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Tod von Sweet Mister

Tod von Sweet Mister

Titel: Tod von Sweet Mister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Woodrell
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Fluss lag, der sich zwischen die Felswände geschnitten hatte. Der Fluss fing das Sonnenlicht ein und spiegelte es golden zurück. Dann rückten die Wälder wieder näher, wie ein Tunnel, bis wir bergab fuhren und an eine schwarze Skelettbrücke kamen, mit einem Boden aus breiten, blassen Holzbohlen, die hüpften, als wir darüberfuhren. Auf einem Schild stand
Twin Forks River
.
    »Ich glaub, ich hab den Fluss seit drei Jahren oder noch länger nicht gesehen«, sagte Patty.
    »Und, hat er sich verändert?«
    »Nein, warum? Nein.«
    »Dann hast du ja nichts verpasst.«
    Hinter der Brücke war die Straße nur noch Schotter. Der Wald in dieser Gegend war ausgedünnt worden, das Gras geschnitten. Ein paar Picknicktische standen herum, eine Wasserpumpe und ein Plumpsklo. Red spuckte auf diesen Rest von Zivilisation und fuhr auf einen schmalen Weg mit tiefen Furchen. Der Weg war nur ein Fahrzeug breit, und hohes Unkraut beugte sich vor, um an dem Pick-up zu kratzen, als wir vorbeifuhren. Schließlich öffnete sich der Weg zu einem flachen Flussufer aus kleinen Steinen, von dem aus man auf hohe, misstrauische Felswände auf der anderen Seite blickte.
    Ein großer dunkler Vogel mit langem blassem Hals flatterte laut schimpfend vom Wasserrand auf und flog flügelschlagend die Schlucht entlang.
    Red hielt auf den Steinen an, in Richtung der Felswände.
    »Greif mal ins Handschuhfach, Baby, und gib mir eine Nembutal.«
    »Nur eine?«
    »Für den Augenblick.«
    Der Fluss, der zu meinen Füßen vorbeifloss, hörte sich an wie eine Gruppe hübscher Frauen, die in der Nähe freundlich miteinander flüsterten, und ich kam mir willkommen vor. Ich warf abgebrochene Äste ins Wasser und sah zu, wie sie fröhlich flussabwärts trieben und verschwanden. Das Wasser bewegte sich ziemlich schnell, die Wellen erinnerten mich an Kuchenglasur, und die Steine, die ich warf, sprangen nicht besonders toll. Der Geruch war so ähnlich wie bei Quellwasser, nur dass die Pflanzen und Fische ihm noch etwas hinzufügten.
    Das Angelzeug war nicht zu gebrauchen. Red und Patty kauerten auf den Steinen und versuchten mit Zigaretten zwischen den Lippen, das Gewirr zu entknoten.
    »Das hat alles Dave gehört«, erklärte sie. »Hat er nicht mitgenommen, als er abgehauen ist.«
    »Ich glaub, ich brauche ein Bier, um Daves Mist auseinanderzukriegen.«
    »Kommt.«
    Auf den Steinen lagen Fischköpfe herum. Die Augen waren herausgepickt und die Haut abgenagt. Die Sonne hatte die Kopfstücke zu einem schönen, unheimlichen Weiß gebleicht. Sie fühlten sich ganz leicht an und flogen nicht weit, wenn man sie warf.
    »Red, Schätzchen«, sagte sie, »ich glaube nicht, dass du auf einem Fluss Schwimmer brauchst.«
    »Ich mag aber Schwimmer.«
    »Aber auf einem Fluss, weißt du, da hüpfen die nur die ganze Zeit auf und ab. Wegen der Strömung. Und wenn sie die ganze Zeit hüpfen, dann helfen sie dir auch nicht weiter.«
    »Schwimmer und Köder, das ist alles, was ich über dieses Scheißangeln weiß. Ich hatte nie jemanden, der es mir gezeigt hat. Ich hab das erste Mal mit vierzehn gesessen. Da bringen sie einem nicht gerade das Angeln bei. Außerdem, wen kümmern schon die beschissenen Fische?«
    Sie beugte sich vor, rieb ihm den Nacken und sagte: »Ich mag sie paniert. Mit Kartoffelpuffern.«
    »Weißt du, was ich mag? Ich mag Nembutal – hol mir noch eine.«
    Dann kam der Köder an die Reihe.
    »Gib mir dein Messer, Junge«, sagte Red. »Wir besorgen uns mal schnell ein paar Würmer.«
    Ich zog mein Messer aus der Tasche und klappte die Klinge auf. Ich hielt es fest. Das Messer war mal seins gewesen, vor Jahren. Die Klinge war dünn und glänzte. Ich hielt sie dreißig Zentimeter von seinem Bauch entfernt, und er grinste mich an, ein langsames, schales Grinsen, dann nahm er mir das Messer aus der Hand.
    »Schöne alte Klinge«, sagte er. »Natürlich ist der Punkt dabei, dass man auch den Mumm haben muss, sie zu benutzen.«
    Da, wo das Kieselufer endete, fing gleich der Wald an. Zwischen Steinufer und Baumlinie lag eine schmale Kante Erde, wie eine Falte. In der strahlenden Sonne sahen die Steine richtig wertvoll aus. Die Erdkante war ausgewaschen und braun. Sie war weich und zerfiel, wenn man drauftrat.
    Red kniete auf der Erde und stach auf sie ein. Dieser Teil des Angelns gefiel ihm. Er drehte die Klinge, stach zu, zog sie heraus, schaufelte Erde aus der Erhebung, stach immer wieder zu, so als würde er einen Nachtwächter abstechen. Nur dass er hier nicht mit

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