stellen und mitten in der Nacht aufzustehen. Zur Sicherheit rief ihn sein Trainer auf dem Handy an. Um zwei Uhr stand er also auf und trainierte eine halbe Stunde auf dem Flur.
»Das Blut wird wegen der vielen roten Blutkörperchen zu dickflüssig«, erzählte er mir und zwinkerte mit den Augen. »Ist, als hättest du statt Gelatine Moltofill genommen, die Arterien verklumpen.« Der Kreislauf müsse angekurbelt werden.
Der Doping-Tod kommt auf leisen Sohlen. Mitten in der Nacht.
»Und was sagt Jelislava?«, fragte ich ihn.
»Behalt das mal bei dir«, sagte Branko. Wie er ihr allerdings die nächtlichen Anrufe seines Trainers erklärte, ist mir bis heute ein Rätsel.
Es kam der Kampf gegen den ehemaligen russischen Armeemeister.
Der strauchelte zwar schon in der zweiten Runde, doch er hielt sich aufrecht. Ein hartes Stück Arbeit stand Branko bevor. Der Russe steckte ein, wehrte sich, steckte ein. Vierte Runde: Branko wollte das Ende herbeizwingen, doch der eisenharte Bursche wackelte nicht mal, wenn Branko ihm eine Serie von Jabs ins Gesicht drosch.
Fünfte Runde. Der Russe setzte einen Aufwärtshaken an Brankos Kinn und der knickte weg. Der Pausengong rettete ihn. Sein Trainer fächelte ihm Luft zu, flüsterte in sein Ohr, zeigte ihm seine Faust und ich konnte hören, wie er »Wach auf« sagte.
Achte und letzte Runde. Branko hatte einen Cut über dem Auge. Auch aus seiner Nase lief Blut. Seinem Gegner schwoll das Gesicht zu. Ein gewaltiger Hieb des Russen zerschmetterte Brankos Kiefer, und noch in der vierten Reihe hörte ich das schreckliche Geräusch. Doch Branko tänzelte weiter durch den Ring und sein Kinn sah aus wie ein halbleerer Müllsack, der mit jedem seiner Schritte durchgeschüttelt wurde.
Branko boxte weiter, ja er streckte dem Russen sogar sein Kinn entgegen. Lockte ihn mit dem ungedeckten, verletzten Gesicht.
Der Russe tappte in die Falle, feuerte eine Rechte auf das Kinn. Branko kam diesem Schlag sogar entgegen, nutzte die Lücke in der Deckung des Russen. Brachte zwei fürchterliche Körpertreffer an. Der Russe taumelte und ging auf die Knie.
Blutüberströmt und mit diesem schlaffen Beutel, der einmal sein Kinn gewesen war, stand Branko im Ring, hob die Fäuste und lächelte. Der boxende Koch. Er versuchte, mit der Rechten sein Kinn abzudecken, als schäme er sich für seinen gebrochenen Kiefer.
Die Kieler Ärzte fixierten das Kinn und planten für die nächsten Tage eine Operation.
»Nicht erschrecken«, sagte ich zu Jelislava. »Sieht schlimmer aus, als es ist.«
»Oh Gott«, sagte sie.
Ich versuchte, sie zu beruhigen. Darum hatte Branko mich gebeten.
Jelislava und ich saßen im Wohnzimmer und warteten.
Endlich kam Branko. Er stand in der Tür, seine Sporttasche in der Hand, den Kopf mit einer Binde umwickelt. Sah aus wie einer von Napoleons Soldaten, der geschlagen vom Russlandfeldzug heimkehrte. Dabei hatte er sich nur verspätet, um in der Borbyer Kirche eine Kerze anzuzünden.
»Das ist nichts«, beruhigte er seine weinende Freundin. »Wenn erst die Titan-Nägel drin sind, wird man gar nichts mehr sehen. Schöner als vorher, glaub mir.«
Sein Handy klingelte. Glückwünsche vom Sponsor. Branko nuschelte ein »Danke« in das Telefon. Zwei Minuten später rief der Veranstalter an und wollte wissen, ob er für einen weiteren Kampf in zwei
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