Tod und Schinken: Krimi (German Edition)
hinter sich geschlossen hatte, ließ ich heißes Wasser in die Wanne nachlaufen.
Die Enten waren mir ausgegangen. In der Not hatte ich schon zu dem Luffaschwamm greifen müssen. Ich suchte nach einem weiteren Utensil, und mein Blick fiel auf den Deckel des Badezusatzes. Der stand für Lotte Unverzagt. Was mir die Gräfin erzählt hatte, klang schier unglaublich.
Ich drehte den Deckel um, sodass er auf dem Wasser schwamm.
Ein paar Sekunden lang behauptete er sich, dann kippte er um. Wasser lief hinein.
Schließlich ging er unter und versank.
Ob das ein gutes Zeichen war?
Das heiß einströmende Wasser hatte die Enten durcheinandergewirbelt. Die Loriot-Ente (ich) schwamm nun einträchtig neben der Krankenschwester (Sare). Ich sann darüber nach, ob das irgendwelche Assoziationen oder Gedanken bei mir auslöste.
Ich dachte wieder an Abendroth. Ihn hatte ich in meinem Ententeich völlig vergessen. Mit dem Zeigefinger nahm ich etwas Schaum auf und malte damit ein Gesicht auf die Fliesen. Das war Abendroth. Er thronte irgendwie über dem ganzen Szenario, was logisch war, denn er wusste eindeutig mehr als ich.
Ich hatte immer noch keine Lösung dafür, warum er mir gleichzeitig zwei Fälle aufs Auge gedrückt hatte. Sare und Heuwinkel. Beide hatten in meinen Augen nach wie vor nicht das Geringste miteinander zu tun.
Vielleicht war das ja sogar die Lösung: Sie standen in keinem Zusammenhang.
Genauso wenig, wie dieser Blankard etwas mit den Toten zu tun hatte.
Der Polizist (Norbert) kam meiner Loriot-Ente verdächtig nah. Das gefiel mir nicht, und ich platzierte ihn ein wenig abseits. Jetzt schwamm er neben dem Superhelden (Heuwinkel). Da war er gut aufgehoben.
Die rothaarige Ente (Ackergoldt) machte sich an die Köchin (die Gräfin) ran. Das konnte ich nicht dulden. Ich hob die Ackergoldt-Ente aus dem Wasser und stellte sie neben die Teufelsente (Schwekendiek). Die beiden gaben ein gutes Paar ab.
Hatte Ackergoldt seinen Partner Schwekendiek ermordet? Mir fiel auf, dass ich zwar über Ackergoldt und Heuwinkel eine Menge wusste, aber kaum etwas über Schwekendiek. Außer, dass er Hermines Bruder war.
Hermine. Die Gut-im-Bad-Ente dümpelte ein wenig abseits, links von meinem kleinen Zeh, unbemerkt dahin. Nun, dass Hermine sich unsichtbar machte, konnte man nicht gerade behaupten. Sie war eine unglaublich präsente Persönlichkeit. Ich nahm sie in die Hand und betrachtete sie nachdenklich. Gut im Bad …
Heuwinkel hatte nicht viel über sie erzählt, aber das Wenige, was er von sich gegeben hatte, hatte nicht sehr respektvoll geklungen.
Und noch etwas wurde mir bewusst: Das meiste, was ich über die drei Schweinefabrikanten wusste, hatte mir Hermine erzählt. Aber war das wirklich alles wahr? Sie musste ja noch nicht einmal gelogen haben. In meiner Journalistenlaufbahn war ich immer wieder darauf gestoßen, dass Menschen in erster Linie subjektiv erzählten. Sie gaben das weiter, was sie für wahr hielten. Und das unterschied sich oft erheblich von der Wirklichkeit …
Ich hatte sie jetzt alle so arrangiert, wie es mir in den Sinn gekommen war. Und trotzdem war ich kein Stück weitergekommen. Vielleicht konzentrierte ich mich zu sehr auf die Enten. Ich musste meinen Assoziationen freien Lauf lassen.
Mein Blick fiel auf die Zeitung, die die Gräfin mir gezeigt hatte. Sie lag am Boden und war bereits feucht geworden.
Ich angelte mit der Hand danach und sah mir erneut die Anzeige an. Die Fehler erkannte ich beim ersten Überfliegen. Sie waren ärgerlich. Statt »Das Leckerste vom Schwein« stand dort »Das Leckerste vom Schein«.
Da war entweder ein Azubi mit beauftragt worden oder ein Scherzbold. Zum Glück schien es ja den Vorbestellungen keinen Abbruch getan zu haben. Vielleicht hatten die meisten die Anzeige auch gar nicht gelesen. Im Teutoburger Wald sprachen sich Neuigkeiten in Windeseile herum.
Ich wollte die Zeitung schon wieder weglegen, da fiel mir beim Zusammenfalten eine Überschrift auf:
Noch immer keine Spur von vermisster Kurdin
Erstmals haben sich die Eltern der vermissten Braut auf Anraten der Polizei dazu entschlossen, ein Bild ihrer Tochter freizugeben. Wer hat die junge Nazdar gesehen?
Das Foto zeigte eindeutig Sare. Das Mädchen schaute griesgrämig und aggressiv. Und wieder dieser andere Name: Nazdar. Ich hatte Sare vor ein paar Tagen zur Rede gestellt. Sie hatte behauptet, Nazdar sei ihr erster Vorname. Sie selbst habe aber schon immer ihren zweiten Vornamen, Sare, bevorzugt. Und
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