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Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Titel: Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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setzten sich wie von selber in Bewegung. Alles war vergessen, die Gefahr, die Angst. Die Welt war eine Wurst.
    Gleich einem Aal flutschte Jacop zwischen den Leuten hindurch und gelangte hinter den Alten, der jetzt stehenblieb und ein Bratenstück vom Pferd begutachtete. Offenbar sah er schlecht, weil er sich dafür weit über den Brettertisch beugen mußte. Jacop drückte sich dicht an ihn heran, ließ ihn einige Sekunden tasten und schnüffeln und schrie dann aus Leibeskräften: »Ein Dieb! Seht nur, da hinten! Er macht sich mit dem Filet aus dem Staub, der Schweinehund.«
    Die Köpfe der Menschen ruckten hin und her. Die Fleischer, da sie ja annehmen mußten, der Dieb befinde sich in entgegengesetzter Richtung, drehten sich hastig um, sahen natürlich nichts und blieben irritiert stehen. Jacops Finger brauchten keine Sekunde, dann glitt die Wurst in seinen Mantel. Jetzt nichts wie weg.
    Sein Blick fiel auf die Fleischbank. Koteletts zum Greifen nahe. Und immer noch starrten die Fleischer ins Nichts. Er streckte die Hand aus, zögerte. Gib dich zufrieden, raunte eine Stimme in ihm, hau endlich ab.
    Aber die Versuchung war zu groß.
    Er packte das zuvorderst liegende Kotelett in dem Moment, da sich einer der Fleischer wieder umdrehte. Der Blick des Mannes traf seine Hand wie die Axt des Henkers, während ihm das Blut zu Kopfe schoß.
    »Halunke«, keuchte er.
    »Dieb! Dieb!« krähte der Alte neben ihm, verdrehte die Augen, ließ ein rasselndes Ächzen hören und kippte zwischen die Auslagen.
    Jacop zögerte nicht länger. Er holte aus und warf dem Fleischer das Kotelett mitten ins Gesicht. Die Umstehenden begannen zu kreischen, Finger krallten sich in seinen alten Mantel, zerrten ihm die Kapuze weg. Sein Haar loderte in der Sonne auf. Er trat um sich, aber sie ließen ihn nicht entkommen, während der Fleischer mit einem Wutschrei über die Theke setzte.
    Jacop sah sich ohne Hand, und das gefiel ihm nicht.
    Mit aller Kraft riß er die Arme hoch und vollführte einen Satz in die Menge. Verblüfft stellte er fest, daß es leichter ging, als er dachte. Dann wurde ihm bewußt, daß er geradewegs aus seinem Mantel gesprungen war, den sie jetzt zerfetzten, als sei das jämmerliche Kleidungsstück der eigentliche Übeltäter. Er schlug um sich, bekam Luft und rannte über den Platz Richtung Malzbüchel. Zurück konnte er nicht. Der Fleischer war immer noch hinter ihm, und nicht nur der. Den Geräuschen der trappelnden Füße und den aufgebrachten Stimmen nach zu urteilen, hatte er das halbe Forum auf den Fersen, und alle schienen seine Hand dem Scharfrichter überantworten zu wollen. Was eindeutig nicht in Jacops Interesse lag.
    Er schlitterte durch matschige Furchen und Geröll über den Malzbüchel und entging nur knapp den Hufen eines scheuenden Gauls. Weitere Leute drehten sich nach ihm um, angezogen von dem Schauspiel.
    »Er ist ein Dieb!« brüllten die anderen.
    »Was? Wer?«
    »Der mit den roten Haaren. Der Fuss!«
    Und schon erhielt die Meute Verstärkung. Sie kamen aus der Rheingasse, der Plectrudisund der Königstraße, selbst die Kirchgänger schienen aus St. Maria im Kapitol zu strömen, um ihn in Stücke zu reißen oder mindestens zu vierteilen.
    Allmählich bekam er es tatsächlich mit der Angst zu tun. Der einzig offene Fluchtweg, durch die Malzmühlengasse unter der Kornpforte durch zur Bach, war blockiert. Jemand hatte ein Fuhrwerk dermaßen dämlich über den Weg gestellt, daß niemand dran vorbeikam.
    Aber vielleicht drunter durch.
    Jacop ließ sich im Lauf fallen, rollte sich unter der Deichsel hindurch auf die andere Seite, kam wieder auf die Beine und hastete rechts hoch auf die Bach. Der Fleischer versuchte, es ihm gleichzutun, aber da er dreimal so dick war wie Jacop, blieb er stecken und mußte von den anderen unter Gezeter und Mordioschreien wieder hervorgezerrt werden. Die Bluthunde verloren wertvolle Sekunden.
    Schließlich kletterten drei von ihnen beherzt über den Kutschbock und hefteten sich Jacop wieder auf die Spur.
    Auf der Bach
    Aber Jacop war verschwunden.
    Nachdem sie einige Male hinund hergelaufen waren, gaben die Verfolger auf. Obgleich sich der Verkehr die Bach hinauf in Grenzen hielt und nur wenige Färber um die Mittagszeit draußen arbeiteten, hatten sie ihn verloren. Sie schauten links in den Filzengraben, aber auch da war niemand zu sehen, den man hätte festnehmen können.
    »Rote Haare«, murmelte einer der drei.
    »Wie meint Ihr?« fragte ein anderer.
    »Rote Haare,

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