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Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Titel: Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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der die oberste Autorität der heiligen römischen Kirche in Frage stellt, oder der sogenannte heilige Vater?«
    »Das scheint mir eine Spitzfindigkeit, die kein Sterblicher je wird beantworten können.«
    »Es mag spitzfindig sein, Gottes Wort auslegen zu wollen, wie es uns gefällt. Und eben darum sollst du dich nicht unnötig quälen, mein Sohn. Du wirst in dieser Welt keine der Antworten finden, nach denen wir streben. Aber sollen wir, da wir nicht wissen können, darum auch nicht handeln?«
    »Wir werden handeln!« sagte Johann entschlossen.
    Pergamentene Haut spannte sich über die Zähne der alten Frau. Sie lächelte.
    »Ich wäre nur froh«, fuhr er fort »wenn ich eine bessere Truppe beisammen hätte. Mathias' Befürchtungen bezüglich des Mainzers kann ich zwar nicht teilen. Heinrich ist nur ein ziemlicher Hasenfuß. Aber dafür gibt es andere.«
    »Ja, ich weiß.« Sie hob den Kopf und reckte das Kinn vor. Ihre Nasenflügel bebten, als versuche sie, einem flüchtigen Duft auf die Spur zu kommen. »Du sorgst dich um Daniel, nicht wahr. Er ist hitzig. Eines Tages wird er jemanden töten.«
    »Oder getötet werden. Daniel ist einpericulum in familia.«
    »Ich halte Kuno für bedenklicher.«
    »Ja«, sagte Johann dumpf. »Kuno ist der andere, den ich meinte.«
    »Aber wir dürfen Kuno nicht verurteilen, weil sein Herz spricht. Gerhard Morart hat ihn auf den Knien geschaukelt. Kuno wollte Steinmetz werden wie er. Als Gerhard auf Wanderschaft ging, bedrängte er seinen Vater, mitgehen zu dürfen, obschon er doch nur ein kleiner, sehr kleiner
    Junge war, eben des Denkens und Sprechens fähig. Er hat den Dombaumeister über alles geliebt.«
    »Um so schlimmer.«
    Die alte Frau streckte eine Hand vor und tastete nach Johanns Kopf. Die dürren Finger berührten sein Haar.
    »Kuno ist ja kein Dummkopf«, sagte sie besänftigend. »Er wird sich besinnen und uns wieder zur Seite stehen, wie wir es uns gegenseitig gelobt haben.«
    »Und wenn nicht?«
    Die Alte schwieg.
    Johann stand auf und küßte sie sacht auf die Stirn.
    »Gute Nacht, Mutter.«
    Er nahm seine Kerze und ging zur Tür.
    »Johann.«
    »Mutter?«
    »Vielleicht solltest du dich ein wenig entspannen. Lies in den Psalmen. Ich glaube, im achten Abschnitt des Hilferufs gegen erbarmungslose Feinde findest du den Rat, nach dem du suchst.«
    »Ja. Sicher hast du recht.«
    Er verließ ihr Zimmer, schloß leise die Tür hinter sich und trat zu einem englischen Schränkchen unter einem Wandteppich, der eine Jagdszene aus der griechischen Mytholgie zeigte. Beiderseits des Schränkchens spendeten armdicke Kerzen auf Eichenständern genügend Licht, um lesen zu können. Er zog eine Schublade auf, holte die heilige Schrift hervor und schlug den schweren Einband auf.
    Von unten drangen Stimmen herauf. Theoderich und Daniel saßen beim Brettspiel. Hadewig, Johanns Hausfrau, sang ein altes Lied mit unglaublich vielen Strophen.
    Er lächelte.
    Jetzt, wo die Tage kürzer und die Nächte kühler wurden, saßen sie wieder öfter zusammen am Kamin und erzählten sich Geschichten. Die Familie wohnte in ganz Köln verstreut, aber hier im Hof des Filzengrabens waren sie am liebsten, wo die alte Frau von vergangenen und zukünftigen Tagen träumte und ihre Träume durch das ganze Haus spann, so daß man sich darin verfing und die Zeit vergaß und die Kälte der Welt.
    Seine Finger blätterten rasch, suchten die Stelle, die sie ihm gesagt hatte. Es ging nicht ums Entspannen. Sie wußte, daß seine Bibelkenntnisse nicht ausreichten, daß er nachschlagen mußte, um ihre Botschaft zu verstehen.
    Johann fand die Seite. Sein Zeigefinger wanderte die Zeilen entlang. Eine Weile stand er reglos da. Dann klappte er das Buch zu, legte es zurück an seinen Platz und ging nach unten, um sich zu wärmen.
    Jacop
    In langen Sätzen hielt Jacop auf den Schatten zu. Offenbar hatte sein Verfolger mit der plötzlichen Kehrtwende nicht gerechnet. Er war zu nahe und wahrscheinlich viel zu verblüfft, um seinen Lauf noch stoppen oder ausweichen zu können. Sie würden wie zwei Böcke aufeinanderprallen. Nur Gott wußte, wer danach imstande war, die Gasse wieder zu verlassen. Aber es war besser, als sich von hinten einen Bolzen zwischen die Schultern schießen zu lassen.
    Jacop empfand ein seltsames Gefühl der Befriedigung, seinen Gegner endlich sehen zu können. Der Fremde erschien ihm nicht mehr ganz so riesenhaft wie auf dem Domgerüst, aber immer noch von imposanter Größe. Was er in der

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