Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Titel: Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
Vom Netzwerk:
»Bete, daß Konrad den kommenden Tag nicht überlebt. Er hat uns gedemütigt vor der ganzen Christenheit! Unserem Geschlecht gebühren Glanz und Herrlichkeit, nicht Exil und Kerker. Der Ruhm der heiligen Stadt hätte unser Ruhm sein sollen, nicht der von Pfaffen und einem Gewaltmenschen, der unser Vermögen und unseren Besitz gestohlen hat. Ich hätte mir gewünscht, am Ende meines Lebens stolz sein und meinen Stolz zeigen zu dürfen. Aber ich sitze wie eine Verlorene hier dank des verfluchten Hochstadeners, er hat mich erniedrigt, und dafür soll ihn die Hölle verschlingen und alle Teufel sollen ihn peinigen bis zur Apokalypse, und danach soll er verbrennen und sogar seine Seele soll ausgelöscht werden!«
    Schweratmend hielt sie inne. Die dürren Finger hatten sich wie Krallen um die Lehnen gebogen. Jetzt entspannten sie sich langsam wieder, und sie wandte den Kopf zu Johann.
    In der Dunkelheit sah er ein zaghaftes Lächeln über ihre Züge huschen. Züge, die schon lange nicht mehr für ein Lächeln gemacht waren.
    »Dein Vater ist so früh gestorben«, sagte sie.
    Johann schwieg.
    Es lag eine Endgültigkeit in ihren Worten, die keine Erwiderung mehr zuließ. Er sah sie an und wußte plötzlich, daß Blithildis nur für ihre Rache gelebt hatte. Sie war die Tochter des Stammvaters aller Overstolzen. Sie hatte den glanzvollen Aufstieg ihres Geschlechts miterlebt, Erbin eines grenzenlosen Selbstbewußtseins, Sinnbild des Glücks. Aber dann hatte das Glück sie verlassen. Vor dreißig Jahren war ihr Gatte gestorben, den sie liebte. Ihre Seele war verwelkt, ihre Augen erblindet, und der steingewordene Traum von der Herrlichkeit der Overstolzen, das Haus in der Rheingasse, ihr Haus, starrte aus leeren Fensterhöhlen auf ein anderes Köln und einen anderen Glanz, der sie verhöhnte.
    Es hatte nie ein gemeinsames Ziel gegeben. Weder Mathias noch Daniel, Hermann oder Theoderich, nicht Kuno und nicht einmal Blithildis strebten nach einer höheren Gerechtigkeit. Daniel wollte Konrad aus persönlicher Erbitterung töten, daß er ihm das Schöffenamt entzogen hatte. Auch Mathias war Schöffe gewesen, aber ihn interessierten lediglich seine Handelshäuser, die einer anderen Politik bedurften als Konrads. Theoderich war ein Mitläufer, ein Opportunist. Kunos Interesse galt seinen Brüdern, und seine Brüder wollten zurückkehren, das war alles. Heinrich von Mainz dachte wie Mathias an Geschäfte, Lorenzo war gekauft, und Blithildis hing einer Besessenheit nach.
    Und hinter alldem verbarg sich der geheime Neid der Overstolzen, daß nicht sie die Ersten unter den Geschlechtern waren, sondern immer noch die Weisen. Daß die verhaßte ältere Familie die Richerzeche beherrschte, das Kollegium der Reichsten und Mächtigsten in Köln, gekauft von Konrad, während die Overstolzen ihre endgültige Niederlage fürchten mußten.
    Nicht die Patrizier sollten triumphieren, sondern die Overstolzen. Konrads Ende wäre auch das Ende der Weisen, das Ende des jahrzehntelangen Kampfes zwischen den Geschlechtern.
    Macht um jeden Preis.
    Der Bund war nicht zerbrochen. Es hatte ihn nie gegeben. Sie waren einem Glanz gefolgt, und das einzige, was sie für kurze Zeit vereint hatte, war Gold gewesen, zusammengelegt für die Bezahlung eines Mörders, der ihnen nun eine grausige Lektion erteilte.
    Zu spät, jemanden zu retten. Konrad würde sterben und Jacop der Fuchs und Jaspar Rodenkirchen und alle um sie herum. Die Dinge würden sich ändern, zum Guten für die einen, zum Schaden der anderen.
    Johann stand auf, ging herüber zu Blithildis und nahm sie in die Arme. Lange hielt er den dürren Körper sanft umschlungen und war überrascht, wie zerbrechlich und klein er war, fast wie der eines Kindes.
    Er gab ihr einen Kuß auf die Stirn und erhob sich.
    »Ich hebe dich, Mutter. Du solltest vielleicht ein wenig schlafen.«
    Sie schüttelte energisch den Kopf.
    »Ich werde nicht schlafen. Ich werde warten, und dann werden sie kommen und mir sagen, daß es vollbracht ist. Ich werde glücklich sein.«
    »Ja, Mutter«, sagte Johann schweren Herzens. »Das wirst du. Das wirst du ganz bestimmt.« Er zog leise die Tür hinter sich zu und ging zurück in seine Arbeitsstube.
    Keygasse
    Sie hätten eine Lampe mitnehmen sollen, fand Jacop. In dem Schuppen sah man die Hand vor Augen nicht. Nach einigem Umherstolpern entdeckte Jaspar einen größeren Haufen leere Säcke, vermutlich zum Transport von Gerste gedacht, und sie ließen sich darauf nieder. Die Säcke

Weitere Kostenlose Bücher