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Tod und Schinken: Krimi (German Edition)

Tod und Schinken: Krimi (German Edition)

Titel: Tod und Schinken: Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Voehl
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gefressen hätte.
    Die fremde türkische Sprache wurde den Kindern eingebläut. Schläge waren an der Tagesordnung. Ein älterer Bruder Sares wurde mehrmals so heftig geschlagen, dass er das Bewusstsein verlor, weil er sich seinen neuen türkischen Namen nicht merken konnte und nicht darauf reagierte, wenn die Lehrer ihn aufriefen.
    Eines Tages kamen noch mehr Soldaten in das Dorf als sonst. Sie durchsuchten alle Häuser und nahmen viele Bewohner fest. Auch Sares Großeltern. Sie sah sie nie wieder. Die Soldaten beschuldigten die Dorfbewohner, verbotene Waffen zu besitzen und Opium zu schmuggeln.
    Nachdem die Soldaten verschwunden waren, beschloss ein Teil der Dorfbewohner, sich zu rächen. Sie verdächtigten die türkischen Lehrer, die Kinder ausgehorcht und die Familien bei den Behörden angeschwärzt zu haben. Noch in derselben Nacht wurden die drei vom türkischen Staat entsandten Lehrer im Schlaf überrascht, zusammengeschlagen, nackt durch das Dorf gehetzt und fortgejagt.
    Sares Sippe fürchtete die Rache der Soldaten. Am nächsten Tag packten sie Hab und Gut zusammen und flüchteten. Die Flucht dauerte Monate, und schließlich kamen sie bei entfernten Verwandten im Teutoburger Wald unter.
    Sare und ihre Geschwister gingen zur Schule, wobei sich insbesondere die Mädchen rasch eingewöhnten und die deutsche Sprache erlernten. Nach dem Hauptschulabschluss machte Sare eine Lehre als Krankenpflegerin. Seit einem Jahr war sie arbeitslos. Wegen ihrer Migräneanfälle, wie sie sagte. Die ewigen Fehlzeiten seien ihr zum Verhängnis geworden.
    Ich fragte sie nach ihrem Vetter Ramadan, dem Kampfschwimmer. Sie zuckte die Achseln. Viel habe sie mit dem nicht zu tun. Er kümmere sich kaum um die Familie und lebe in der Türkei. Sie habe ihn nur erwähnt, weil ich nach einem Taucheranzug gefragt hätte.
    »Und was erwarten Sie jetzt von mir?«
    »Dass Sie mich beschützen«, antwortete sie einfach.

5.
    Als ich am nächsten Morgen in die Metzgerei kam, legte Frau Schlüter sofort die Schinkenscheiben, die sie gerade in eine Folie wickelte, zur Seite, überließ die Kundin einer Mitarbeiterin und wandte sich mir zu. Ihre Augen waren gerötet, als hätte sie geweint. Sie kam hinter der Theke hervor und winkte mich beiseite.
    »Wo waren Sie denn neulich so plötzlich, Herr Morgenstern?«, sagte sie vorwurfsvoll. »Wir haben Sie alle gesucht.«
    Das war sicherlich übertrieben, aber ich nahm es so hin. Nachdem ich den ausgeweideten Dackel gesehen hatte, hatte ich mich noch vor dem Eintreffen der Polizei aus dem Staub gemacht. Auf Schaschlik war mir auch der Appetit vergangen.
    »Haben Sie Anzeige erstattet?«, fragte ich.
    Sie nickte. »Aber die Polizei hat mir gleich gesagt, dass wenig Aussicht besteht, den Täter zu finden. Er hat ja diese Maske getragen. Und außer hier in der Metzgerei gab es keine Zeugen …«
    Wir standen bei dem Regal mit dem Senf und den Essiggurken, und ich betrachtete versonnen den grünlichen Inhalt.
    »Herr Morgenstern, hören Sie mir überhaupt zu?«, fragte Frau Schlüter.
    Ich nickte und wandte mich wieder zu ihr hin. »Aber natürlich«, log ich.
    Erst jetzt erkannte ich, dass sie wirklich etwas auf dem Herzen hatte. Sie wühlte in den Taschen ihres blau-weiß gestreiften Kittels und zog ein zerknittertes Blatt Papier heraus. »Ich habe so gehofft, dass Sie heute vorbeikommen«, sagte sie mit zitternder Stimme.
    Ich schaute mich um. Es war nun totenstill im Laden. Die Kunden schauten unverblümt zu uns herüber.
    »Haben Sie nicht einen Raum, wo wir uns ungestört unterhalten können?«, fragte ich.
    Sie nickte. »Da, in der Küche«, sagte sie. Sie bat mich hinter den Tresen. Direkt hinter der Kasse führte eine Tür in einen großen Raum. Hier also wurden die leckeren Suppen gekocht, die ich meistens in gefrorenem Zustand für eine schnelle Mahlzeit mit nach Hause nahm, wenn ich hier einkaufte.
    Außer verschiedenen Küchengeräten gab es auch einen Tisch und mehrere Stühle. Ich schloss die Tür hinter uns, wir setzten uns, und während ich las, was auf dem Blatt stand, begann Frau Schlüter zu schluchzen.
    »Ich wollte es erst einfach löschen«, sagte sie. »Aber dann dachte ich, dass ich es nicht einfach ignorieren kann. Also habe ich es ausgedruckt.«
    »Das war richtig so.«
    Auf dem Papier stand: »Das war erst der Anfang. Nieder mit kapitalistischen Tiermördern! Wenn du Mörderfotze weiter Tiere über deinen dreckigen Tresen verkaufst, findest du deine Hackfresse ebenfalls im

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