Todes Kuss
kennen den Namen des Besitzers?“
Ein Blick in Andrews Gesicht zeigte mir, dass ich ihn an der Angel hatte. „Ja, Monsieur Fournier. Aber er wird den Ring behalten wollen.“
Andrew lächelte. „Wie ich schon sagte: Alles hat seinen Preis.“
„Es ist ein bisschen albern, sich ein kleines Schmuckstück so sehr zu wünschen, finden Sie nicht? Aber es ist für mich zu einer Art Symbol geworden. Jedenfalls wäre ich demjenigen, der es mir beschafft, für immer zu tiefster Dankbarkeit verpflichtet.“
„Ich verstehe sehr gut, warum der Ring so wichtig für Sie ist.“
Entschlossen wechselte ich das Thema. „Um auf Philip zurückzukommen: Ich bin enttäuscht und verärgert. Aber wenn er tatsächlich noch leben sollte, kann ich ihn natürlich nicht einfach seinem Schicksal überlassen. Doch Sie und Arthur möchte ich deshalb nicht in Gefahr bringen. Deshalb habe ich an Lord Lytton geschrieben und ihn gebeten, eine Suchexpedition auszurichten. Damit sind Sie“, diesmal drückte ich Andrews Hand, „von der Verantwortung eines Expeditionsleiters befreit.“
„Sie sind sehr großzügig.“ Seine Miene verriet nicht, ob er erleichtert oder zornig über meine Entscheidung war. „Natürlich werde ich mit niemandem über das sprechen, was ich heute von Ihnen erfahren habe. Beabsichtigen Sie, nun bald nach London zurückzukehren?“
„Nein. Ich werde in Paris noch eine Zeit lang die Rolle der exzentrischen Witwe spielen. Obwohl …“ Ich zögerte. „Obwohl ich dieses Leben manchmal wirklich leid bin. Noch vor kurzem hätte ich nicht erwartet, dass ich mich einmal so einsam fühlen würde.“
„Sie fühlen sich einsam, weil Sie sich von Ihrem Gemahl verraten fühlen. Es wird vorbeigehen.“
„Bestimmt haben Sie recht.“ Mein Gesicht hellte sich auf. „Ja, ich denke, ich sollte mich ins gesellschaftliche Leben stürzen. Und wenn Philip wirklich tot ist, könnte ich den Gentleman heiraten, der mir den Ring mit dem Trojanischen Pferd als Hochzeitsgeschenk überreicht.“
Andrew begann zu lachen. „Dann sollten Sie hoffen, dass nicht Fournier selbst Ihnen das Schmuckstück schenkt.“
9. Juli 1888, Florenz
Wenn ich nicht mit Kallista die Sehenswürdigkeiten besuche, stöbere ich in den Antiquitätengeschäften herum. Manchmal begleitet mich meine wunderbare Braut sogar. Sie spricht Italienisch wie eine Einheimische und ist ziemlich stolz darauf. Vermutlich besitzt sie eine echte Begabung für Sprachen. Außerdem hat sie viel Humor. Wir lachen oft zusammen, und ich bin sicher, dass wir noch viele Jahre lang glücklich miteinander sein werden.
Im Bett ist sie bislang recht zurückhaltend. Doch immerhin versucht sie nie, sich mir zu entziehen. Ja, ich glaube sogar, dass sie meine Zärtlichkeiten insgeheim willkommen heißt. Es wird sich zeigen, ob sie so leidenschaftlich ist wie manche der Frauengestalten bei Homer.
32. KAPITEL
Drei Tage vergingen, ohne dass irgendetwas Bemerkenswertes geschah. Cécile war genau wie ich der Meinung, dass mein Gespräch mit Andrew erstaunlich gut verlaufen war. Nun konnten wir nichts weiter tun als darauf hoffen, dass Andrew bereit war, den Ring von Fournier zu stehlen, um mich zur Ehe zu bewegen und so in den Besitz meines Vermögens zu kommen.
Ich erhielt einen Brief von Margaret, in dem sie mir humorvoll schilderte, wie die Hochzeit ihrer Schwester verlaufen war. Das junge Paar schien sehr glücklich zu sein. Und die Mitglieder der guten Gesellschaft waren in Amerika anscheinend ebenso dumm und albern wie in England. Deshalb hatte ich beim Lesen viel zu lachen.
Sie hatte auch ein paar einfache griechische Passagen aus der Ilias beigelegt. Ich solle mich einfach über die Anweisungen meines Lehrers hinwegsetzen, riet sie mir. Ihrer Meinung nach war ich weit genug, um mich an Homer im Original zu wagen. Da sie angenommen hatte, ich würde ihr Schreiben erst nach meiner Rückkehr aus Afrika erhalten, fügte sie an, dass Philip mich gegebenenfalls beim Übersetzen unterstützen solle.
Kurzfristig überfiel mich eine tiefe Traurigkeit. Ich würde jetzt und wohl auch in alle Zukunft ohne Philips Hilfe auskommen müssen. Doch dann fasste ich mir ein Herz und begann mit der Übersetzung. Die Arbeit fiel mir erstaunlich leicht, und das, obwohl der Text sich mit Achill beschäftigte, den ich nach wie vor eher unsympathisch fand.
Am Nachmittag dieses Tages besuchte Cécile mich in meiner Suite. Wir hatten gerade begonnen, Pläne für einen Ausflug nach Versailles zu schmieden,
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