Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.
reagieren sofort. Sie ziehen mit entrolltem Banner gegen den Palast des Erzbischofs, weil sie Konrad verdächtigen, die Handwerker gegen sie aufgestachelt zu haben – möglicherweise zu Recht. Sie bilden zwei Bastionen, eine in der Rheingasse, eine weitere an St. Kolumba. Konrad läßt seinerseits Bewaffnete anrücken. Es fehlt nicht viel zur Schlacht – und ich danke Gott, daß sie nicht stattgefunden hat – da schickt Konrad Gesandte in das Patrizierlager in der Rheingasse. Sie werben dort für eine waffenlose Zusammenkunft zur Sühne beim Erzbischof und behaupten, die von St. Kolumba hätten dem bereits zugestimmt. In St. Kolumba verfahren sie genauso.«
»Eine ziemliche Schweinerei.«
»Und was für eine! Konrad verspricht den Patriziern freien Hinund Rückgang. Die Patrizier erscheinen in gutem Glauben und waffenlos vor Konrad, dessen Leute sofort über sie herfallen. Vierundzwanzig von ihnen werden verhaftet, gefesselt und auf den Burgen Altenahr, Godesberg und Lechenich eingekerkert. Etliche andere fliehen aus der Stadt. Konrad läßt sie vorladen, aber natürlich ist keiner so blöde, ihm nochmal zu glauben, und das will er ja auch gar nicht. Hauptsache, er hat einen Grund, sie zu ächten. Das tut er, und der Papst gibt zu allem seinen Segen. So ist die Situation.«
Jacop grübelte darüber nach. Dann kam ihm ein Gedanke.
»Können die Patrizier Gnade von Konrad erwarten?«
Jaspar schüttelte den Kopf.
»Kaum vorstellbar. Vor wenigen Wochen hörte ich, die Gefangenen in Godesberg hätten ihm ihre Not geklagt und ihn angefleht, sie freizulassen.
Er hat mit noch härteren Haftbedingungen geantwortet. Ich glaube, täglich gehen aus den Reihen der Patrizier Bitten bei Konrad ein, die Eingekerkerten und Verbannten zu begnadigen, aber das Scheitern der Godesberger scheint die Patrizier endgültig entmutigt zu haben.«
»Oder auch nicht«, sagte Jacop gedehnt.
Jaspar hob den Kopf und sah ihn prüfend an. »Der Bund?«
»Ja. Kuno hat nicht gesagt, wann dieses Patriziertreffen war, auf dem sie sich zusammengeschlossen haben, aber es muß kurz nach dem ergebnislosen Vorstoß von Godesberg gewesen sein.«
»Donnerwetter, Füchschen. Ich erkenne Euch nicht wieder.«
Jacop zuckte die Achseln.
»Ihr habt soviel Geschichte vor uns ausgebreitet, daß Ihr die Lösung des Rätsels überseht. Mir ist sie gerade klar geworden.« »Wie meint Ihr das?« Jacop konnte sich ein zufriedenes Grinsen nicht verkneifen. Der kleine
Triumph, Jaspar überflügelt zu haben, war alles, was er im Augenblick hatte, aber er wollte ihn auskosten, solange es ging.
»Ist das nicht offensichtlich?« fragte er.
Jaspar legte den Kopf schief. »Es müßte wohl offensichtlich sein, nehme ich an.«
»Es ist klar wie Rheinwasser. Die Patrizier wollen –«
Von der Eingangstür erklang ein leises, aber unüberhörbares Scharren.
»Still!« gebot Jaspar.
Sie horchten hinaus in das Heulen und Prasseln des Sturms.
»Das muß der Wind gewesen sein«, sagte Richmodis. Ihre Stimme zitterte unmerklich.
»Nein«, flüsterte Jaspar. »Das war nicht der Wind. Er ist da draußen.«
Jacop schloß die Augen und bündelte seine gesamte Konzentration auf die Stelle draußen vor der Tür. Er hatte über die Jahre lernen müssen, auf jedes Geräusch, jede Kleinigkeit zu achten.
Da war es wieder.
Scharren. Rascheln.
Dann etwas, das an der Hauswand entlangschabte. Schritte, leise und verhalten. Wieder ein Kratzen an der Wand, diesmal höher. Goddert preßte die Hände vor den Mund und starrte sie der Reihe nach mit aufgerissenen Augen an.
»Oh Gott«, sagte er mit erstickter Stimme.
Jacop fühlte sein Herz irgendwo direkt unterhalb der Kinnlade schlagen. Wieder hatte er das gleiche Gefühl wie vor wenigen Tagen, als er sich in der kleinen Kirche versteckt und durch einen Spalt die schattenhafte Gestalt beobachtet hatte, die ihn suchte, ihn zu wittern schien, so daß er sich einem Impuls folgend den ganzen Schwall Weihwasser zugemutet hatte. Bilder geisterten ihm durch den Kopf, von Maria, Tilman, Rolof und – Er zwang sich, ruhig zu bleiben. Die anderen sahen ihn erwartungsvoll an. In ihren Augen war ausnahmslos Angst.
»Ja«, sagte er. »Urquhart ist da draußen.«
Johann
Die Nachtwächter hatten längst die elfte Stunde ausgerufen, ihre Stimmen zerfetzt vom Wind, aber Johann saß in seiner Arbeitsstube und sah zu, wie die Kerze niederbrannte.
Ursprünglich hatte der Bund die Nacht zusammen durchstehen wollen. Dieser Beschluß schien Jahre
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