Tod vor der Morgenmesse
Mugrón, dem Kaufmann.«
Sie nahmen die Satteltaschen von den Tieren, und Fidelma wies ihren Reisegefährten den Weg zum
hospitium
.
Bruder Cú Mara hatte bereits alles in Bewegung gesetzt; Klosterangehörige eilten geschäftig hin und her.
»Du bist reichlich hart mit dem Verwalter umgegangen«, sagte Eadulf zu Fidelma mit vorwurfsvollem Blick, als sie sich dem Gästehaus näherten.
»Nicht härter, als er es verdient hat. Es gibt noch viel zu tun, nicht zuletzt will ein Mörder gefaßt sein.«
Sie wandte sich den anderen zu – Schwester Easdan, Esumaro und dem Krieger Socht; das war ein alter Name, er paßte gut zum Wesen des Mannes, denn er bedeutete soviel wie »Schweigen«.
»Ihr habt gehört, wie ich dem Verwalter mitteilte, daß ihr alle unter
urgarad
steht, einer Schweigepflicht, die euch verbietet, auch nur das geringste zu sagen, solange ich euch nicht von dieser Pflicht entbinde. Euch ist hoffentlich klar, daß das ein ernst zu nehmendes Verbot ist?«
Schwester Easdan und Socht nickten sofort, aber Esumaro |364| mußte sie die Sache erklären. Als Gallier wußte er nicht, was es damit auf sich hatte.
»Paß auf, ich möchte, daß von all dem, was du erlebt hast, kein Wort an die Ohren der Leute hier im Kloster dringt, und zwar solange, bis wir wissen, daß es Conrí gelungen ist, die anderen Gefangenen auf der Seanach-Insel zu befreien und Olcán samt seinen Mannen gefangenzunehmen.«
Nun hatten alle verstanden.
»Wir sind uns also einig? Eine Sache noch, Socht«, wandte sie sich dem Krieger zu. »Wir befinden uns zwar auf Klostergelände, das heißt aber noch lange nicht, daß wir sicher sind. Ich befürchte, daß hier Böses vorgeht, nicht minder schlimm, als auf der Seanach-Insel. Halt also deine Waffen griffbereit und schlafe nicht allzu fest.«
»Geht in Ordnung, Lady.«
»Das gilt für einen jeden von euch«, fügte sie noch hinzu. »Seid wachsam.«
Sie hatte ihre Rede kaum beendet, da betrat Schwester Sinnchéne das Gästehaus. Sie kam mürrisch daher, und als sie Schwester Easdan sah, huschte ein Ausdruck des Mißfallens über ihr Gesicht. Ganz offensichtlich wußte sie bereits durch den Verwalter Bescheid.
»Das Bad ist für dich und Schwester Easdan bereitet«, verkündete sie. »Der angelsächsische Bruder, der Fremde und der Krieger müssen noch warten.«
Fidelma erwiderte ihren griesgrämigen Blick mit einem Lächeln.
»Ich weiß, Schwester Sinnchéne. Die Gegebenheiten im
hospitium
sind bescheidener Natur; getrennte Einrichtungen für Männer und Frauen, so daß sie gleichzeitig ein Bad nehmen könnten, stehen nicht zur Verfügung.«
Nur Eadulf bemerkte, daß sie leicht spöttelte.
|365| Stumm und steif stand die Wärterin des
hospitium
da; vermutlich ging ihr die letzte Begegnung mit Fidelma durch den Kopf.
»Nun gut«, meinte Fidelma und erhob sich. »Schwester Easdan und ich werden zuerst unser Bad nehmen.«
»Und ich werde inzwischen ein Nickerchen machen«, erklärte Eadulf und ließ sich ächzend auf eins der Betten fallen. »Zwei Dinge habe ich mir auf dieser Reise geschworen – erstens, niemals wieder ein kleines Boot zu besteigen, schon gar nicht, wenn es auf See geht, und zweitens, einen Pferderücken zu meiden, wenn ich auch auf meinen zwei Beinen laufen kann.«
Erstaunt sah ihn Socht an, war aber weise genug, auf einen Kommentar zu verzichten.
Etwas später, als alle gebadet und gegessen hatten und sich wieder frisch fühlten, wanderten Fidelma und Eadulf durch das Klostergelände zu den Räumlichkeiten des Abts. Sie hatten die anderen im
hospitium
zurückgelassen, und Fidelma hatte ihnen noch einmal dringend ans Herz gelegt, den Mund zu halten, falls jemand versuchen sollte, etwas von ihnen in Erfahrung zu bringen.
Sie fanden Abt Erc auf seinem Zimmer. Trübsinnig starrte er ins flackernde Feuer. Hinter ihm stand Bruder Cú Mara, die schlechte Laune in Person.
Der Abt wendete ihnen sein strenges Gesicht zu und bat sie, näher zu treten und sich zu setzen.
»Mein Verwalter hat mir von eurer Ankunft sowie von der einer unserer vermißten Schwestern und eines Fremden berichtet. Fürst Conrí, heißt es, sei nicht mit zurückgekehrt. Wie erklärt sich das?«
»Bald wirst du es erfahren«, erwiderte Fidelma leichthin.
Das strenge Gesicht wurde noch eine Spur strenger.
|366| »Mein Verwalter hat mir weiterhin mitgeteilt, daß du seinen Fragen eine Antwort verweigerst, daß du offensichtlich aus deiner Reise und was du unterwegs erreicht hast, ein Geheimnis
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