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Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi

Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi

Titel: Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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und man in dieser heiligen Nacht allen
Streit begraben sollte. Was meinen Sie?«
    Das Weihnachtsvirus, dachte ich spontan. Ich hatte es für ein
Phantom der Festtagspresse gehalten, aber hier hatte ich es zum ersten Mal live
am Telefon. Somit war ich eigentlich verpflichtet, den Anruf dem Ordnungsamt zu
melden. »Also gut, wir werden sehen, ob wir es einrichten können«, sagte ich.
    Es war der Tag vor Heiligabend, zehn Uhr fünfzehn. Sobald ich
losgefahren war, hatte es aufgehört zu regnen, zwischen den Wolken kam die
Sonne hervor, und die Temperaturen kletterten in die Nähe der Zehn-Grad-Marke.
Ein Schlüsselreiz, der Menschen vom niederländischen Utrecht bis zum
ostwestfälischen Minden, von Osnabrück bis Wuppertal dazu veranlasste, in die
Stadt zu strömen und alles normale Leben zum Erliegen zu bringen. Sich so zu
benehmen, als hätten sie nicht sämtliche zurückliegenden Wochenenden ausschließlich
damit verbracht, in Innenstädte zu strömen und Geschenke einzukaufen.
Vergeblich versuchten die Medien, den Menschen-Tsunami aufzuhalten, indem sie
vor einer pandemischen Verbreitung des Weihnachtsvirus warnten – die Stadt
platzte aus allen Nähten. Und freie Parkplätze gab es schon gar nicht.
    Also stellte ich den Wagen kurzfristig in zweiter Reihe auf dem
Hansaring ab und bahnte mir von da aus einen Weg zur Speicherstadt, in der sich
Susann Bolzenius’ Loft befand. Dieses Mal war mir das Glück nicht mehr hold.
»Wer ist da?«, erkundigte sich eine Stimme durch die Gegensprechanlage. Sie
gehörte Laurenz, dem tückischen Kobold. Er würde mich nie und nimmer
hereinlassen.
    » UPS «, sagte ich. »Ich habe ein Paket
für eine Frau Bolzenius.«
    »Warten Sie, ich komme herunter.«
    Das tat ich. Sobald der Zwerg auf der Bildfläche erschien, griff ich
zu und rammte ihn gegen die Hauswand.
    »Sie …?«, sagte er nur und schluckte.
    »Das war cool, der Trick mit dem Austritt«, zischte ich. »Zwar
schäbig und hinterrücks, aber cool. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder
du führst mich zu deiner Herrin, oder ich schleppe dich in den dritten Stock
und werfe dich eigenhändig in den Kanal. Wenn ich eine Empfehlung abgeben darf:
Ich rate zum zweiten Vorschlag.«
    Laurenz sagte nichts, schien aber die erste Option zu wählen.
Während der Fahrt im Lift versuchte er, mich mit seinem bösen Blick zu
durchbohren, mehr hatte er nicht zu bieten. Oben angekommen, schubste ich ihn
in die Wohnung.
    »Wie oft habe ich dir schon gesagt, du sollst die Schwelle
beachten!«, schimpfte die Autorin von »Mamas Muschi«, dann erst bemerkte sie
mich. Ihr Blick gefror. »Was hat das zu bedeuten?«
    »Mordermittlung«, sagte ich. »Zwecks Beweisaufnahme muss ich in Ihr
Badezimmer.«
    Frau Bolzenius, die ich offenbar beim Frühstück gestört hatte,
schüttelte nur den Kopf zum Zeichen, dass sie mich für durchgeknallt hielt.
    Ohne ihre Antwort abzuwarten, ging ich zur Badezimmertür und
rüttelte daran. »Einen Moment!«, kam es von drinnen. Dann drehte sich der
Schlüssel. Heraus kam Ottmar, so wie früher in seinen Schlabberklamotten, aber
mit einer Zahnbürste in der Hand. »Das ist ja eine Überraschung«, begrüßte er
mich. »Na, wie sehe ich aus?« Er posierte in einer sackartigen grauen Jacke.
»Hab gleich noch einen Termin. Occupy Münster. «
    »Perfektes Outfit«, meinte ich. »Vielleicht ein bisschen zu
perfekt.«
    »Willst du mit uns frühstücken?«
    »Woher kennst du den Kerl, Papa?«, erkundigte sich Susann kühl.
    »Das ist eine lange Geschichte.« Noteboom grinste vielsagend.
»Kaffee oder Tee?«
    »Weder noch«, fuhr Susann dazwischen. »Der Mann verlässt sofort die
Wohnung, sonst rufe ich die Polizei.«
    Ich warf einen Blick in die Dusche. »Wo ist das Kostüm?«
    »Welches Kostüm?«
    »Das vom Geist der Weihnacht. Gestern hing es in der Dusche.«
    »Laurenz, würdest du diesem Herrn unverzüglich die Tür zeigen«,
verlangte Frau Bolzenius, auch sie im Bademantel, einem, der kurz genug war,
ihre wohlgeformten Beine zur Geltung zu bringen.
    »Jetzt gehen Sie schon«, bat der Kleine.
    »Erst will ich das Kostüm. Das ist ein Beweismittel.«
    »Wofür denn?«
    »Es passt alles zusammen«, sagte ich und fläzte mich an den
Frühstückstisch. »Eine ebenso gut aussehende wie skrupellose Frau will ganz
nach oben. Aber nicht nur sie, sondern auch ihr Papa wünscht sich das mehr als
alles andere auf der Welt. Denn er hasst seinen Bruder wie die Pest und
verzeiht ihm nicht, dass er ein populärer Politiker

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