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Tod und Leidenschaft (German Edition)

Tod und Leidenschaft (German Edition)

Titel: Tod und Leidenschaft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Norton
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wurde, so kam sie nicht umhin, eine Steigerung in der Brutalität, in der Grausamkeit auszumachen.
    Zwei Morde in einer Nacht, mit Polizisten, die alle fünfzehn Minuten an der gleichen Stelle vorbeikamen. Konnte man noch kaltblütiger sein?
    Dazu eine Stadt, die am Rande der Hysterie war.
    Sie hatte selbst mehr als einmal den Schrei „Der Schlitzer! Das ist der Schlitzer“ gehört und trappelnde, rennende Schritte, die sich zur Rettung in Marsch setzten.
    Die Zeitungen waren voll von falschen Anschuldigungen und Geschichten von harmlosen Männern, denen eine Tasche, oder eine Mütze zum Verhängnis zu werden drohten und die in letzter Minute von Polizisten gerettet werden mussten.
    Und trotz der Tatsache, dass bereits fast drei Wochen seit dem Doppelmord vergangen waren, ebbte dieser Irrsinn nicht ab.
    Als habe ein Monstrum sein Haupt erhoben, das nur nach einem Weg gesucht hatte, sein Gefängnis zu verlassen.
    „Miss Montgomery … was ist denn da draußen los?“
    „Wieder eine Bürgerwehr …“, rief sie über ihre Schulter hinweg in Richtung Atelier.
    Er kam hervor und stellte sich neben sich. Seine Miene war finster und seine Kiefer mahlten unruhig.
    „Das kenne ich … Gott steh mir bei. Das kenne ich …“
    „Denken sie, es war ein polnischer Jude, so wie sie schreiben?“
    „Gott allein weiß das.“ Seine Stimme war tief und düster. Sie schien aus einem fremden Brustkorb zu kommen.
    „Aber wenn es so weiter geht, werden wir ein Pogrom bekommen.“
    Elizabeth sah ihn überrascht an.
    „Ein was?“
    „Pogrom. In Russland habe ich das erlebt. Wenn etwas nicht lief, hat man es den Juden in die Schuhe geschoben. Dann hat man die Leute aufgestachelt und die haben dann … Ach … ich will nicht darüber reden. Es gibt keinen Ort, wo wir in Frieden leben können. So sieht es aus.“
    Er atmete tief aus und begab sich wieder in sein Atelier.
    „Denken sie, es ist eine politische Sache?“
    Sie konnte sein Gesicht nur schwer erkennen.
    „Die Dinge vermischen sich im Leben, Miss Montgomery. Es ist nicht alles schwarz oder weiß.“
    Damit beugte er sich wieder über den Hut und nähte in seinen winzigkleinen Stichen an dem Band.
    „Die Zeitungen geben aber auch keine Ruhe. Jetzt ist seit Wochen Ruhe mit dem Ripper und dennoch überschlagen sie sich mit ihren Skandalen.“
    „Das ist kein Wunder, meine Liebe. Sie verdienen gutes Geld damit. Sehen sie doch nur, wie die Leute den Zeitungsjungen die Blätter aus den Händen reißen. Und solange der Ripper sich auf Whitechapel beschränkt, haben diejenigen, die in den besseren Gegenden leben, nichts zu fürchten. Man kann sich an dem vergossenen Blut weiden, ohne selbst Gefahr zu laufen, sein Opfer zu werden. Nicht nur das Eastend kennt niedere Instinkte, Miss Montgomery.“
    „Der Teufel hole diese verfluchten Schmierfinken“, zischte Elizabeth, doch Mr. Lewinsky reagierte nicht.
     
    X
    „Verfluchte Schmierfinken“, knurrte Inspector Abberline und schob Harris eine Zeitung quer über den Schreibtisch.
    An zentraler Stelle sah man die Karikatur eines Polizisten in Uniform, mit dem der Ripper Blindekuh spielte.
    „Sagen SIE mir, ob wir irgendetwas bis jetzt unversucht gelassen haben … Irgendetwas!!!“
    Harris schüttelte den Kopf.
    „Herrgott … ich werde das Gefühl nicht los, als würde etwas ganz anderes hinter diesen Morden stehen …“
    Harris ließ seinen Federhalter sinken und sah seinen Vorgesetzten interessiert an.
    „Was meinen sie damit, Sir?“
    „Ich kann den Finger nicht auf die Wunde legen … Aber dieser Doppelmord … Es passt nicht zusammen. Entweder, wir bringen einfach nur zwei Täter durcheinander, wofür ich aber keinen Hinweis sehe. Oder …“
    „Ja?“
    „Wieso tötet er Stride nur und zieht dann zu Eddowes weiter?“ , setzte Abberline neu an.
    „Er wurde gestört von diesem Fuhrmann. Das wissen wir doch.“
    „Ja, schon … aber sehen sie … bei diesen Morden … es sind so viele Leute unterwegs. Wir wissen, dass er teilweise vollkommen blutverschmiert gewesen sein muss. Aber alle Spuren verlaufen im Sand.“
    Harris nickte.
    „Das kommt von diesem ganzen Theater, das die Presse veranstaltet …“, versetzte er resignierend.
    „Ja. Gewiss. Aber … wieso? Harris! Wieso tut die Presse das?“
    „Weil sie eine Menge Geld damit verdienen?“
    Abberline zündete eine Zigarette an und blies den Rauch über sich in die Luft.
    „Denken wir mal ganz logisch. Ganz ruhig.“
    Schweigen setzte ein und Harris wartete

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