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Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman

Titel: Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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Schreibtisch war neueren Datums, das Holz der
     Stühle aber schimmerte im Glanz des alten Firnis. Alles war peinlich genau geordnet.
    »Setzen Sie sich bitte.«
    »Ich bin nur gekommen, um Sie zu fragen, ob Sie Smits …
Mr.
Smits Personalausweis haben.«
    »Den habe ich«, sagte sie und öffnete hinter der Tür einen Melaminschrank.
    Er zog sein Notizbuch heraus und blätterte zur Seite, auf der er sich die Nummer notiert hatte.
    |96| Sie nahm eine Pappschachtel heraus und stellte sie auf den Schreibtisch, hob den Deckel hoch und legte ihn mit einer knappen,
     sparsamen Bewegung neben die Schachtel. Sie sah ihn nicht an, sie mied den Blickkontakt. Weil er es
wusste
, dachte er. Weil sie ihm ihr Geheimnis mitteilen musste. Deshalb konnte sie sich seinen Namen nicht merken. Ein Abwehrmechanismus.
    Sie reichte ihm den Ausweis. Es handelte sich um einen der alten, noch mit blauem Einband. Er schlug ihn auf. Jan Smits Foto,
     ein jüngeres Gesicht als das verzerrte Antlitz, das er auf dem nachträglich bearbeiteten Polizeifoto zu Gesicht bekommen hatte.
    Er legte den Finger unter die Nummer und ging sie Ziffer für Ziffer durch. Die Nummer, die er sich notiert hatte, war richtig.
    Er seufzte.
    »Die Meldestelle sagt, seine Nummer gehört jemand anderem. Einer Mrs. Ziegler.«
    »Mrs. Ziegler?«, wiederholte Wilna van As tonlos.
    »Ja.«
    »Was hat das zu bedeuten?«
    »Zweierlei. Entweder ist ihnen ein Fehler unterlaufen, was sehr wahrscheinlich ist. Oder der Personalausweis wurde gefälscht.«
    »Gefälscht?« In ihrer Stimme schwang Angst mit. »Das kann doch nicht sein.«
    »Was sind das für andere Dokumente in der Schachtel?«
    Apathisch betrachtete sie die Schachtel, als hätte sie eine neue Dimension angenommen. »Die Eintragung des Geschäfts und die
     Verträge zu den Gebäuden.«
    |97| »Darf ich sie sehen?«
    Widerstrebend schob sie ihm die Schachtel hin. Er nahm den Inhalt heraus. Durbanville Antikmöbel. 1983 als Personengesellschaft
     registriert. 1984 als Gesellschaft mit beschränkter Haftung registriert. Eine zweite Eintragung? Die Übertragungsurkunde für
     das Geschäftsgebäude von 1983. Die Übertragungsurkunde für das Wohnhaus, ebenfalls von 1983.
    »Die Gebäude waren nicht mit Hypotheken belastet«, sagte er.
    »Oh«, antwortete sie.
    »Sind sie abbezahlt?«
    »Das nehme ich an.«
    »Beide?«
    »Ich … ja, ich denke schon.«
    »Die Geschäftsbücher. Gelddinge. Wer war dafür zuständig?«
    »Jan hat sich darum gekümmert. Und der Rechnungsprüfer.«
    »Hatten Sie Einsicht in die Vorgänge?«
    »Ja, ich hab bei der monatlichen Bilanzerstellung geholfen.«
    »Sind die Unterlagen da?«
    »Ja, alles ist hier.« Ihr Blick schweifte zum weißen Schrank hinter ihr.
    »Darf ich sie sehen?«
    Sie nickte und stand auf. Sie wirkte etwas geistesabwesend, ging ihm durch den Kopf.
    Wieder öffnete sie die Schranktür, weiter diesmal. »Hier sind sie«, sagte sie. Er reckte den Hals. Rechnungsbücher und Akten
     standen, ordentlich aufgereiht, auf zwei Regalbrettern, |98| alle waren mit einem Filzstift mit den Jahreszahlen seit 1983 beschriftet.
    »Darf ich den ersten Packen sehen, bis’86 vielleicht?«
    Vorsichtig nahm sie die Rechnungsbücher heraus und reichte sie ihm. Er schlug das erste auf. Handgeschriebene Zahlenkolonnen
     in den schmalen, blauen und roten Zeilen. Er konzentrierte sich, versuchte ihren Sinn zu entschlüsseln. Datumseinträge und
     Summen, die Beträge waren klein, Zehner, einige Hunderter, aber alles irgendwie chaotisch. Er gab es auf.
    »Können Sie mir erklären, wie das hier funktioniert?«
    Sie nickte, nahm einen langen gelben Stift und benutzte ihn als Zeigegerät. »Das hier sind die Passiva, das die Aktiva. Es
     …«
    »Stopp«, unterbrach er sie. »Das sind die Einnahmen, das Geld, das er bekommen hat?«
    »Ja.«
    »Und das das Geld, das er ausgegeben hat?«
    »Ja.«
    »Und wo ist der Kontostand?«
    Sie blätterte um, deutete mit dem Stift. »Im August 1983 wies die Bilanz einen Betrag von minus 1122,35 Rand aus.«
    »Ist das der Betrag, den er auf der Bank hatte?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Warum wissen Sie das nicht?«
    »Dieser Betrag zeigt nur, dass das Geschäft 1122,35 Rand mehr ausgegeben als eingenommen hat. Der eigentliche Kontostand konnte
     höher oder niedriger sein, je nachdem, was vorher auf dem Konto war.« Geduldig, wie zu einem Kind.
    |99| »Einen Moment«, sagte er. Er hatte sich noch nie dämlich mit Zahlen angestellt. Er hatte sich nur nicht dafür

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