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Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Titel: Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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den Boden des kleinen Schiffes. Vermutlich wies sein Körper das abenteuerlichste Muster auf.
    Er zog sich hoch und zuckte zusammen vor Schmerz. Als er die kurzen Ärmel des Wamses zurückschob, sah er, daß seine rechte Schulter rotblau angelaufen und aufgerissen war. Er war damit an die Mauer des Torbogens gerasselt, als er versucht hatte, seinen nächtlichen Verfolger an der Petruskapelle abzuhängen. Mit den Fingerspitzen betastete er die Stelle und stöhnte auf. Das fühlte sich noch schlimmer an, als es aussah.
    Vorsichtig spähte er über die Reling hinaus auf die Geschäftigkeit an der Leystapelwerft. Mehrere bauchige Oberländer lagen vor Anker. Sie mußten in der Nacht eingetroffen sein. Schiffknechte waren damit befaßt, den Leyen vom Mittelrhein an Land zu schleppen und auf Ochsenkarren zu verladen. Dazwischen sah er Hafenmeister mit Schriftrolle und Federkiel die Arbeit überwachen. Es ging laut und hektisch zu, obwohl es dem Stand der Sonne nach nicht einmal sechs geschlagen hatte. Aber am Hafen begann die Arbeit schon vor Tagesanbruch.
    Höchste Zeit, daß er fortkam.
    Mit lahmen Gliedern kletterte er über die Reling und ließ sich zu Boden fallen in der Hoffnung, daß niemand ihn gesehen hatte. Es war nur ein kleines Boot, das zudem auf dem Trockenen lag und offenkundig keine Waren mehr an Bord hatte, aber die Aufseher mochten es nicht, wenn Bettler und Gesindel darin schliefen. Erwischt zu werden hieß, in den Verdacht des Diebstahls zu geraten, was im allgemeinen ja auch stimmte. Ob einer wie Jacop diesmal nur sein Leben hatte retten wollen, spielte kaum eine Rolle.
    Er schlenderte über die Werft wie einer, der gerne zuguckt. Am Rheingassentor herrschte Hochbetrieb. Es war eines der wenigen Nadelöre, durch die Waren in die Stadt eingeführt werden durften und zudem Standort der öffentlichen Kornwaage. Entsprechend lang war die Schlange der Karren und Fuhrwerke. Ein Stück weiter links am Filzengrabentor waren eine Gruppe städtischer Büttel und mehrere Gewaltrichter in ihren bunten Roben damit befaßt, einige abgerissen aussehende Gestalten zu kontrollieren. Jacop fiel die mißglückte Entführung des Koteletts ein. Besser, sich da nicht sehen zu lassen. Jeder andere Weg in die Stadt war zwar ein Umweg, aber wahrscheinlich sicherer.
    Während er die Stadtmauer mit ihren Wehrtürmen und Zinnenhäuschen entlangschritt, musterte er unauffällig die vorbeieilenden Arbeiter, schwatzenden Schiffer, Aufseher und Zöllner. Er war darauf vorbereitet, sofort wieder die Beine in die Hand zu nehmen. Augenblicklich schien allerdings keine unmittelbare Gefahr zu drohen. Sein Gegner von letzter Nacht hatte ihn hoffentlich aus den Augen, oder besser, aus der Witterung verloren, nachdem er sich mit Weihwasser übergossen hatte. Was wiederum dafür sprach, es mit einem Halbwesen zu tun zu haben, einem Dämonen oder am Ende dem Satan selbst.
    Jacop schauderte.
    Aber konnte man dem Leibhaftigen entkommen? Der Teufel hätte ihn überall aufgetrieben. Der Schatten hingegen hatte ihn verloren. Doch nur ein Mensch? Plötzlich dachte er an Maria. Sie war tot. Es kostete ihn beinahe Mühe,
    sich an ihren Anblick zu erinnern. Er hatte ihr Bild verdrängt. Was sich letzte Nacht zugetragen hatte, schien in seltsam weiter Ferne zu liegen, fast, als existierten all die grauenvollen Erlebnisse in der Erinnerung eines anderen Menschen. Jacop war klug genug, um zu wissen, wie trügerisch diese Empfindung war. Er hatte das unbestimmte Gefühl, daß die Geschichte noch nicht ausgestanden war, sondern gerade erst ihren Anfang nahm, und daß er gut daran tat, mit dem Schlimmsten zu rechnen. Er konnte nicht ständig in Weihwasser baden. Köln war groß, aber einer, der ihn beharrlich suchte, würde ihn irgendwann auch aufspüren. Und daß der Schatten ihn suchte, stand außer Zweifel.
    Er war das Opfer. Nicht Tilman.
    Vielleicht war es klüger, Köln zu verlassen. Er war schließlich sein Leben lang geflohen, warum nicht auch jetzt? Aber wie oft würde er noch fliehen müssen?
    Jacop wollte nicht weg. Nicht schon wieder.
    Das nächste Tor war die Waschpforte. Von hier gelangte man auf den Thurnmarkt. Jacop ging ohne sonderliche Hast unter dem Fachwerkvorbau durch, in dem die Zöllner saßen und Frachtpapiere ausschrieben, zwängte sich zwischen die Leute und ließ sich im Gewühl mittreiben. Kurz vor dem Forum feni wich er in die Rheingasse aus, lief an dem steingemauerten Prunkhaus der Familie Overstolz vorbei und durch die

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