Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Titel: Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
Vom Netzwerk:
verdammich! Er kann uns nicht entwischt sein! Wir hätten ihn sehen müssen.«
    »Der Karren hat uns aufgehalten«, sagte der Dritte beschwichtigend. »Gehen wir. Soll er am jüngsten Tage sehen, was er davon hat.«
    »Nein!« Der erste Sprecher hatte sich einen Ärmel zerrissen, als er über den Wagen gesprungen war. Seine Augen sprühten vor Zorn. »Jemand muß ihn gesehen haben.«
    Er stapfte die Bach hinauf, von seinen Begleitern widerwillig gefolgt. Die Straße entsprach dem Verlauf des Duffesbachs entlang der alten Römermauer. Hier waren sie im Viertel Oursburg. Sie fragten verschiedene Bürger, bis sie den Waidmarkt erreichten. Niemand wollte den Rotschopf gesehen haben.
    »Lassen wir's«, sagte einer. »Mir jedenfalls ist nichts gestohlen worden.«
    »Nie und nimmer!« Der mit dem zerrissenen Wams sah sich wild um. Sein Blick fiel auf eine junge Frau, die am Bach kniete und ein riesiges, blaugefärbtes Tuch darin wässerte. Sie war auf seltsame Weise hübsch, mit einer leicht schiefen Nase und aufgeworfenen Lippen. Er stellte sich vor sie hin, ließ die Brust schwellen und trompetete:
    »Wir suchen einen Dieb, der ungeheuren Schaden angerichtet hat.« Sie sah zu ihm hoch, nicht sonderlich interessiert, und widmete sich wortlos wieder ihrem Tuch. »Wollt Ihr uns behilflich sein«, donnerte er, »oder müssen wir Euch mit dem Gefühl verlassen, daß man hier den Taugenichtsen Schutz gewährt?«
    Die Frau machte ein erschrockenes Gesicht und riß die Augen auf. Dann holte sie tief Luft, was angesichts ihres Brustumfangs reichte, um den selbsternannten Inquisitor alle Diebe der Welt vergessen zu lassen, stemmte die Arme in die Hüften und rief:
    »Welch eilfertige Unterstellung! Hätten wir einen Dieb gesehen, säße er längst im Weckschnapp.«
    »Da gehört er auch hin! Er hat mir das Wams zerrissen, ein halbes Pferd gestohlen, ach, was sage ich, ein ganzes, ist darauf hinfortgeritten, und es sollte mich nicht wundern, wenn er unterwegs den einen oder anderen ermordet hat.«
    »Unglaublich!« Die Frau schüttelte in ehrlicher Entrüstung den Kopf, was zur Folge hatte, daß Massen dunkelbrauner Locken hinund herflogen. Angesichts dessen fiel es dem Befrager immer schwerer, sich auf die Angelegenheit der Verfolgung und Ergreifung zu konzentrieren. »Wie sieht er denn aus?« hakte sie nach.
    »Feuerrote Mähne.« Der Mann schürzte die Lippen. »Nebenbei, seid Ihr nicht mitunter sehr alleine hier am Bach?« Ein honigsüßes Lächeln breitete sich auf den Zügen der Frau aus. »Aber sicher.«
    »Nun ja –« Er legte die Fingerspitzen aufeinander.
    »Wißt Ihr«, fügte sie hinzu, »manchmal denke ich, es wäre schön, jemanden zu haben, der einfach dasitzt und mir zuhört. Denn wenn mein Gatte, Ihr müßt wissen, er ist ein angesehener Prediger der Dominikaner, auf der Kanzel spricht, dann bin ich ganz alleine. Sieben Kinder habe ich geboren, aber sie treiben sich rum und suchen wohl die anderen fünf.«
    »Was?« stammelte der Mann. »Welche anderen fünf? Ich denke, Ihr habt sieben.«
    »Sieben aus der ersten Ehe. Mit dem Kanonikus sind's nochmal fünf, macht gemeinschaftlich zwölf hungrige Mäuler und nichts zu essen, denn glaubt ja nicht, daß das bißchen Färberei was abwirft.« Sie schaffte es, noch strahlender zu lächeln. »Nun frage ich mich, ob es sinnvoll wäre, dem Antoniter den Laufpaß zu erteilen.«
    »Äh – war's nicht eben noch ein Dominikaner?«
    »Ja, vorhin. Aber jetzt spreche ich von meinem Antoniter. So ein schlapper Hund! Wenn ich dagegen Euch betrachte –« »Nein, wartet.« »Ein Mann von Eurer Größe, gebaut wie ein Heiliger, ein Quell der
    Weisheit, ganz anders als der Weinhändler, mit dem ich –«
    »Ja, gewiß. Habt einen guten Tag.« Der Mann beeilte sich, seinen Kameraden zu folgen, die kopfschüttelnd zurück in Richtung Kornpforte gegangen waren. »Und solltet Ihr den Dieb sehen«, rief er ihr im Davonlaufen zu, »dann bestellt ihm – also, sagt ihm – fragt ihn –«
    »Was, edler Herr?«
    »Genau. Genau das.«
    Sie blickte den Dreien nach, bis sie verschwunden waren.
    Dann mußte sie furchtbar lachen.
    Ihr Lachen war lauter als die Glocken von St. Georg. Nach einer Weile taten ihr die Seiten weh, und die Tränen liefen ihr übers Gesicht, so daß sie kaum sah, wie sich das blaue Tuch aus den Fluten erhob, abgestreift wurde und ein tropfnasser, verzweifelt nach Luft japsender Jacop der Fuchs zum Vorschein kam.
    Richmodis von Weiden
    »Ihr seid also ein Dieb?«
    Jacop

Weitere Kostenlose Bücher