Tod und Schinken: Krimi (German Edition)
mich nicht. Was mich interessiert, ist die andere Sache.«
»Was für eine Sache? Wir sprechen von Mord.«
»EU-Betrug im großen Stil. Gammelfleisch. Die Bundeswehr als Großabnehmer ist auch noch drin verstrickt. Keine Sorge, das haben wir alles schon recherchiert. Und dann der Streit unter drei Männern, die allesamt in ihrer Branche als ganz dicke Fische gelten …«
»Streit? Glaubst du das wirklich? Mir wurden sie immer nur als beste Freunde verkauft.«
»Zwei sind jetzt tot. Sag mir nicht, dass du daraus nicht eine Reportage zaubern kannst, die uns in die Nachrichten bringt und die uns mindestens zehntausend neue Leser an Land zieht. Wir haben quasi den Knopf, auf den wir nur noch im richtigen Moment drücken müssen. Und wir haben das Dynamit. Uns fehlt aber noch die Zündschnur. Die Verbindung, verstehst du?«
»Ich verstehe. Ich soll für euch die Bombe nicht entschärfen, sondern legen. Ich frage mich, was gefährlicher ist.«
»So dramatisch würde ich es nicht ausdrücken. Sieh es einfach mal so: Ich kenne nur einen, der sich dem Sperrfeuer stellen kann. Du hast nun mal die meiste Fronterfahrung.«
Und damit unterbrach er grußlos die Verbindung. Das war seine Art. Sie war nicht neu. Aber diesmal hätte ich am liebsten den Hörer an die Wand geknallt und den Auftrag lächelnd zurückgegeben an den Absender.
Leider war ich nicht so heldenhaft. Nur ein sehr asketisch lebender Mensch, dem fünfstellige Summen auf seinem Konto egal waren, hätte in diesem Fall Stolz bewiesen.
Kaum hatte ich aufgelegt, da klingelte es schon wieder.
»Moritz, wo bleiben Sie? Wir brauchen hier jede helfende Hand«, jammerte die Gräfin.
Ich schaute auf die Uhr. Es war schon halb sieben. Ich konnte mich nicht entsinnen, meine Hilfe angeboten zu haben. Wahrscheinlich war es für die anderen selbstverständlich, dass ich helfen würde.
»Wie geht es Ihnen überhaupt?«, fragte sie, ohne eine Antwort zu erwarten. »Ach egal, ein paar Aspirin, und Sie werden den Abend überstehen. Und bringen Sie bitte noch ein paar Biergläser mit rüber …«
Bevor ich etwas erwidern konnte, hatte sie, ebenfalls grußlos, aufgelegt.
Ich schaute nach draußen, der ganze Hof war bereits zugeparkt. Das neue Konzept mit den Schnitzeln schien aufzugehen.
Ich suchte ein paar Biergläser zusammen. Ich kam immerhin auf zehn. Sie sahen alle nicht mehr nagelneu aus. Vor allem die Gläser mit Goldrand hatten mit der Zeit ihren Glanz abgeben müssen. Wie im Leben, dachte ich: Wer hoch stapelt, kann tief fallen.
Als Nächstes schaute ich in meinen Kleiderschrank. Ich besaß drei Cordsakkos. Cordsakkos haben den Vorteil, dass sie nie aus der Mode kommen, weil sie nie wirklich in Mode waren. Sie werden seit ewigen Zeiten von Landjunkern und Lehrern gleichermaßen gern getragen. Und sie sind so robust, dass sie nie verschleißen. Das braune Cordsakko, das Günter Grass bei jedem Fernsehauftritt trägt, hat bestimmt schon zehn Jahre auf dem Buckel. Und drittens muss man sie nicht bügeln. Im Gegenteil, von so einem Sakko wird eine gewisse Lässigkeit erwartet. Mit einem Satz: Ein Cordsakko kleidet den Mann in jeder Situation.
Ich überlegte, ob ich das schwarze, das beigefarbene oder das rote anziehen sollte.
Das rote hatte ich seinerzeit in einer Laune einwöchiger Verliebtheit gekauft. Die Frau, deretwegen ich es mir zugelegt hatte, fand mich »zu grau«. Nach einer Woche hatte sie mir den Laufpass gegeben. Das Sakko hing noch immer im Schrank.
Ich hatte es seit Jahren nicht mehr getragen. Heute schien mir der Anlass gerade richtig. Es gab etwas zu feiern, die Stube war voll. Und nachher würde ich mich hemmungslos betrinken. Ich hatte keine Lust mehr auf Räuber und Gendarm.
Und ich wollte auch nicht mehr darüber nachdenken, wer Heuwinkel und Ackergoldt auf dem Gewissen hatte.
Zumindest nicht heute Abend.
In dem beigefarbenen Sakko entdeckte ich Sares Handy. Ich steckte es ein, um es ihr endlich zurückzugeben. Vielleicht hatte ihre Verwandtschaft ja inzwischen eingelenkt. Auf jeden Fall revidierte ich meine Meinung: Es war keine gute Idee von Ollie gewesen, ihr das Handy wegzunehmen. Sie musste selbst mit den Nachrichten ihrer Familie umgehen. Es half nichts, den Kopf in den Sand zu stecken.
Da klingelte erneut das Telefon. Es war meins.
Diesmal war es Ackergoldt. Er gab sich kein bisschen kleinlaut. »Warum hast du dich das letzte Mal so schnell verdrückt? Ich wollte dir doch noch ein paar richtig schöne Sachen zeigen.«
»Was du
Weitere Kostenlose Bücher