Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman
eingerichtet, damit wir uns fortpflanzen, sie hat uns deshalb ein Zuckerstückchen vor die Nase gehängt.
Es macht Spaß von dem Augenblick an, an dem wir daran denken, über das Vorspiel und die sich erhitzende Leidenschaft und alles,
was dazwischen ist, bis hin zum Orgasmus. Es ist toll und wunderbar und intensiv, ein göttliches Verlangen, eine unglaubliche
Verzauberung, die über uns kommen kann und jeden anderen Gedanken verdrängt. Und wenn du die uralte Natur und die Köstlichkeit
und das Verlangen zusammennimmst, dann ist Sex stärker als jeder andere Instinkt, den wir besitzen, Zet. Dessen musst du dir
bewusst sein.«
Ein weiterer Schluck.
»Und dann hat die Natur ein weiteres Ass im Ärmel. Sie macht uns gegenüber dem anderen schön. Ab dem fünfzehnten, sechzehnten,
siebzehnten Lebensjahr gibt sie uns einen Körper, der für das andere Geschlecht unwiderstehlich ist, der den anderen wie ein
unglaublich starker Magnet anzieht.
All diese Faktoren kommen zusammen …
Das Problem mit dem Sex, mein Sohn, ist das, was dabei herauskommt. Er macht nicht nur Spaß, er macht auch Babys. |90| Und Babys verursachen Probleme, wenn du nicht bereit bist für sie. Ich möchte dich heute Abend nur um drei Dinge bitten, Zet.
Denk nach, bevor du mit einer Frau Sex hast. Denk nach, ob du mit ihr ein Baby haben willst. Denn ein Baby bedeutet, dass
du dein Leben lang an sie gefesselt bist. Denk darüber nach. Stell dir vor, wie du mitten in der Nacht aufstehen und die Flasche
geben musst oder wie du wach liegst und dir Sorgen machst, woher das Geld für Lebensmittel und Kleidung und ein anständiges
Haus kommen soll. Denk darüber nach, ob du diese Verantwortung für den Rest deines Lebens auf dich nehmen willst, ob du neben
der Frau aufwachen willst, wenn du sie ohne Make-up siehst, wenn ihr Haar nicht frisiert ist, wenn ihr Atem schal, wenn ihr
Körper nicht mehr schlank und jung und hübsch ist.
Denk darüber nach, mein Kind, ob du sie liebst.
Die Natur denkt nicht darüber nach, ob du sie liebst, wenn du sie das erste Mal nimmst. Die Natur gibt dir nur die augenblickliche
Liebe, wie das Aufflackern eines Blitzes, aber wenn du deinen Samen gesät hat, ist diese augenblickliche Liebe verschwunden.
Frag dich selbst, ob du sie wirklich liebst. Denn ich kann dir nur eines sagen: Sex mit jemandem, den man liebt, ist tausendmal
besser als mit jemandem, den man nicht liebt.«
In ihrer Stimme lag eine Sehnsucht, die ich in diesem Moment nicht hören wollte, die ich aber nie vergessen würde, das erste
adoleszente Erhaschen ihrer Liebe und ihrer Beziehung zu meinem Vater.
»Das Zweite, worum ich dich bitten möchte, ist, dass du nie eine Frau dazu zwingst. Es gibt Männer, die dir erzählen werden,
dass sich jede Frau im Geheimen danach sehnt, |91| genommen zu werden. Aber lass dir sagen, das ist Unsinn. Frauen sind nicht so. Ganz egal, wie stark dein Verlangen ist, das
darfst du nie, nie tun.
Und das Dritte ist, dass du die Frau eines anderen in Ruhe lässt.«
In den drei Wochen, die auf dieses Gespräch folgten, legte ich nicht mehr Hand an meinen Körper, so schämte ich mich dafür,
dass meine Mutter davon wusste. Und danach nahm die Natur ihren Lauf. Und wie es bei wahrscheinlich allen jungen Männern der
Fall ist, erinnerte ich mich vor allem an einen Teil ihrer Botschaft:
Ich muss dir sagen, dass Sex großartig ist.
Alles Übrige musste ich auf die harte Tour lernen.
Es gab drei Frauen, die bei meinem sexuellen Erwachen eine Rolle spielten. Marna Espag war meine erste Freundin. Baby Marnewick
war unsere Nachbarin. Und Betta Wandrag war die Dritte. Sie sollte Ihnen ja bekannt sein.
Ich war in der neunten Klasse, im Winter 1975, als ich mich mit dem wundervollen Überschwang der Pubertät in Marna Espag verliebte
— meine erste Liebe. Es war, als hätte ich sie eines Morgens zum ersten Mal gesehen, ihr schwarzes Haar und ihre grünen Augen
und den hübschen, lachenden Mund, und sie erfüllte meine Gedanken und meine Träume, erregte meine Fantasien, in denen ich
ein ums andere Mal heroische Taten vollbrachte und sie vor dem Tod errettete.
Ich brauchte drei Monate, bis ich sie fragte, ob sie mit mir ausgehen wollte, nach dem üblichen Teenagergeplänkel, in dem
es galt herauszufinden, ob sie mich mochte, in dem |92| heimliche Botschaften ausgetauscht wurden, die mein Interesse bezeugten. Wir sahen uns Filme im Leba in Klerksdorp an. Meine
Mutter lud uns
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