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Tod vor der Morgenmesse

Tod vor der Morgenmesse

Titel: Tod vor der Morgenmesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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von einem anderen – deinem sogenannten ›Meister‹. Ist dem nicht so?«
    Olcán lachte rauh auf.
    »Kannst ja versuchen, seiner habhaft zu werden und ihn dann selber fragen. Aber das dürfte dir schwerlich gelingen.«
    Fidelma zwang sich, die Ruhe zu bewahren.
    »Was ich dir deutlich machen will, ist, daß man mit dir milder verfahren wird, wenn du sagst, wer dir die Befehle erteilt hat.«
    »Der Anführer des Wolfsrudels wird seinen Fürsten nicht verraten.«
    Irgend etwas an seiner Wortwahl machte sie stutzig, aber ehe sie etwas äußern konnte, rief Conrí: »Olcán! Olcán, der Wolf! Ich habe schon mal von dir gehört!« Trotz Fidelmas warnenden Blicks redete er aufgeregt weiter und erklärte ihr: »Dieser Mann war der Kopf einer Räuberbande, als Eoganán noch die Uí Fidgente regierte. Sie nannten sich ›Wolfsrudel‹.«
    Er merkte, daß Fidelma in ihrem Verhör nicht unterbrochen werden wollte, und verstummte.
    |391| Olcán grinste teuflisch. Ganz offensichtlich war er stolz auf seinen Ruf.
    »Ist das der Grund, weshalb du auch noch heute Weisungen ausführst, die von Uaman dem Aussätzigen kommen?« fragte Fidelma ruhig.
    Die Frage überraschte ihn, doch fiel es Fidelma nicht auf, denn schon im nächsten Moment hatte er sich wieder in der Hand und grölte los.
    »Du weißt wohl nicht, Frau von Cashel, daß Uaman tot ist? Im Monat
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ist er umgekommen.«
    »Und deshalb gehen wir davon aus, daß sein ruheloser Geist dich durch die Täler des Sliabh Mis begleitet.«
    »Es ist schwer möglich, Befehle von einer Geistererscheinung aus dem Jenseits entgegenzunehmen. Aber keine Angst. Die Nachkommenschaft des Eoganán wird die Uí Fidgente erneut gegen Cashel führen, und zwar sehr bald.«
    »Das dürfte schwierig sein«, mischte sich Conrí höhnisch ein. »Die wahren Uí Fidgente folgen keinen Geistern oder Stimmen aus dem Jenseits.«
    Olcán ließ sich nicht erschüttern.
    »Sie werden bald eine Stimme hören. Eine Stimme, die nach Rache für unser Volk ruft. Beileibe keine Stimme aus dem Jenseits.«
    »Deine Lage ist nicht dazu angetan, starrköpfig zu sein, Olcán«, warnte ihn Fidelma.
    Er schwieg; das hieß jedoch nicht, daß sein Widerstand gebrochen war.
    Mit einem tiefen Seufzer gab Fidelma ihren Widerwillen zu erkennen und stand auf.
    »Wie du willst, Olcán, Anführer des Wolfsrudels. Allzu lange kannst du unsere Geduld nicht strapazieren. Du wirst dich für eine Menge verantworten müssen, denn da kommen |392| viele Verbrechen zusammen. Ich wiederhole, entweder du machst dir dein weiteres Leben zusätzlich schwer oder etwas leichter, du hast die Wahl. Deine Zukunft sieht düster aus …«
    Streitlustig blickte er auf. »Und deine Zukunft, die Zukunft der ganzen Brut der Eoghanacht von Cashel, wird ausgelöscht. Die Uí Fidgente werden sich auf ihr Rückgrat besinnen und sich gegen euch erheben … Trotz deines Schoßhündchens da – er zeigte auf Conrí –, trotz tausend treuloser Uí Fidgente, wie er einer ist. Sie werden den Lauf des Flusses, den wir haben wieder anschwellen lassen, nicht ändern. Die Uí Fidgente werden nicht nur das verlorene Land zurückerobern, sie werden auch Anspruch auf Cashel erheben und über Cashel hinaus auf Tara, den Sitz des Hochkönigs. Der Meister hat es prophezeit, und so wird es geschehen.«
    Möglicherweise hatte er das Gefühl, zu viel gesagt zu haben, denn er verfiel wieder in sein Schweigen und starrte wie am Anfang ausdruckslos ins Leere.
    Nach einer Weile bedrückender Stille ergriff Fidelma erneut das Wort.
    »Also gut, Olcán. Wir gehen jetzt. Dir bleibt eine Nacht Zeit, dir die Sache zu überlegen. Solltest du dich für die harte Gangart entscheiden, kann ich dir schon jetzt sagen, daß es härter kommen wird, als du annimmst. Morgen früh suche ich dich noch einmal auf. Bis dahin kannst du deine Zukunft überdenken. Du solltest dir bewußt machen, wie immer deine Vorhersage über meine Zukunft und die von Cashel auch ist, die deinige kommt mit Sicherheit, und du wirst nicht erleben, daß sich die Prophezeiung deines Meisters erfüllt.«
    Olcán verharrte in seiner Teilnahmslosigkeit.
    Draußen, nachdem sie die Zellentür verschlossen und den Schlüssel wieder an seinen Platz gehängt hatten, sah Conrí sich gemüßigt, Fidelma eine Erklärung abzugeben.
    |393| »Ich erinnerte mich urplötzlich, den Namen des Mannes schon mal gehört zu haben. Ich bin ihm nie persönlich begegnet, auch war er nicht in der Schlacht von Cnoc Áine dabei, aber

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