Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.
die Lippen aufeinander. Dann nickte er heftig. »Das wußte ich.« Jaspar grinste. »Ein Held vor dem Herrn. Habt mit den Tapfersten der Tapferen gefochten! Das ist fürwahr beeindruckend.«
»Seite an Seite«, raunte Hieronymus.
»Erinnert Ihr Euch an die stolzen Ritter damals?«
»Ich war kein Ritter«, sagte Hieronymus im Tonfall des Bedauerns. »Mußte zu Fuß gehen. Ich gehe gerne zu Fuß, auch heute noch. Nicht wie die Ritter. Steigen immerzu auf irgendeine Mähre, schwer von Eisen. Aber ist nix drin in dem Eisen.«
»Was soll das heißen, er geht gerne zu Fuß?« fragte Jacop überrascht.
»Naja.« Henricus breitete die Arme aus. »Er tut's halt gerne.«
»Aber er hat doch überhaupt keine –«
»Ruhe da hinten!« rief Jaspar. »Mein Freund Hieronymus und ich haben einiges zu besprechen.« »In den Rüstungen ist nix drin«, kicherte Hieronymus. »Hab in eine reingeguckt, lag im Sand.« »Aber an die Ritter werdet Ihr Euch doch sicher noch erinnern, die edlen Herren?«
»Natürlich. Ich geh gern zu Fuß.«
»Ja, ich weiß. Alle sind damals gerne zu Fuß gegangen, nicht wahr, bis nach Akko seid Ihr gekommen.« Hieronymus zuckte zusammen. »Akko«, flüsterte er. »Bis Akko. Verfluchtes Akko.«
»Erinnert Ihr Euch –« »Wenn Hieronymus es will, erinnert er sich an alles«, erklärte Henricus stolz, als könne er was dafür.
»Macht mir aber nicht den Eindruck«, zweifelte Jacop.
»So geht das jedenfalls nicht!« Jaspar wies mit ausgestrecktem Finger zur gegenüberliegenden Seite des Raums. »Verschwindet und legt Euch auf die Pritschen oder tanzt oder macht sonstwas, aber verschwindet! Los!«
Jacop wagte keine Widerrede. Henricus zeigte sich sogar hocherfreut, dankte dem Physikus und legte sich weiter hinten sofort aufs Ohr. Nach kurzer Zeit begann er leise zu schnarchen. Jacop betrachtete ihn neidisch, lehnte sich gegen die Tür und hing seinen Gedanken nach.
Nach einer Weile sah er, wie Hieronymus heftig zu gestikulieren begann. Seine Finger formten die absonderlichsten Dinge in der Luft. Einige davon weckten in Jacop das unangenehme Gefühl, der Krüppel beschreibe Foltermethoden.
Dann schrie er jämmerlich auf und legte das Gesicht in die Hände. Jaspar umfaßte seine Schulter und redete beruhigend auf ihn ein.
Hieronymus lachte meckernd und begann wieder zu gestikulieren.
Jacop lauschte dem Wind, der um die Klostermauern sang.
Eine halbe Ewigkeit später, wie es schien, kam Jaspar herüber und weckte Henricus, um sie hinauszulassen. Schweigend gingen sie durch den Kreuzgang zum Klosterportal und verabschiedeten sich mit knappen Worten.
»Vergeßt nicht die Komplet«, sagte Jaspar lächelnd.
»Pah!« machte Henricus. »Wann hätte ich die je vergessen? Übrigens, was hat der alte Narr denn so erzählt?«
»Er hat erzählt, die Mönche in diesem Kloster seien zu neugierig.«
»So?« stieß Henricus verblüfft hervor. »Naja.«
Sie ließen ihn stehen und eilten durch den Schlamm zurück auf die Bach.
»Und?« fragte Jacop. Er mußte laut reden, so sehr pfiff ihnen der Wind um die Ohren. »Habt Ihr was rausgekriegt?«
»Ja und nein.«
»Was denn nun? Ja oder nein?«
»Nein. Ja. Hieronymus' Gedächtnis hat seine Lücken, aber an die Armbrüste konnte er sich noch erinnern. Wußte auch, daß sie seinerzeit ein paar der kleinen Dinger erbeuteten. Und er erwähnte erstaunlich viele Namen adliger Ritter und Grafen, hat sogar König Ludwig kennengelernt – ach, was heißt kennengelernt, er hat ihn reden hören – aber alles in allem weiß er noch sehr viel. Dann hat er vom Krieg erzählt und was sie damals nach der Einnahme von Damiette mit den Ungläubigen gemacht haben.«
»Und was?«
Jaspar schüttelte den Kopf. »Seid froh, wenn Ihr es nicht wißt. Sie haben die Kinder zusammengetrieben und die jungen Mädchen. Es wäre maßlos untertrieben, wollte man sagen, daß sie alle einfach umgebracht haben, sie taten andere Dinge – aber reden wir nicht davon. An einen mit gürtellangen Haaren konnte er sich jedenfalls nicht erinnern.«
»Also sind wir umsonst dagewesen?«
Jaspar sah ihn mißbilligend an. »Nichts ist umsonst. Merkt Euch das.«
Kuno
Zwischen der Dreikönigenpforte im Süden und dem Neckelskaulentor, gegenüber dem Werthchen gelegen, erstreckte sich hinter der Stadtmauer ein Areal alter Steinbauten, die ursprünglich zur Lagerung von Fisch gedient hatten. Der Stein hielt die Hitze ab. Mehrere der Gebäude waren im Besitz der Overstolzen, aber ungenutzt. Rückwärtig
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