Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman
gewinnen.
Man müsste in der Zeit zurückgehen können.
Wenn er nur …
Einen Moment.
Nein, es würde nicht …
Quantico. Was hatten sie ihm beigebracht?
Nein.
Ja.
O Gott.
Er bremste scharf und unvermittelt, fluchte, als ein Wagen hinter ihm sich lautstark mit der Hupe beschwerte und nur Zentimeter
an ihm vorbeizog. Er drehte um, fuhr über den Mittelstreifen der Straße, hörte, wie der Corolla mit der Unterseite über Sträucher
streifte, ließ die Räder nassen Sand aufwirbeln, drehte um zu Hope Beneke, weil er verdammt noch mal einen Einfall hatte,
er hatte eine Bombe, er hatte einen Plan, um die Spinnweben wegzublasen.
Sie saß nur da, die Kaffeetassen noch auf dem Tisch, wollte sich nicht die Folgen seines Besuchs klar machen, ließ die Gedanken
schweifen, war enttäuscht.
Sie hatte keine Wahl, sie musste akzeptieren, dass er Recht hatte, dass sie nicht weiterkommen würden. Auch die Polizei hatte
nichts erreicht, er war wenigstens etwas weiter gekommen, hatte entdeckt, dass der Personalausweis gefälscht |194| war. Am Abend zuvor war er von seinen Theorien so überzeugt gewesen, sie selbst so voller Hoffnung, so aufgeregt darüber,
dass sie das Problem lösen könnten, aber er war nicht nur …
Sie war mit sich selbst zufrieden gewesen, eben, wie sie mit ihm umgegangen war, ihre Ruhe, jeden möglichen Konflikt vermeidend.
Sie hatte geglaubt, sie habe den Schlüssel zu Zatopek van Heerden, dem Rätsel, gefunden: einfach jede explosive Situation
entschärfen, nicht darauf eingehen. Sie hatte ihre Enttäuschung gut verborgen, sie war so tapfer gewesen, als sie gesagt hatte,
sie würde Wilna van As darüber in Kenntnis setzen. Aber es würde ihr schwer fallen, denn der Frau würde es das Herz brechen.
Enttäuschung. Weil van Heerden wieder aus ihrem Leben verschwunden war. Besser so. Trotz seiner Verletzlichkeit, seiner Schutzlosigkeit
bedeutete er Probleme. Ganz große Probleme.
Gab es wirklich nichts mehr, was er tun konnte?
Nein. Sie musste es akzeptieren. Er hatte sogar den Vorschuss zurückgegeben. Sie sah zu dem kleinen Stoß Geldscheine auf der
Frühstückstheke. Das war alles, was ihr von ihrem Detektiv geblieben war.
Sie stand auf, stellte die Tassen aufs Tablett. Sie musste weitermachen. Sich heute Abend mit Valerie und Chris zum Barbecue
treffen. Ein entspannter, unterhaltsamer Abend würde ihr gut tun. Es war eine harte Woche gewesen. Sie ging zur Küche, stellte
die Tassen in den Ausguss. Wurde von einem plötzlichen Gedanken überrascht.
Joan van Heerden würde niemals ihre Schwiegermutter werden. Sie lachte laut auf, übertönte die leise Musik von |195| Celine Dion, sie schüttelte den Kopf, drehte, noch immer lachend, den Wasserhahn auf, nahm aus dem darunter liegenden Fach
das Spülmittel, welche absurden Gedanken ihr Gehirn sich manchmal ausdachte. Dann hörte sie es an der Tür klingeln.
Sie erwartete niemanden, dachte sie, drehte das Wasser ab, ging zur Tür und spähte durch den Spion. Zatopek van Heerden.
Hatte er etwas vergessen? Sie öffnete die Tür.
»Es gibt noch etwas, was wir tun können«, sagte er, und seine Augen leuchteten, seine Stimme klang drängend, und sie fragte
sich, ob er sie hatte lachen hören.
»Kommen Sie rein«, sagte sie. »Bitte.« Behielt dabei ihre Stimme unter Kontrolle. Er ging an ihr vorbei, stellte sich an die
Theke, während sie die Tür schloss.
»Ich …«, sagte er. »Es …«
»Wollen Sie sich nicht setzen?«
»Wir haben … Was wir tun müssen, ist, die Uhr fünfzehn Jahre zurückdrehen. Das ist unsere einzige Chance.«
Sie hing etwas in der Luft, woraufhin sie beschloss, sich erst einmal zu setzen. Sie hatte ihn noch nie so erlebt, so erregt,
mit solch eindringlicher Stimme.
»Mir ist soeben klar geworden, dass ich mich mit den falschen Leuten unterhalten habe. Alle, mit denen ich gesprochen habe,
hatten ihn vor fünfzehn Jahren nicht gekannt. Es ist an der Zeit, dass wir das ändern. Und es gibt eine Möglichkeit.«
»Welche?«
»Publicity.«
Sie sah ihn an und kapierte nichts.
|196| »Als er ermordet wurde, wusste O’Grady nicht, dass er seinen Namen geändert hatte. War ein Bild von ihm in der Zeitung?«
»Nein. Wilna van As wollte … das Bild aus seinem Personalausweis nicht an die Presse weitergeben. Es gab dafür keinen Grund
…«
»Seitdem hat sich einiges geändert«, sagte er. »Wir wissen jetzt, dass er nicht Jan Smit war. Damals wusste das keiner. Wenn
wir das Bild
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