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Tod und Schinken: Krimi (German Edition)

Tod und Schinken: Krimi (German Edition)

Titel: Tod und Schinken: Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Voehl
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Treppe führte hinunter zu den Toiletten. Hier erinnerte nichts mehr an Sterneküche. Wahrscheinlich hatte der Inhaber hier bewusst alles so authentisch gelassen, wie er die ehemalige Kneipe übernommen hatte. Die Wände waren braun gestrichen, der Toilettenraum selbst war weiß gefliest. Eine der Neonleuchten flackerte. Ich fragte mich, ob das nicht zu weit ging – von wegen Authentizität. Dann kam mir der Gedanke, dass sie wahrscheinlich wirklich defekt war.
    Eine der Kabinen war besetzt. Irgendwie war ich froh, dass ich hier unten nicht allein war.
    Nachdem ich mich erleichtert hatte, ging ich zu einem der Waschbecken und hielt die Hände unter das kalte Wasser, das nur als Rinnsal aus dem Hahn tröpfelte.
    Als ich in den Spiegel schaute, war ich selbst erstaunt, dass ich noch halbwegs aussah wie ein Mensch.
    Allmählich machte sich der morgendliche Waldlauf als Muskelkater bemerkbar. Vor allem in den Armen. Mein Knie pochte. Ich fühlte mich, als wäre ich kilometerweit durch den Teutoburger Wald gerobbt.
    Als ich die Hände unter den weißen Heißlufttrockner an der Wand hielt und dieser nach zwei Sekunden knatternd den Geist aufgab, glaubte ich mich wirklich in die Vergangenheit versetzt.
    Doch dann wurde ich von einem Moment zum anderen in die Wirklichkeit gerissen. Die Tür öffnete sich, und die massige Gestalt Ackergoldts schob sich herein. Einen Augenblick lang fürchtete ich, er würde im Türrahmen stehen bleiben und mir den Ausgang versperren.
    Aber er ging an mir vorbei.
    Der Duft, den er dabei hinterließ, warf mich fast um. Hermine hatte nicht übertrieben. Wieder roch ich die Zitronenaromen. Nach dem Rosmarinduft schnupperte ich vergeblich. Dafür glaubte ich Lavendel zu riechen. Dennoch hätte ich wetten können, dass sich Schwekendiek und Ackergoldt aus der gleichen Flasche bedienten – der eine weniger, der andere dafür umso mehr.
    Ackergoldt stand vor einem der Urinale und knöpfte sich die Hose auf.
    Ich sah nicht hin, hatte aber umgekehrt das Gefühl, dass er mich die ganze Zeit beobachtete.
    »Sie kommen mir irgendwie bekannt vor«, sagte er. Seine Stimme klang genauso, wie ich sie mir vorgestellt hatte: tief und grollend. Wie die eines Riesen. Oder eines Wagner-Tenors. Ich konnte mir gut vorstellen, wie er sich allein dank dieser Stimme Respekt verschafft und sich nach oben gekämpft hatte. Ich versuchte dagegenzusteuern, indem ich erwiderte: »Sie mir nicht.«
    »Doch, ich kenne Sie von irgendwoher«, beharrte er. »Wie heißen Sie?«
    Die Frage war ein Befehl. Ich entschloss mich, diesem nur halb zu folgen. »Moritz«, antwortete ich. »Und du?«
    »Abby.«
    Damit war eigentlich alles gesagt. Im Stillen atmete ich einmal tief durch, dann wandte ich mich um und ging zur Tür.
    »Woher kennst du Hermine?«, fragte er. Seine Frage hielt mich zurück. Ich konnte sie nicht unbeantwortet lassen. Ich drehte mich langsam um und sah, wie er sich die Hose wieder zuknöpfte. Ja, sein Schlitz war tatsächlich mit Knöpfen ausgestattet. Wahrscheinlich ein Maßanzug, was sonst. Für so einen Riesen gab es keinen Dreiteiler von der Stange.
    »Zufall«, sagte ich, und das entsprach nun mal der Wahrheit.
    Langsam kam er näher, und mit jedem Schritt hatte ich das Gefühl, dass der Boden unter meinen Füßen zitterte. Ich schaute zu der Kabine. Sie war immer noch besetzt.
    Er sah meinen Blick und lächelte. »Die ist immer besetzt«, sagte er. »Schon seit Jahren. Da hat sich mal einer drin umgebracht. Hat sich einfach auf die Schüssel gesetzt und sich die Pulsadern aufgeschnitten. Kennst du Hannes?«
    Ich nickte. »Der Wirt.«
    »Hannes ist der abergläubischste Mensch, den ich kenne. Sein Vater war so ’n Spökenkieker, so einer, der Geister sieht. Hat immer rumgesponnen und überall Tote gesehen. Das hat der Hannes irgendwie geerbt. Den hat seitdem keine Sau mehr hier runtergekriegt. Schickt immer nur seine Putzfrauen zum Saubermachen her oder die Azubis. Und seit damals ist diese Tür verschlossen.«
    Ich hatte keine Ahnung, warum er mir diese Geschichte erzählte. Bald sollte ich erfahren, dass das eine seiner besonderen Eigenschaften war. Geschichten zu erzählen, wo ein ganz einfacher Satz genügt hätte. Zum Beispiel: »Mach dir keine Illusionen. Auf der Toilette ist niemand, der dir helfen könnte.«
    »Einmal haben wir Hannes doch hier runterbekommen«, fuhr er fort. »Er hatte Geburtstag und war sternhagelvoll. Wir wollten ihm wirklich was Gutes tun, verstehst du? Wir haben extra eine Nutte

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