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Tod vor der Morgenmesse

Tod vor der Morgenmesse

Titel: Tod vor der Morgenmesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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euch beiden, von Cináed und auch von dir?«
    »Das ist schon richtig, aber wir wollten nicht, daß sie für Unruhe sorgt, die Brüder auf die Suche schickt und es zur Konfrontation vor allen kommt. Abt Erc ist genau wie der Ehrwürdige Mac Faosma. Am liebsten würde er die alten Gesetze über Bord werfen und die Gesetze des Neuen Glaubens einführen. Einige sollen das ja schon gemacht haben.«
    »Du meinst die Büßermönche?«
    Das Mädchen nickte.
    »Und was geschah dann?«
    »Es wurde spät, Cináed stand auf und sagte, er würde mich auf dem Fest der heiligen Íte sehen, das auf den nächsten Tag fiel. Es findet alljährlich in der kleinen Kapelle statt.«
    »Machte er einen völlig normalen Eindruck?«
    »Was meinst du damit? Er war bei guter Gesundheit, ja.«
    |181| »Auch guter Dinge?«
    »Er war in bester Laune, sprach über eine neue Arbeit, die er auf Latein geschrieben hatte und meinte, er würde Mac Faosma damit gegen sich aufbringen. Sie waren Feinde. Feinde, die mit dem Federkiel gegeneinander kämpften. Er vertrat einen Standpunkt, Mac Faosma erwiderte, und dann ging das hin und her. Viel verstanden habe ich davon nie. Aber es war Teil seines Lebens, versetzte ihn immer wieder in gute Laune, und auch den Abend lachte er vor sich hin und ging … und …«
    Sie fing an zu schluchzen, heftig hoben und senkten sich die Schultern. Fidelma wußte nicht recht, was sie tun sollte, aber da faßte sich das Mädchen wieder und trocknete rasch die Tränen.
    »Verzeih. Ich dachte, ich hätte es geschafft. Doch hin und wieder überkommt es mich immer noch. Mir fehlt Cináed sehr.«
    »Als wir gestern hier eintrafen, hast du auch geweint. Seinetwegen?«
    Sie nickte nervös.
    »Mehr kann ich dir nicht sagen. Er war in guter Stimmung, als er ging. Ich sah ihm noch von der Tür aus nach, wie er im Dunkeln verschwand.«
    Fidelma beobachtete sie ernst, als sie die nächste Frage stellte. »Und du bist dir ganz sicher, daß du ihn nicht noch einmal gesehen hast … Vor seinem Tod, meine ich?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Du bist ihm nicht später in der Kapelle begegnet?«
    Schwester Sinnchéne wurde rot und setzte sich zur Wehr. Fidelma nahm das angebrannte Papier aus der Tasche und legte es vor sie hin.
    »Du hast das hier nicht geschrieben?«
    |182| Sie verzog das Gesicht.
    »Ich kann nicht schreiben«, antwortete sie einfach. »Da kannst du jeden fragen. Man hat es mir nie beigebracht. Mag es geschrieben haben, wer will, ich jedenfalls nicht.«
    »Gab es jemanden im Kloster, der nichts davon wußte, daß du des Schreibens unkundig bist?«
    Das Mädchen überlegte.
    »Könnte sein«, sagte sie vage. »Mac Faosma wußte es, und Bruder Cú Mara auch. Ist ja auch egal, ich habe Cináed, nachdem er von hier fortgegangen ist, nicht mehr gesehen …«
    Sie hielt inne, die Augen wurden etwas größer. Fidelma entging ihr Verhalten nicht.
    »Dir ist etwas eingefallen?«
    »Er war in der Dunkelheit kaum noch zu erkennen, da gesellte sich ein anderer Schatten zu ihm. Er blieb einen Augenblick stehen, und dann entschwanden beide. Mir war … Mir war, als hörte ich eine erregte Stimme. Eine zornige Stimme.«
    »Hast du die Person, die sich zu ihm gesellte, erkannt?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Am nächsten Tag … Wie hast du von seinem Tod erfahren?«
    »Ich wachte spät auf, es wurde schon hell. Im
hospitium
war niemand, deshalb mußte ich auch nicht zeitig aufstehen. Saubermachen entfiel, vorzubereiten war auch nichts. Aber ich merkte, daß es draußen lebhaft zuging, hörte auch erregte Stimmen. Ich zog mich an, ließ das Waschen und ging raus, wollte nachschauen, was los war. Zuerst dachte ich, Conrí wäre zurückgekehrt, der wegen der Äbtissin Faife nach Cashel geritten war. Wir erwarteten ihn bereits.«
    Sie schwieg.
    »Dann hast du mitbekommen, daß es nichts mit Conrí zu tun hatte. Wie ging es weiter?«
    |183| Die junge Frau verzog das Gesicht.
    »Um die Kapelle hatten sich Leute geschart. Ich erkannte Abt Erc und Bruder Cú Mara und noch ein paar andere. Schwester Buan war auch dort mit tränenüberströmtem Gesicht … Ich ging auf die Menschenmenge zu, und als ich näher kam, drehte sich Schwester Buan blitzschnell um, sah mich und zeigte mit dem Finger auf mich. Sie schrie los: ›Da ist sie! Da ist das Miststück, die hat es getan!‹ So oder so ähnlich. Das Wort ›Miststück‹ fiel mehrfach, sonst war alles unzusammenhängendes Zeug. Schwester Uallann bändigte sie schließlich, beruhigte sie zusammen

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