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Tod und Leidenschaft (German Edition)

Tod und Leidenschaft (German Edition)

Titel: Tod und Leidenschaft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Norton
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ab.
    „Was wäre … lassen sie mich nur mal fabulieren … Dieser Mord an Stride … Der Ripper bekommt mit, dass sie rumerzählt, sie wisse wer er ist. Ob sie es tatsächlich weiß, spielt erst mal keine Rolle. Aber sie plappert es rum. Es kommt ihm zu Ohren.“
    „Also muss er in der Nähe der Huren leben …“ Harris hielt das für eine wichtige Erkenntnis, doch Abberline tat sie mit gerunzelter Stirn ab.
    „Darum geht es mir gar nicht … Ich will auf etwas ganz anderes hinaus … Stride war sein großer Fehler. Wir sind die ganze Zeit wegen der Verstümmelungen von einem Irren ausgegangen. Wir haben alle Irrenärzte befragt und sämtliche Anstalten durchgekämmt. Nun frage ich sie aber … Was, wenn es gar kein Irrer ist? Wenn er nur will, dass alle Welt das glauben soll?“
    Die Frage fiel wie ein Stein.
    „Aber, Sir … solche Grausamkeiten … kein normaler Mensch könnte so etwas tun!“
    Abberlines Augen verengten sich, wie zwei Widerhaken setzten sie sich in Harris Geist fest.
    „Ja? Wissen wir beide nicht am besten, zu welchem Grauen ganz normale Menschen fähig sind, wenn man sie denn lässt? Wenn die Situation stimmt … es keinen gibt, der ihnen in die Hand fällt …“
    „Sir … ich verstehe wirklich nicht ganz …“
    Abberline hob abrupt die Hand. Harris biss sich auf die Zunge.
    „Lassen sie mich laut weiterdenken …“
    Harris gab keinen Laut von sich.
    „Also … wir dachten immer, er verrät sich in den Metzeleien. In dem, wie er die Frauen zurichtet. Aber was, wenn er sich eben da nicht verrät. Sondern bei Stride? Wenn das sein großer Fehler war?“
    „Wir haben bei Stride eine durchschnittene Kehle. Mehr nicht.“
    „Eben!“
    Die Miene seines Vorgesetzten wandelte sich zu Triumph.
    „Er wurde gestört!“, erinnerte Harris.
    „Wir wissen, dass ihm bei allen Taten die Zeit im Nacken saß. Die Zeit und die Gefahr, dass jeden Moment ein Passant, oder ein Polizist , in die Quere geraten konnte. Aber es hat ihn nicht gestört. Denken sie an Eddowes. Er hat schnell gearbeitet. Zielgerichtet, möchte ich fast sagen. Also … warum hätte er bei Stride nicht ebenfalls so ruhig bleiben sollen? Wenigstens ein bisschen sein Mütchen kühlen, wie bei Nichols? Ein Schnitt im Unterleib … ein paar herausgeworfene Organe. Aber er tut nichts dergleichen. Er tötet sie und geht.“
    Sein Vorgesetzter lehnte sich zurück und sah ihn herausfordernd an.
    „Vielleicht war sie nicht sein Typ …“
    „Ach? Und das merkt er erst, nachdem sie tot am Boden liegt? Nein, mein lieber Harris!“
    „Skrupel können wir wohl auch ausschließen“, sagte er mehr zu sich selbst, als zu seinem Vorgesetzten.
    „Ich sage ihnen, was ich denke … Ich denke, dass wir es wirklich mit einem ganz normalen Mann zu tun haben. Kein Irrer. Kein Entsprungener aus Colney Hatch. Er tötet nicht aus Hass auf Frauen. Er tötet, um Aufruhr zu stiften!“
    Stille breitete sich aus.
    „Eine politische Sache?“ Im gleichen Moment sah er wieder Elizabeth Zeichnung vor seinen Augen. Sein Körper füllte sich mit Hitze, seine Haut schien zu vibrieren.
    „Genau dieses! Erinnern sie sich doch an diesen offenen Brief von Shaw …“
    Harris schüttelte den Kopf.
    „Ein Sozialist, der Frauen verstümmelt, um eine Revolte anzuzetteln …“
    „ … Oder um von einer abzulenken“, warf Abberline ein.
    Die Zeichnung … Er ging im Geist alle Details durch, derer er habhaft wurde und bekam doch kein Gesamtbild. Es fühlte sich an, als säße er vor zahllosen Puzzleteilchen, die sich nicht zusammenfügen lassen wollten.
    Er schob sie hin und her und fand doch nicht mehr, als ein paar Eck- Stückchen.
    „Wir sollten uns die ganzen Umstürzler mal zur Brust nehmen, mein lieber junger Freund!“
    „Sicher. Aber es muss eine sehr kleine Gruppe sein, Sir. Denn ich denke, die meisten der uns bekannten Sozialisten – so sehr ein aufrechter Mensch auch von ihren Ansichten abgestoßen sein muss – wären angewidert von einer solchen Tat!“
    Abberline grinste breit.
    „Oh- hooo … habe ich es hier mit einem Roten zu tun?“
    „Sir! Ich muss doch bitten …“
    „Ein Scherz, mein lieber Harris. Regen sie sich nicht auf! Dennoch halte ich es für ungeheuer schwer, eine solche Gruppe zu packen. Wer zu solch etwas in der Lage ist, der hält dicht.“
    „Und das in sowieso nicht gerade geschwätzigen Kreisen … Dennoch müssen wir es versuchen. Ich werde zusehen, dass ich an Männern alles kriege, was nicht niet- und nagelfest ist.

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