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Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Titel: Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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wohlgemerkt. Aber gut, was soll der Erzbischof auch anderes tun, als sie zu schröpfen und zu bevormunden? Wenn er nicht mehr herrscht, ist er überflüssig. Das ist die Wurzel des ewigen Konflikts, zumal es ja auch Zeiten gab, da die Kölner ihre Erzbischöfe ganz gern gesehen haben.«
    »Als sie noch christlicher waren, was?« spottete Richmodis.
    »Pah! Die Kölner waren immer fromm, niemals christlich. Nein, aber einer wie Reinald von Dassel, der vor hundert Jahren die Gebeine der heiligen drei Könige nach Köln brachte, stärkte damit nicht nur seine Position als Erzbischof, sondern auch die der Stadt. Viele Pilger, viele neue Gaststätten und Herbergen, viele Einnahmen. Die Kölner verdanken der Politik der Erzbischöfe hohes Ansehen, und Philipp von Heinsberg, Reinalds Nachfolger, gründete auf dieses Ansehen seine beispiellose Herrschaft. Er kaufte Burgen, Güter und Rechte, erwarb Westfalen und Engern, nachdem Heinrich der Löwe gestürzt war, er wurde binnen kurzem einer der mächtigsten Fürsten im ganzen Reich, und alles, was er tat, förderte gleichzeitig die Bedeutung Kölns. Nur, nachdem die Kölner es mit Hilfe der Erzbischöfe soweit gebracht hatten, begannen sie nun darüber nachzudenken, wie man sich ihrer entledigen könnte. Darum bauten sie die Mauer. Einerseits aus Angst vor Philipps Feinden, denn der führte ja unablässig Krieg, zum anderen, weil man wohl wußte, daß es irgendwann auch zwischen Stadt und Erzbischof zur bewaffneten Auseinandersetzung kommen würde.«
    »Aber wenn Philipp so mächtig war«, bemerkte Richmodis, »warum konnte er sich nicht durchsetzen?«
    »Weil seine Macht im Geld bestand, und das hatte er sich bei den Kölner Kaufleuten geliehen. Was auch jeder wußte. Der Kaiser hätte niemals seinen Segen zu einer gewaltsamen Unterwerfung gegeben, er war daran interessiert, die erste Handelsmacht in seinem Reich blühen zu sehen. Philipp hätte einen Prozeß riskiert.«
    »Er hätte den Papst auf seine Seite ziehen können.«
    »Aussichtslos. In Rom hatte er sich erst recht verschuldet. Er konnte nichts machen, und Köln bereitete in aller Stille die Autonomie vor – und jetzt passierte es! Der Kaiser gab den Kölnern recht! Woran Ihr sehr schön sehen könnt, was Wirtschaftskraft vermag. Sie mußten zwar eine Art Buße bezahlen, aber durften ihre Mauer weiterbauen. Von da an haben die Erzbischöfe immer mehr an Einfluß verloren. Bruno und Adolf, Engelbert, Heinrich von Müllenarck, und als der schließlich starb, war Köln so gut wie selbständig und sah sich ganz anderen Problemen gegenüber. Nämlich, wer von den Städtern das Sagen hatte.«
    Jacop überlegte. »Ihr sagtet, wer das Geld hat, hat auch die Macht.«
    »Punctum saliens est! Stimmt. Im Grunde waren es die Patrizier, die die Unabhängigkeitsbestrebungen vorangetrieben hatten. Dafür kontrollierten sie jetzt den größten Teil von Handel und Gewerbe. Die Richerzeche ist nichts anderes als eine Interessengemeinschaft der Patrizier zur Durchsetzung ihrer Ziele – Ihr wißt, daß aus den Reihen der Richer die beiden Bürgermeister kommen, aber vielleicht wißt Ihr nicht, daß bis vor kurzem einer davon zugleich Schöffe sein mußte. Irgendwann kam es soweit, daß überhaupt jeder Schöffenanwärter aus dem Kreis der Geschlechter zu stammen hatte. Von Anfang an haben die Patrizier versucht, die städtischen Behörden zu verfilzen, um alle Ämter zu besetzen. Die Schöffen, ursprünglich der objektiven Gerichtsbarkeit verpflichtet, wurden zum Podium der Richer. Das Patriziat begann, Steuern zu erheben, aus denen sich die Verwaltungsorgane finanzierten, zum Beispiel die Bürgermeister. Die sind aber ihrerseits verpflichtet, den Dienst zu leisten –«
    »Was ist der Dienst?«
    »Die Bürgermeister versorgen während ihrer Amtszeit die Genossenschaften mit Naturalien und Geld, das ist der Dienst. Anders gesagt, die Patrizier lassen die Steuern solange durch die Ämter zirkulieren, bis das Geld in ihrer Tasche landet. Die Bürgermeister sind natürlich darauf bedacht, möglichst glanzvoll aufzutreten. In den letzten Jahren haben sie rauschende Feste gegeben, die offiziell als notwendige Finanzierungsmaßnahmen der Behörden deklariert wurden, aber die Behörden waren die Patrizier, ihr versteht! Dabei entstand den Bürgermeistern so manches Loch in der Kasse, weil sie sich ständig übernahmen, also hoben sie die Steuern an. Mit Bürgervertretung hatte das kaum noch etwas gemein. Die edlen Geschlechter, wie sie sich

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