Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod vor der Morgenmesse

Tod vor der Morgenmesse

Titel: Tod vor der Morgenmesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
an eine Geschichte von früher denken«, erwiderte sie.
    »Und diese Streitgespräche führten zu keinen Feindseligkeiten?« fragte Eadulf.
    »Durchaus nicht«, versicherte der Abt. »Der Ehrwürdige Mac Faosma hat an vielen teilgenommen. Du kannst ihn befragen.«
    Fidelma horchte auf. »Der Ehrwürdige Mac Faosma von Magh Bhile? Willst du damit sagen, daß er hier in der Abtei wohnt?«
    »Ja, er lebt hier. Kennst du ihn?« fragte der Abt verwundert.
    »Nicht von Angesicht zu Angesicht, aber ich habe von ihm gehört. Man spricht von ihm mit der gleichen Ehrerbietung wie von dem Ehrwürdigen Cináed. Es ist erstaunlich, daß ihr zwei so große Philosophen hier im Kloster habt … hattet.«
    Der alte Abt machte eine abwehrende Handbewegung. »Ard Fhearta ist die Heimstatt vieler guter Gelehrter«, betonte er.
    |69| »Selbstverständlich«, bestätigte Fidelma lächelnd. »Aber was hat einen Mann vom Königreich Ulaidh hierher ins Land der Uí Fidgente gezogen?«
    Wieder sprang Bruder Cú Mara für seinen Abt ein.
    »Der Ehrwürdige Mac Faosma kam vor drei Jahren her. Dies war die Gegend, in der er geboren wurde. Er erfuhr seine Ausbildung hier, und später blieb er bei der
peregrinatio pro Christo
an Finnians berühmter Schule in Magh Bhile. Er ist hierher zurückgelehrt, um den Rest seiner Tage in seiner Heimat zu verbringen und über die Geheimnisse des Glaubens zu meditieren.«
    »Er lehrt hier also nicht?«
    »Bisweilen tut er es. Wie der Abt schon sagte, er hat an vielen Disputationen teilgenommen und auch oft genug den Vorsitz geführt.«
    »Wie war sein Verhältnis zum Ehrwürdigen Cináed?«
    Bruder Cú Mara fühlte sich unbehaglich und sah zum Abt.
    »Er war nicht mit allem einverstanden, was Cináed lehrte.«
    Die Wortwahl belustigte Fidelma, und sie verheimlichte es nicht. »Demnach ging es ihm wie deinem Abt, wie wir eben hörten. Das kann ich mir gut vorstellen. Mit den Auffassungen des Ehrwürdigen Cináed zum Monotheismus und seiner Ablehnung der dreieinigen Gottheit konnte er schwerlich konform gehen. Sie sind dem Ehrwürdigen Mac Faosma ein Greuel gewesen.«
    Ihre Kenntnisse setzten Abt Erc in Erstaunen, er ließ jedoch zu, daß sein Verwalter für ihn antwortete.
    »Es gab durchaus einige heftige Auseinandersetzungen …« bestätigte der junge Mann, merkte, daß der Abt die Stirn kraus zog und fügte rasch hinzu: »… lebhafte Dispute zwischen den beiden, meine ich.«
    |70| Eadulf bemühte sich ernst zu bleiben. »Darf man daraus die Schlußfolgerung ziehen, daß nicht jedermann hier den Ehrwürdigen Cináed in gänzlich ungetrübtem Licht sah?«
    »Was willst du damit sagen, Bruder?« herrschte ihn der Abt verärgert an. »Daß der Ehrwürdige Mac Faosma ihn wegen Nichtübereinstimmung in Fragen der heiligen Dreifaltigkeit umgebracht hätte?«
    »Die Wortwahl ›heilige Dreifaltigkeit‹ läßt ahnen, daß auch du deine Probleme mit dem Ehrwürdigen Cináed und seiner Haltung zum Monotheismus hattest.« Fidelma hatte insgeheim ihren Spaß daran, den gestrengen Abt etwas zu reizen.
    Die Wirkung blieb nicht aus. »Was soll das? Cináed war mein Freund. Man kann doch wohl unterschiedlicher Auffassung sein, ohne sich zu Tätlichkeiten hinreißen zu lassen.«
    »Das sollte unser aller Streben sein«, pflichtete ihm Fidelma bei. »Nur findet es die Menschheit oft einfacher, Unstimmigkeiten zu bereinigen, indem man dem Widersacher zeigt, wer der körperlich Stärkere ist. Gibt es nicht die Redewendung ›Es gehet Gewalt über Recht‹?«
    »Du glaubst allen Ernstes, daß der Ehrwürdige Cináed ermordet wurde, weil sich jemand nicht mit seinen Lehrauffassungen abfinden konnte?«
    »Das habe ich nicht gesagt«, entgegnete Fidelma. »Wie derum , ganz von der Hand zu weisen ist ein solcher Gedanke nicht. Doch bevor wir die verschiedenen Möglichkeiten ausloten, müssen wir alle Fakten gesammelt haben. Die Fakten sind es, auf die ich Wert lege.« Sie machte eine Pause. »Wer waren Cináeds Freunde in der Abtei?«
    Der junge
rechtaire
beeilte sich mit einer Antwort. »Mit dem Ehrwürdigen Cináed stand jeder auf freundschaftlichem Fuß.«
    |71| »Er war recht beliebt und ein Mann, der trotz seiner Stellung als Gelehrter bescheiden auftrat und für jedermann zugänglich war, vom Kuhhirten bis zu den ihm gleichgestellten Lehrern«, ergänzte der Abt.
    »Ich wollte etwas über seine wirklichen Freunde hören«, mahnte ihn Fidelma ungeduldig.
    Der Abt zuckte mit den Achseln. »Natürlich war ich ein Freund von

Weitere Kostenlose Bücher