Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.
sie?«
»Woher soll ich das wissen? Irgend jemand mit Geld und Einfluß, vermute ich. Jedenfalls lassen sie was springen für einen lautlosen, unsichtbaren Henker, dem wahrscheinlich eine äußerst schwierige Aufgabe bevorsteht. Er ist also Mörder von Profession. Er kauft Zeugen und schafft es, die zwei einzigen Menschen, denen Ihr von Eurem Erlebnis berichtet habt, noch am selben Abend aus dem Weg zu räumen. Das deutet auf einen logisch planenden Verstand hin, selten in diesen Tagen, wo sich die Jünger des heiligen Bernhard gegen die Vernunft aussprechen und das Rad der Zeit anhalten wollen. Er ist intelligent, dabei schnell und geschickt, dürfte über enorme Körperkräfte verfügen und ist zudem ein meisterhafter Schütze. Demgegenüber steht, daß die meisten Kreuzfahrer ausgemachte Schafsnasen waren. Einer wie unser Mörder dürfte zur Elite gehört haben.«
»Und warum zieht er dann mordend durch die Gegend? Der Kreuzzug ist vorbei. Wenn er so ein kluger Bursche ist, warum verzieht er sich samt seiner Klugheit nicht einfach wieder nach Hause?«
»Ja«, nickte Jaspar. »Das ist allerdings die Frage.«
Sie überquerten den Malzbüchel und erreichten die Einmündung zur Straße vor Klein St. Martin. Etwas weiter sahen sie links die Kirche liegen, direkt gegenüber befand sich laut Jaspar die Badstube, in der sie Justinius von Singen und Andreas von Heimerode treffen wollten. Jacop war noch nie in einer Badstube gewesen, aber augenblicklich interessierte ihn nur die Aussage der falschen Zeugen. Er hoffte inständig, sie würden auf ihre Seite wechseln. Wenn es ihm und Jaspar gelang, sie zu einer Aussage vor dem Rat zu bewegen, möglichst sofort, dann würde dieser Alptraum vielleicht endlich ein Ende finden und das langmähnige Ungeheuer wieder in den Höllenschlund zurückkehren, aus dem es hervorgekrochen war. Wenn nur –!
»Wartet«, sagte Jaspar leise und blieb stehen.
Jacop stolperte noch einen Schritt weiter und drehte sich zu ihm um.
»Was ist? Warum gehen wir nicht weiter?«
Jaspar wies stumm auf eine größere Menschenansammlung vor der Badstube, die sich offenbar in heller Aufregung befand. Eine Schar Kinder kam von dort herübergelaufen und wollte an ihnen vorbei. Jaspar hielt eins von ihnen am Ärmel fest.
»Laßt mich los«, schrie der Bengel. Jaspars kahler Schädel mit der ewig langen Nase schien ihm gehörig angst zu machen.
»Sofort, mein Kleiner, wenn du mir sagst, was da vorne passiert ist.«
»Da hamse zwei umgebracht. Ich hab nix getan, laßt mich los, ich hab nix gemacht!« »Hör auf zu schreien«, zischte Jaspar und gab ihn frei. Der Junge rannte seinen Kameraden hinterher, als sei ihm der Teufel auf den Fersen.
Jaspar machte auf dem Absatz kehrt und nahm Jacop beim Arm.
»Wir müssen weg.«
»Aber –«
Weg? Jacop sah sich verzweifelt um.
»Geht weiter«, sagte Jaspar scharf. »Benehmt euch unauffällig. Keine Hast.« »Was ist denn los«, fragte Jacop voll banger Ahnung. »Unser Mörder war schon wieder schneller. Wir sind Idioten, philoso
phieren über seine Klugheit, während wir zum Badehaus tapern wie Schlachtvieh und ich meine Glatze in die Sonne halte.«
Wieder sah Jacop hinter sich. Aus der Menge hatten sich vier Männer, grobe Kerle in der Kleidung von Hausknechten, gelöst und kamen ihnen hinterher.
»Verfolger?« fragte Jaspar, ohne den Kopf zu wenden.
»Vier«, sagte Jacop atemlos.
»Vielleicht haben wir Glück«, meinte Jaspar. Jacop warf wieder einen Blick hinter sich und sah, daß die Männer ihren Schritt beschleunigten. Jetzt liefen sie fast. »Sie haben nicht damit gerechnet, daß wir hier schon wieder kehrtmachen. Wenn wir am Malzbüchel sind, teilen wir uns, Ihr lauft nach links über das Forum in die Menge, ich schlage mich in die Gegenrichtung.«
»Aber wo werden wir uns –?«
»Habt Ihr das verstanden, zum Teufel?«
»Ja.«
»Ich finde Euch schon irgendwo wieder. Jetzt!«
Jacop fand keine Zeit mehr, zu antworten. Jaspar gab ihm einen Stoß
und rannte rechts in den Lichhof auf St. Maria im Kapitol zu. Im Herumwirbeln sah Jacop, wie die vier Männer, aufgeregt durcheinanderschreiend und nun jede Tarnung fallenlassend, die Verfolgung aufnahmen.
Dann stürzte er sich in die Menschenmenge rund um die Marktstände.
Severinstraße
Rolof fluchte.
Nacheinander verfluchte er Jaspars Wirtschafterin und Köchin, weil sie seit Tagen krank war und es nichts Vernünftiges zu essen gab, und die Magd, da sie am Morgen zuwenig von dem Rosinengrieß
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