Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.
Besucher von heute morgen nicht mehr aus dem Kopf.«
»Ach, der«, seufzte Justinius »Du bist zu ängstlich, Andreas, habe ich dir das nicht immer wieder gepredigt? Bin ich nicht, nachdem du mich über das Angebot des noblen Fremden informiert hast, mit dir einig gegangen, es anzunehmen und Köln dann schnellstens zu verlassen?«
»Wir sollen vor dem Rat aussagen!« ermahnte ihn Andreas. »Das ist nicht dasselbe wie abhauen.«
»Ach was, der Rat! Wir nehmen das Geld, erzählen dem Fremden, was wir wissen, und bevor der Rat dreimal gezwinkert hat, verjuxen wir schon alles in Aachen!« Er beugte sich vor und grinste. »Aachen soll herrlich sein Warst du mal da? Was wäre anderes zu erwarten von der Stadt, in der sie die Könige krönen, als daß man dort im Überfluß zu leben versteht?« Er legte den Kopf schief und hob die Schultern. »Andererseits heißt es wiederum, nichts komme Köln gleich, also verstehe ich deinen Unmut in gewisser Weise.« Er vergrub seinen Kopf in der Halsbeuge des Mädchens und brummte wie ein Bär im Winter.
Andreas schürzte die Lippen. »Ich hoffe, du hast recht.«
»Ich habe immer recht. Der große Bursche mit dem langen Haar hat uns was gegeben, und wir haben getan, was er wollte. Nun gibt uns ein anderer mehr, also tun wir, was der andere will, na und?«
»Ich weiß nicht. Woher hat er überhaupt von unserer Vereinbarung mit dem Blonden gewusst?«
»Spielt das eine Rolle? Gleich wird dieser Jaspar hier sein, da gehen wir dann in einen Nebenraum und machen den Handel klar, nehmen das Geld, sagen ihm, wie’s war und was wir wissen – denn ich bin weiß Gott ein ehrlicher Mann, Andreas! – und entschwinden zu einem anderen schönen Ort, wo man der Sau den Bratspieß zu schmecken gibt. Bis der Blonde gemerkt hat, daß wir nicht ganz loyal waren, sind wir über alle Berge.«
»Ich hoffe, du hast recht«, wiederholte Andreas von Heimerode, nun schon etwas entspannter. »Na sicher! Schau dich um! Hier ist das Leben. Und wir werden ewig leben, Gott verzeihe mir meine sündige Rede.« »Hier verzeiht er dir alles«, lachte das Mädchen und ließ einen weiteren Wasserguß auf ihn niederprasseln.
Justinius schüttelte sich genüßlich und stemmte sich hoch.
»Welch männliches Begehren«, rief er, »hat unser Schöpfer an uns zugelassen. Bleib mir gewogen, meine Rose, du Perle des Abendlands! Ich will mich zur Massage begeben, und danach sollst du dem Schwert meines Ver langens ein williges Opfer sein, du gebenedeiter Leib der Hure von BabyIon!«
Andreas sah ihn scheel an.
»Du solltest mal wieder in die heilige Schrift schauen«, sagte er. »Das war gerade völliger Blödsinn.«
Justinius stieß ein brüllendes Lachen aus.
»Das ganze Leben ist doch völliger Blödsinn!«
»Ja«, seufzte Andreas. »Da könntest du ausnahmsweise mal die Wahrheit sagen.«
Justinius begab sich, immer noch lachend, zum rückwärtigen Teil der Bad stube und schob einen Vorhang beiseite. Dahinter lag ein kleiner, abgetrennter Raum mit einer von Tüchern und Decken verhüllten hölzernen Liege. Außerdem ein Zuber mit dampfendem Wasser, ein paar Krüge voll des duftendsten Öls, Kerzen, weiter nichts. Es gab mehrere dieser verschwiegenen Kammern, in denen man sich vom Badstuber und seinen Gehilfen oder aber von den Mädchen massieren lassen konnte. Gemeinhin rechtfertigte die Körperpflege durch letztere den Vorhang, wie er selbst
einem lüsternen Christenmenschen anstand, denn was sich dahinter vollzog, wurde vom Rat nur geduldet, solange es augenscheinlich nicht beweisbar war. Im übrigen sehr zur Freude und Beruhigung eben dieser Stadträte.
Justinius kroch schwerfällig auf die Liege, drückte seinen Bauch auf den weichen Decken platt und schloß die Augen. Er hatte sich gleich für alles auf einmal entschieden. Zuerst das ordentliche Durchkneten von Männerhand. Dann würde er sich genüßlich auf den Rücken rollen und die süße Last der Sunde auf sich nehmen, in wessen wohlgeformter Gestalt auch immer sie erscheinen mochte. Der Badstuber war diskret und bewies in der Auswahl seiner Schönheiten ein sicheres Gespür. Es machte viel mehr Spaß, sich überraschen zu lassen.
Leise begann Justinius zu summen.
Hinter ihm raschelte der Vorhang. Er hörte den Masseur hereinkommen. Müßig, sich deswegen umzudrehen. Ein schürfendes Geräusch näherte sich der Liege. Offenbar zog der Mann einen der Ölkrüge heran.
»Bringt ordentlich mein Blut in Wallung«, kicherte Justinius, ohne die Augen zu
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