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Tod und Schinken: Krimi (German Edition)

Tod und Schinken: Krimi (German Edition)

Titel: Tod und Schinken: Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Voehl
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Gleichzeitig wurde mir klar, was Abendroth mit der Überraschung gemeint hatte.
    »Wie alt sind Sie?«, fragte ich.
    »Achtzehn. Seit gestern.«
    »Herzlichen Glückwunsch nachträglich.«
    »Danke.«
    Wir schwiegen eine Weile, und ich dachte: Oh Gott, Morgenstern, wo schlitterst du da nur wieder rein? Was hat das zu bedeuten? Du hättest es wissen müssen. Vorgestern schon diese Sache bei Schlüter, gestern der Offenbarungseid der Gräfin, heute der gepfählte Taucher im Wald …
    Und jetzt noch diese junge Kurdin, bei der mir schon das ungute Gefühl im Bauch sagt, dass sie Ärger im Gepäck hat. Ich wusste nicht das Geringste von ihr, und auch über die Kurden im Allgemeinen waren meine Kenntnisse beschränkt. Vielleicht hatte das eine auch nichts mit dem anderen zu tun. Vielleicht hatte sie auch nur ein Problem mit einem Stalker. Aber dann, flüsterte mir eine bösartige Stimme ins Ohr, hätte Abendroth sie nicht zu dir geschickt.
    » Also gut, Sie heißen Sare, sind Kurdin und sitzen hier, weil ein gewisser Abendroth Ihnen geraten hat, mit mir Kontakt aufzunehmen«, fasste ich zusammen.
    Sie nickte. Und als sie noch immer schwieg, platzte mir erneut der Kragen. »Das ist hier keine Quizshow, und ich heiße nicht Günther Jauch. Also reden Sie endlich!«
    Sie sank noch tiefer in die Couch. Ihre Selbstsicherheit, das erkannte ich nun, war nur aufgesetzt gewesen. Luna leckte ihr die Hand. Sie zog sie zurück und verbarg sie.
    Schließlich fasste sie sich und sagte: »Da ich gestern volljährig geworden bin, sollte mein Geburtstag zugleich mit einer anderen Feier begangen werden. Seit meiner Geburt bin ich einem Typen versprochen, der zwanzig Jahre älter ist als ich und der in Münster lebt. Meine Familie bekommt sehr viel Geld für die Hochzeit. Sie haben schon die Verträge für ein neues Haus unterschrieben …«
    »Das heißt«, unterbrach ich sie, »Sie sollten zwangsverheiratet werden.«
    »Bei uns ist das so üblich. Ich habe das immer gewusst, und ich bin so erzogen worden, dass ich meine Pflicht der Familie gegenüber erfüllen muss …«
    Pflicht erfüllen … Das klang seltsam sperrig aus dem Mund einer achtzehnjährigen prolligen jungen Frau. Ich ahnte schon, wie es weiterging, allerdings nicht in dieser Dimension.
    »Seit einem Monat ist meine Family damit beschäftigt, alles vorzubereiten. Bis gestern sind dreihundert Gäste angereist. Auch meinen Bräutigam habe ich gestern das erste Mal gesehen. Er ist nicht nur alt. Er ist ein hässlicher, alter, geiler Kerl. Es ekelt mich, wenn ich auch nur daran denke, mit ihm das Bett zu teilen!«
    »Wir sind hier in Deutschland, in einem freien Land«, sagte ich wenig überzeugt. »Niemand kann Sie gegen Ihren Willen verheiraten.«
    »Was glauben Sie denn, wie viele Zwangsehen es jedes Jahr in Deutschland gibt? Sie haben doch bestimmt von den Fällen gelesen, in denen die Frau es gewagt hat, sich zu wehren, und dann von ihrer Familie ermordet wurde.«
    »Sie haben ja recht«, erwiderte ich. »Ich habe nicht die geringste Ahnung. Und ich habe auch keine Lust, mich damit zu befassen. Gehen Sie mit Ihrem Problem zur Polizei und fertig!«
    »Zur Polizei?« Sie sprach das Wort aus wie ein besonders unflätiges Schimpfwort. »Zwei meiner Cousins sind bei den Bullen. Dort bin ich nicht sicher. Die finden mich überall.«
    Ich stand auf, ging die paar Schritte zum Fenster und schaute hinunter in den Hof. »Wenn Ihre Familie Sie überall findet, was macht Sie so sicher, dass sie Sie nicht bis hier her verfolgt hat?«, fragte ich und drehte mich wieder zu ihr um.
    »Sie haben Schiss, oder?«
    Ich stellte mir ihre dreihundert aufgebrachten Verwandten vor und einen wütenden Ehemann, der bereits das Brautgeld bezahlt hatte und der nun seine Ware verlangte.
    »Ich habe es meiner Familie von Anfang an gesagt«, sagte sie heftig. »Das mit dem Haus war Wahnsinn! Ich habe ihnen gesagt, dass sie erst einmal abwarten sollen. Wenn ich plötzlich von einem Auto überfahren worden wäre, hätten sie ja auch auf das Geld für mich verzichten müssen, oder?«
    Sie redete sich weiter in Rage. Nach und nach erfuhr ich ihre Geschichte. Ihr zukünftiger Ehemann hieß Kemal. Außerdem hatte sie sieben Geschwister: fünf Brüder, von denen drei als äußerst gewalttätig galten, und zwei Schwestern, wobei die ältere auch schon mal gern die Fäuste schwang. Sare war gestern frühmorgens geflohen – mit nichts als den Klamotten am Leib und mit zweihundert Euro. Seitdem war sie auf der

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