Tod und Schinken: Krimi (German Edition)
bezahlt, damit die hier unten auf der Kabine auf ihn wartet. Wie nennt man das? Konfrontationstherapie.
Als er so voll war, dass er nicht mehr viel gemerkt hat, haben wir ihn hier runtergeschafft. Und dann haben wir diesen Raum von außen abgeschlossen. Kurz darauf haben wir ihn schreien hören. Glaub mir, Moritz, ich habe Hannes noch nie so schreien hören – und ich bin fast jeden zweiten Tag hier.
Wir haben gedacht, okay, lass ihn schreien. Wenn er erst mal die Nutte sieht, wird sich das in Wohlgefallen auflösen. Aber dem war nicht so. Er hat geschrien wie am Spieß, und irgendwann hat die Nutte auch geschrien. Das hat sich irgendwie nicht so angehört, als würde er sich über unser Geburtstagsgeschenk freuen.«
»Und dann?«, fragte ich, als er eine Kunstpause einlegte und sich das Jackett auszog. Er hatte gewaltige Oberarme. Sie waren dicker als meine Oberschenkel.
Er drehte den Wasserhahn auf und hatte mehr Glück. Ein ganzer Strahl plätscherte heraus. Er hielt die Hände darunter und fuhr mit seiner Erzählung fort: »Als wir schließlich die Tür geöffnet haben, lag er wimmernd vor einem der Urinale. Wir durften ihn nicht anfassen, er fing sofort wieder an zu schreien.
Die Nutte war ebenfalls fix und foxi. Sie hat geschworen, dass er sie angegriffen und gewürgt hat. Kurzum: Als er am nächsten Tag wieder bei Sinnen war, hat er geschworen, dass er auf der Toilette den Geist des Toten gesehen hätte. Mit bleichem Gesicht, glasigen Augen, heruntergelassener Hose und aufgeschnittenen Pulsadern. Alles wäre blutverschmiert gewesen. Und dann hätte sich der Tote plötzlich aufgesetzt, hätte ihn angeschaut und angelächelt. Und dann wäre er auf ihn zugekommen …«
»Verstehe«, sagte ich.
»Was verstehst du? Du verstehst gar nichts …«
Ich fragte mich, was er mit seiner Geschichte bezweckte. Wenn er mir Angst einjagen wollte, so war ihm dies nicht gelungen. Im Gegenteil: Das Erschrecken, die Ahnung, dass etwas passieren würde, legte sich allmählich. Vielleicht war er wie ein Hund.
Der will nur spielen.
Aber auch einem alten Hund macht es immer noch Spaß, durch sein Knurren die Leute in Angst zu versetzen. Achtung, das ist mein Revier!
» Doch«, widersprach ich. »Ich verstehe jetzt, warum die Toilette immer geschlossen ist.«
»Ja«, lachte Ackergoldt. »Spätestens seit dem Erlebnis damals hat er die Nase gestrichen voll gehabt, das kannst du mir glauben.«
Er stand jetzt direkt vor mir. Ich musste zu ihm hochschauen, um sein Gesicht zu sehen. Seine Schultern erinnerten mich an einen Amboss. Aus der Nähe erschien alles an ihm noch gewaltiger. Ich kam mir vor wie ein Fliegengewicht neben einem Schwergewichtsboxer.
Er hob den linken Arm und legte mir die riesige Pranke auf die Schulter. Ich stand still. Mehr konnte ich eh nicht tun.
»Ich will dich engagieren«, sagte er.
»Warum?«
»Weil mir plötzlich eingefallen ist, woher ich dich kenne. Über dich hat letztes Jahr was in der Zeitung gestanden. Hast da ein paar ziemlich schmutzige Dinge aufgedeckt.« 4
»Das wurde nur so dargestellt. Maßgeblich haben Polizei und BKA die Arbeit gemacht. Ich habe ihnen nur zugespielt …«
»Bescheidenheit ist eine Zier, aber sie passt nicht zu dir. Ich erkenne das sofort, wenn einer in meiner Liga spielt.«
»Glaub ich nicht«, widersprach ich.
»Was glaubst du nicht?« Er nahm die Hand von meiner Schulter.
»Dass wir in der gleichen Liga spielen. Ehrlich, ich bin kein Gegner für dich.«
Er sah mich an wie eine Bulldogge, die eine Katze zum Frühstück verspeisen will. Dann grinste er und sagte: »Weißt du eigentlich, dass du verdammtes Glück hast? Eigentlich wollte ich mit dir hier unten mal ein ernstes Wort reden, weil du mit Herberts Alter rumflirtest. Und jetzt buhle ich darum, dass du für mich arbeitest.«
»Ich bin kein Privatdetektiv.«
»Ich engagiere dich trotzdem.«
»Ich bin nicht käuflich.«
Für ein paar Sekunden setzte er erneut das Bulldoggengesicht auf. Doch irgendwie konnte er mich damit nicht mehr beeindrucken. Ich hatte ihn durchschaut, diesen Abby Ackergoldt.
»Gib mir eine Chance«, sagte er. »Du ziehst die Nacht mit mir durch die Gegend, und wenn die Sonne über dem Teuto sich wieder zeigt, entscheidest du dich. Einverstanden?«
Ich schüttelte den Kopf. Diesmal erlaubte ich mir ein Lächeln. »Sorry, aber da habe ich bessere Angebote.«
»Hermine? Was dieses Fickmäuschen dir verspricht, kann ich dir auch bieten. Wetten?«
Ich lächelte immer noch. »Ich
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