Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.
mit.«
»Das sind keine Waffen«, bemerkte Mathias.
»Doch. Das geschriebene Wort kann sehr wohl eine Waffe sein. Alles kann eine Waffe sein, wenn man es entsprechend einzusetzen weiß.« »Ihr werdet's wohl wissen.« »Sicher. Reitet.« Heinrich wandte sich mißmutig ab und stapfte hinüber zu den Pferden.
Mathias ging ihm nach. Als er sich noch einmal umdrehte, war Urquhart wie vom Erdboden verschluckt.
»Habt Ihr seine Augen gesehen?« wisperte Heinrich.
»Was?«
»Urquharts Augen!«
Mathias versuchte, seine Gedanken zu sammeln.
»Was ist mit seinen Augen?«
»Sie sind tot.«
Mathias starrte auf die Stelle, an der Urquhart zuletzt gestanden hatte.
»Ihr träumt, Heinrich.«
»Augen wie von einem Toten. Er macht mir angst.«
»Mir nicht. Reiten wir.«
Sie ließen die Pferde ausgreifen, so schnell es die Dunkelheit und das Wurzelgewirr im Hag erlaubten. Als sie freies Feld erreichten, schlugen sie den Tieren die Fersen in die Seiten und erreichten die porta rund zehn Minuten später. Langsam schlossen sich die Torflügel hinter ihnen, als sie in den Schutz der großen Mauer entkamen.
Die Nacht hatte wieder einmal gewonnen.
11. September
Forum feni
Jacop der Fuchs schlenderte über die Märkte und stellte sein Mittagessen zusammen.
Den Beinamen hatte er nicht von ungefähr. Für gewöhnlich leuchtete sein Kopf wie ein Burgfeuer. Klein und schlank von Statur, wäre er niemandem weiter aufgefallen, wenn nicht dieser unbändige Schopf roter Haare nach allen Himmelsrichtungen gegriffen hätte. Jede der drahtigen Strähnen schien einem eigenen Verlauf zu folgen, dessen Hauptmerkmal darin bestand, daß sie ihn mit keiner anderen teilen wollte. Das Ganze als Haartracht zu bezeichnen, war mehr als abwegig. Trotzdem, oder gerade deshalb, übte es auf Frauen den seltsamen Zwang aus, hineinzugreifen und daran herumzuzerren, mit den Fingern hindurchzufahren, als gelte es einen Wettstreit zu gewinnen, wer dem Gestrüpp zumindest ansatzweise so etwas wie Disziplin beizubringen vermochte. Bis jetzt hatte noch keine gewonnen, wofür Jacop seinem Schöpfer laut dankte und ein ums andere Mal für reichlich Unordnung auf der Kopfhaut sorgte. Das Interesse war entsprechend unvermindert groß, und wer sich einmal in der roten Hecke verfangen hatte, lief Gefahr, im hellblauen Wasser seiner Augen endgültig allen Boden unter den Füßen zu verlieren.
Heute allerdings, angeknurrt von seinem Magen, zog Jacop es vor, sich mit einem alten Fetzen zu bedecken, der nicht mal in seinen besten Zeiten den Namen Kapuze verdient hatte, und den Wunsch nach weiblicher Ge sellschaft hintanzustellen. Kurzfristig wenigstens.
Der Geruch teuren holländischen Käses stieg ihm in die Nase. Schnell drängte er sich zwischen den geschäftigen Ständen hindurch und versuchte, ihn zu ignorieren. Er konnte sich lebhaft vorstellen, wie die Mittagssonne die oberste Schicht des Anschnitts schmolz, so daß sie von einem fetten Glanz überzogen war. Welcher Teufel auch immer den Duft geradewegs zu ihm herüberlenkte, auf dem Käsemarkt war augenblicklich zu viel los für einen schnellen Griff.
Der Gemüsemarkt gegenüber bot da schon bessere Möglichkeiten. Überhaupt war die nördliche Seite des Forum Feni geeigneter, ohne Geld einzukaufen, weil sich hier die unterschiedlichsten Fluchtmöglichkeiten auftaten. Man konnte zwischen den Haufen der Kohlenhändler und dem Salzmarkt, wo das Forum in die Passage zum Alter Markt mündete, in tausend Gassen verschwinden, etwa zwischen den Häusern der Hosenmacher und der Brothalle hindurch, dann hoch zu den Hühnerständen und in die Judengasse. Andere Möglichkeiten boten sich zum Rhein hin. Die Salzgasse oder besser noch die Lintgasse, wo sie draußen Körbe und Seile aus Lindenbast flochten und die Fischverkäufer vor der Ecke Buttermarkt ihre offenen Buden hatten. Weiter zum Ufer hin lagen die Salmenbänke. Hier, im Schatten der mächtigen Klosterkirche Groß St. Martin, begann der eigentliche Fischmarkt und Köln nach Hering, Wels und Aal zu stinken, so daß die Verfolger spätestens an dieser Stelle umkehrten, die ehrwürdigen Brüder der Martinskirche arg bedauerten und Gott den Herrn gnädig priesen, daß sie ihre Waren nicht am Rheinufer feilbieten mußten.
Aber Jacop wollte keinen Fisch. Er haßte den Geruch, den Anblick, einfach alles daran. Nur Lebensgefahr konnte ihn so weit bringen, über den Fischmarkt zu laufen.
Er drängte sich zwischen Gruppen schnatternder Mägde und Schwestern von der
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