Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.
nicht, daß ihr Handwerker auch nur ein Werkzeug in Konrads Hand seid? Ihm ist es doch letzten Endes egal, wer ihm zu neuer Macht verhilft! Letztes Jahr noch hat er versucht, sich mit den Patriziern zu verständigen, schon nachdem er sie ihrer Ämter enthoben hatte, hat ihnen Versprechungen gemacht, er werde die Verbannten gnädig wieder aufnehmen, der Himmel weiß, was er ihnen alles geboten hat, nur damit sie ihm die städtischen Freiheiten verkaufen. Erst, als die Patrizier standhaft blieben und ablehnten, hat er sich mit den Webern und den übrigen Zünften gegen die Geschlechter verbündet! Begreif das doch endlich, Konrad ist nicht Euer Erlöser, er wird Euch genauso betrügen, wie er die Patrizier hintergangen hat.«
»Er wird Recht sprechen«, sagte Goddert trocken und wandte sich ab.
»Du lieber Himmel«, stöhnte Jaspar. »Wir sind alle in Todesgefahr, und ich muß mich mit einem delirierenden, gichtverbogenen Sabbermaul über Politik streiten.«
»Selber delirierend.«
»Ja, aber wenigstens von meinem eigenen Wein.«
»Ich kann auf deinen Scheißwein verzichten«, knurrte Goddert. »Ich habe selber genug davon.« »So? Ist mir noch nicht begegnet.« Goddert pumpte sich voller Luft, überlegte kurz und ließ sie langsam wieder entweichen.
»Ähm«, sagte er.
Jaspar legte die Stirn in tausend Falten. »Frag mich jetzt bloß nicht, ob wir einen trinken sollen!«
»Schon gut. Trinken wir einen?«
»Trinken wir einen.«
»Nein«, sagte Jacop.
Jaspar starrte ihn verblüfft an. »Wieso nein?«
»Ihr habt noch nicht zu Ende erzählt.«
»Doch. So gut wie.«
»Ich finde immer noch keine Erklärung in Euren Worten, was die Patrizier vorhaben. Und – ich habe immer noch Angst.«
Jaspar blinzelte und schwieg eine Weile.
»Ja, ich auch.« Er sah flüchtig zu Kuno hinüber. Der Patrizier lag auf der Bank am Feuer. Sein Brustkorb hob und senkte sich schwach. »Richmodis«, sagte er leise. »Du hast diesem Urquhart in die Augen gesehen. Wird er kommen?«
Richmodis nickte wortlos.
»Na schön. Goddert hat alles verriegelt und verrammelt, stimmt's, Goddert?« »Mit diesen meinen Händen!«
»Gut. Wir dürften also einigermaßen sicher sein bis zum Tagesanbruch, wenn wieder genug Leute in den Straßen sind.« Er machte eine Pause. »Also, den Schluß: Zu Beginn dieses Jahres bricht in Köln die Hölle los. In der Kirche zu den Weißen Frauen verspottet ein Fleischer den Patrizier Bruno Hardefust, weil Konrad ihm das Schöffenamt entzogen hat. Es kommt zum Disput, Bruno zieht einen Dolch und sticht den Fleischer nieder. Der Tropfen, der das Faß zum Überlaufen bringt. Die Zünfte, denen der Fleischer angehörte, schreien nach Rache! Ganze Völkerscharen rotten sich zusammen, ziehen zum Haus der Hardefusts und setzen es in Brand. Riesentumult, Plünderungen, was ihr euch nur denken könnt! Hardefust trommelt seine Freunde aus den Reihen der Geschlechter zusammen, und sie dreschen auf die Handwerker ein. Es gibt Tote und unzählige Verwundete. Die Schöffen lassen sich Zeit, sie geben den Patriziern ausreichend Gelegenheit zum Morden, wohl, weil sie glauben, auf diese Weise die Last der Anklage zu vergrößern. Erst am Abend gebieten sie Frieden und bitten Konrad, Recht zu sprechen. Der hatte sich bis dahin nämlich elegant zurückgehalten.« Jaspar lachte grimmig. »Aber das war seine Stunde. Er verurteilte beide Seiten zu einer Geldbuße, aber die Patrizier sollten zudem öffentlich vor ihm erscheinen und ihn barfuß kniend um Verzeihung anflehen, während die ganze Stadt zuschauen durfte. Welch eine Demütigung! Ha! Die meisten Patrizier unterziehen sich zähneknirschend der entwürdigenden Prozedur – vor über zwanzigtausend Beifall johlenden Menschen! Einer kauft sich für eine Unsumme Geldes von dem Kniefall los, andere fliehen aus der Stadt. Drei von ihnen werden noch am selben Tag gestellt, zurück in die Stadt geschleift und sofort enthauptet.«
»Ich erinnere mich«, knurrte Goddert. »Es war ein Freudentag.«
»Dann, Füchschen«, fuhr Jaspar ungerührt fort, »im Mai, kurz bevor Ihr nach Köln zurückkehrt, klagen die Patrizier gegen die neuen Schöffen. Sie fordern ihre Absetzung. Konrad reagiert klug, er verspricht Gerechtigkeit. Es kommt zur Gerichtssitzung. Anfangs versucht Konrad, die Sache gütlich beizulegen, aber die Patrizier bestehen auf einem Urteil. Währenddessen rotten sich die Zünfte unter der Führung von Hermann dem Fischer zusammen, sämtlich bewaffnet. Die Patrizier
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