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Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Titel: Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Knochen war entsetzlich. Der Schmerz machte ihn fast besinnungslos. »Justinius? Seid Ihr noch da? Bei einer guten Massage geht es bisweilen etwas rauh zu. Habt Ihr das Angebot akzeptiert?« Justinius stieß ein undeutliches Gebrabbel aus. Speichel rann ihm übers Kinn.
    »Etwas deutlicher, bitte.«
    »Ja. Ja!«
    »Wann und wo werdet Ihr Euch mit dem Dechanten treffen?«
    »Hier«, hauchte Justinius. »Bitte tut mir nicht mehr weh – Vater unser, der du bist im Himmel –« »Oh, Ihr kennt ein Gebet? Eure Frömmigkeit beschämt mich. Ich fragte, wann.« »Gleich, er – er muß gleich kommen – bitte – ich flehe Euch an, keine Schmerzen mehr, bitte –« Der andere brachte sein Gesicht dicht neben das seine. Justinius fühlte etwas Weiches seinen Rücken streicheln. Haare. Lange, blonde Haare. »Keine Angst, Justinius«, sagte Urquhart sanft. »Du wirst keine Schmerzen mehr haben.«
    Seine Finger erreichten das Genick.
    Das letzte trockene Knacken hörte Justinius nicht mehr.
    Andreas von Heimerode lehnte sich im Becken zurück. Er war zutiefst beunruhigt. Einerseits wünschte er, die Dinge so gelassen sehen zu können wie Justinius. Der lag jetzt da drinnen auf der Pritsche und war mit Sicherheit durch nichts aus der Ruhe zu bringen.
    Andererseits hatte er sich und Justinius mehr als einmal aus dem Schlamassel ziehen müssen. Sobald Geld ins Spiel kam, gab Justinius jede Vorsicht auf.
    Vielleicht war es an der Zeit, ein ehrbares Leben zu führen. Sie hatten lange genug herumgegaunert und betrogen, als falsche Priester das Elend und die Trauer der Hinterbliebenen, den Eifer der allzu Gläubigen und Leichtgläubigen ausgenutzt. Das Angebot des Fremden vor wenigen Tagen war zudem ein Geschenk des Himmels gewesen – eine der leichtesten Aufgaben, dafür zu lügen und nichts weiter. Dank Andreas' Umsicht hatten sie über die Jahre nicht alles verpraßt, sondern Geld zurückgelegt, auch vom Gold des Blonden. Im Grunde hatten sie genug. Besser aufhören, solange noch Gelegenheit war.
    Die Harfenistin lächelte ihm zu und hob ihre Stimme zu einem süßen, durchdringenden Tremolo. Höchste Zeit, daß dieser glatzköpfige Dechant auftauchte. Dann das Geld nehmen und nichts wie weg. Nach Aachen oder sonstwohin. »Hauptsache, raus aus Köln«, brummte Andreas zu sich selbst. Er nahm einen Fuß hoch und begann, Horn abzuzwicken.
    Neben ihm glitt jemand ins Wasser.
    Andreas achtete nicht weiter auf ihn. Er studierte seine Zehen und schickte der Harfenistin einen freundlichen Blick. Aber sie hatte sich einem anderen zugewandt. Selber schuld, dachte Andreas, wenn du ständig ein langes Gesicht ziehst.
    Er rutschte nach vorne, bis er völlig unter der Wasseroberfläche verschwunden war.
    Warm. Angenehm und belebend.
    Was war er doch für ein hoffnungsloser Griesgram! Er sollte aufhören, sich Sorgen zu machen, und stattdessen um die schöne Harfe buhlen. Entschlossen stützte er sich mit den Händen ab, um wieder aufzutauchen.
    Es gelang ihm nicht.
    Verblüfft stellte er fest, daß ihn jemand unter Wasser drückte. Einen Moment lang glaubte er an einen Scherz. Dann befiel ihn Panik und er begann zu strampeln.
    Eine Hand umspannte sein Genick.
    Alles ging sehr schnell.
    Urquhart schloß Andreas' Augen und Mund unter Wasser und zog ihn wieder hoch. Jetzt saß er da, als schlafe er. Niemand hatte etwas bemerkt, alle waren zu sehr mit sich selbst beschäftigt, und die Männer auf der Empore hatten nur Augen für die Schönen des Bades.
    Ohne den Toten eines weiteren Blickes zu würdigen, erhob sich Urquhart und verließ das Becken. Trotz seiner Größe und Stattlichkeit fiel er nicht weiter auf. Er hatte sich für solche Gelegenheiten einen leicht gebückten Gang angeeignet, den Gang der Glücklosen und Geschlagenen. Wenn er wollte, beherrschte seine Erscheinung einen vollbesetzten Raum. Wenn nicht, wie jetzt, war er nahezu unsichtbar, ein Nichts.
    Er griff nach einem Tuch, trocknete sich ab und ging nach vorne, wo in einer separaten Kammer die Kleidung der Badenden verwahrt wurde, zog sich an und schlenderte nach draußen auf die Straße.
    Helles Licht prallte ihm entgegen. Die Sonne schien.
    Unnatürlich hell.
    Er fuhr sich über die Augen, aber die Helligkeit blieb. Und in der Helligkeit sah er wieder das Kind und die eiserne Hand, die hineinfuhr in den zuckenden, sich windenden Körper –
    Nein! Er durfte nicht zulassen, daß die Anfälle wiederkehrten! Nicht jetzt und niemals wieder.
    Urquhart sog seine Lungen voll

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