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Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman

Titel: Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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Anflug von Schlampenhaftigkeit verliehen,
     dem, wie ich annahm, Männer nicht widerstehen konnten — vielleicht, weil dadurch der Eindruck |109| entstand, dass sie manche Dinge nicht so genau nahm, was vielleicht ihre wahre Natur widerspiegelte.
    Jahrelang hatte ich die Nachbarn hinter uns kaum wahrgenommen. (Warum sind Nachbarn, die »hinter« einem wohnen, immer umso
     vieles mysteriöser?) Der hohe Holzzaun zwischen den beiden Häusern hatte wahrscheinlich das seine dazu beigetragen. Aber für
     einen sexuell erwachten Teenager war der Anblick von Baby Marnewick in ihrem Samstagsoutfit im Einkaufszentrum unvergesslich.
     Mein Interesse wuchs, angeregt von vagen Gerüchten und der Offenheit, mit der sie ihre Sexualität zur Schau stellte.
    In den ersten Frühlingstagen meines letzten Schuljahrs, an einem wunderbaren warmen Nachmittag, spähte ich, gelangweilt, Marna-los
     und neugierig, durch einen dünnen Spalt im stetig und zunehmend verwitternden Zaun, nicht zum ersten Mal, aber es war doch
     ein Zufall, ein opportunistischer Augenblick meines Wunschdenkens.
    Und dort im hinteren Garten der Marnewicks lag Baby auf einer Luftmatratze, nackt und von Sonnenöl glänzend, dunkle Brillengläser
     bedeckten ihre schmalen Augen, und ihre verspielte Hand mit den ruhigen Fingern und lackierten Fingernägeln streichelte das
     Paradies zwischen ihren Beinen.
    Ach, welch süßer Schock!
    Ich stand nur da, zu erschreckt, um mich noch rühren zu können, zu erschreckt zum Atmen, schwindelig, aller Sinne beraubt,
     geil bis über beide Ohren, Entdecker der Freuden des Voyeurismus, Auserwählter der Götter, der gerade zum richtigen Zeitpunkt
     dorthin gestellt worden war.
    Ich weiß nicht, wie lange Baby Marnewick bis zum Orgasmus |110| brauchte. Zwanzig Minuten? Länger? Für mich verging die Zeit wie im Flug — ich konnte nicht genug kriegen —, bis sie sich
     schließlich selbst befriedigte, durch den offenen Mund ein tiefes, dumpfes Stöhnen ausstieß und Beine und Bauch himmlisch
     zitterten und bebten.
    Dann stand sie langsam auf und verschwand im Haus.
    Lange starrte ich noch auf die Matratze, hoffte, sie würde zurückkehren. Erst um einiges später wurde mir bewusst, dass mir
     dies nicht beschieden sein würde, und so ging ich in mein Zimmer und überließ mich meinen überwältigenden Gelüsten. Wieder
     und wieder und immer wieder.
    Am nächsten Nachmittag stand ich erneut an meinem Guckloch im Zaun, bereit, die wundervolle, einseitige Beziehung zu Baby
     Marnewick wieder aufzunehmen.
    Sie masturbierte nicht jeden Nachmittag in ihrem Garten. Sie lag nicht jeden Tag ölig und nackt in der Sonne. Zu meiner großen
     Enttäuschung hielt sie sich an keine feste Tageszeit. Es war ein Spiel des Zufalls, ein Spiel des sehnsüchtigen visuellen
     Diebstahls. Manchmal fragte ich mich, ob sie es am Morgen tat, wenn ich in der Schule war. Ich überlegte sogar, einige Tage
     »krank« zu sein, um meine Vermutung auf die Probe zu stellen. Doch gelegentlich, einmal in der Woche, manchmal auch alle zwei
     Wochen, wurde meine Gier mit dem verzaubernden Anblick belohnt.
    Ich entwickelte Fantasien. Ganz klar. Ich würde hinübergehen (über den Zaun zu klettern erschien mir als zu würdelos), mich
     neben sie stellen und ihr sagen: »Ab jetzt musst du deine Finger nicht mehr bemühen, Baby.« Dann würde ich mich ausziehen,
     und sie würde mich mit einem »ja, ja, ja, ja« willkommen heißen, und nachdem ich sie auf der Luftmatratze |111| in unbekannte sinnliche Höhen entführt hätte, würden wir nebeneinander liegen und darüber reden, wie wir abhauen und für immer
     und weit weg glücklich sein wollten.
    Das war Fantasie Nummer eins.
    Mit einigen Variationen des Themas.
    Wie anders und wesentlich interessanter aber war, verglichen mit diesen Fantasien, die Wirklichkeit, die erbärmliche, lebensverändernde
     Wirklichkeit.

|112| 13
    Stoßzeit, stockender Verkehr ab der Mitchell’s Plain. Er nahm die N7, hatte es eilig, nach Hause zu kommen, musste noch mit
     Wilna van As telefonieren.
    Er war fasziniert von der Welt, in der er lebte. Er und Kemp und er und Orlando und wer wem etwas schuldig war, die Mechanismen
     gesellschaftlicher und beruflicher Beziehungen, das elfte Gebot: Sei du derjenige, dem andere etwas schuldig sind. Kemp:
»Du bist ein Stück Dreck, van Heerden!«
O’Grady:
»O Gott, van Heerden, das ist doch ein beschissenes Leben. Warum kommst du nicht wieder zu uns?«
Orlando:
»… du bist ganz unten

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