Tod und Schinken: Krimi (German Edition)
Kühlraum wider!«
Wieder war wirklich ohne e geschrieben, aber das konnte auch ein Tippfehler sein, ohne dass man dadurch Rückschlüsse auf den Bildungsstand des Absenders ziehen konnte.
»Was soll ich denn jetzt machen?«, schniefte Frau Schlüter. »Ich kann doch den Laden nicht zumachen?«
»Hm«, machte ich und überlegte.
»Heißt das: Doch?«
»Nein, das heißt, dass ich auch keine Ahnung habe, was ich Ihnen da raten soll. Waren Sie schon bei der Polizei?«
»Die Polizei!« Sie schnaufte verächtlich. »Seit das mit dem Axtwerfer passiert ist, weiß ich, dass auf die kein Verlass ist. Ich wäre nicht die Erste, haben sie gesagt. Auf andere Metzgereien sind auch schon Anschläge verübt worden. Sie glauben, das hängt mit der Fleischerfachmesse zusammen, die hier stattfinden soll, und hoffen, dass sich die Anschläge danach von selbst erledigen. Jedenfalls haben sie mir nicht gerade Mut gemacht. Aber Sie! Sie waren doch letztes Jahr sogar in der Zeitung!«
Leider, dachte ich. Ich hatte nicht verhindern können, dass ich im Zusammenhang mit meinem kriminellen Vetter Armin durch die Gazetten gezogen wurde. Selbst die Zeitung mit den vier berüchtigten Buchstaben – blöd, ignorant, link, dämlich – hatte über mich berichtet. Genüsslich war meine Vergangenheit als Journalist durchleuchtet worden. Dann der mysteriöse Knacks … Und schließlich die Auflösung eines neuen Falles, noch dazu eines, in den Familienmitglieder und Freunde verstrickt waren. Das alles hatte ich nicht verhindern können. Am schlimmsten war jedoch die Berichterstattung in den hiesigen Medien. Einfach deshalb, weil mich nun jeder kannte. Dass zudem Steffi Klug entführt worden war, hatte alles noch zusätzlich aufgeheizt. Als Radiomoderatorin war Steffi hier sehr bekannt und beliebt.
Jedenfalls hatte ich seitdem das Gefühl, dass jedermann mit seinem Problem und Problemchen ausgerechnet in mir den Heilsbringer sah.
Es kostete mich meistens sehr viel Mühe, ihnen begreiflich zu machen, dass sie da an den Falschen geraten waren. Ich bin weder Detektiv noch seelischer Mülleimer, Telefonseelsorger oder Psychiater. Und auch kein Pfarrer Braun, der die Beichte abnimmt und abschließend die Absolution erteilt.
Ich bin ein ehemaliger Journalist, der sesshaft geworden ist.
Wieso ehemalig? , hätte die Gräfin jetzt gefragt. Aber Sie schreiben doch noch!
Ja, ich schreibe wieder. Ich schreibe über den Teutoburger Wald, über den Menschenschlag hier, über das gute Essen … Ich werde nicht reich damit, aber es reicht zum Leben.
Das Wichtigste war, dass ich meine Freiheit behielt. Die Freiheit, darüber zu schreiben, worüber ich wollte.
Und irgendwie hatte Abendroth mit seinem Anruf eine Lawine ins Rollen gebracht, die es aufzuhalten galt …
»Was ist mit Ihnen?«, fragte Frau Schlüter zaghaft. »Sie helfen mir doch, oder?«
Ich seufzte tief und setzte zu einer Abfuhr an.
»Sie finden den Schuft, das weiß ich«, sagte sie schnell. »Und Ihr Steak, das kriegen Sie jetzt jeden Tag umsonst von mir!«
Sie lächelte wieder, und irgendwie brachte ich es nicht fertig, dieses Lächeln wieder zu zerstören. Ich wäre mir vorgekommen wie ein Schuft.
Ich seufzte ein zweites Mal, dann nahm ich ihre Hand. »Ich werde mich darum kümmern.«
Sie fiel mir um den Hals und gab mir einen Kuss. Danach riss sie die Küchentür auf und rief in den Laden: »Kathi, pack mal zwei Rumpsteaks ein für Herrn Morgenstern. Aber die größten und besten, die wir haben!«
Sie warf mir noch ein strahlendes Lächeln zu und verschwand wieder im Verkaufsraum. »Herr Morgenstern hat mir versprochen, den Übeltäter zu fassen!«, hörte ich sie sagen.
Am liebsten hätte ich mich durch den Hinterausgang verdrückt. Aber aus der Nummer kam ich so schnell nicht wieder raus. Ich folgte Frau Schlüter, ging unter den Blicken der Anwesenden zur Tür und war im Begriff, nach draußen zu eilen.
»Warten Sie doch, Ihre Steaks …«, rief mir Frau Schlüter hinterher.
»Hole ich später ab!«, rief ich über die Schulter.
In diesem Augenblick prallte ich mit Frau Heuwinkel zusammen. Sie schrie auf und fiel direkt in meine Arme. Ich fing sie auf, und zwei, drei Sekunden standen wir einfach nur verdutzt da. Dann löste sie sich von mir. Dabei schaute sie mich an. Ihre Augen waren verquollen. Seit gestern schien alle Welt nur noch zu weinen. Allerdings hatte sie nun wirklich Grund dazu. Immerhin war ihr Hund bestialisch abgeschlachtet worden.
Frau Heuwinkel war ganz
Weitere Kostenlose Bücher