Todes Kuss
nicht sicher.“
„Ich weiß, dass du Philip solche Gefühle nicht entgegengebracht hast, solange er lebte.“
„Ich bringe sie ihm auch jetzt nicht entgegen. Schließlich ist er tot. Allerdings …“ Ich erinnerte mich deutlich an den Ausdruck auf Philips Gesicht, als er mich in unserer Hochzeitsnacht zum ersten Mal voller Leidenschaft küsste. „Allerdings kann ich mir gut vorstellen …“ Erneut unterbrach ich mich. „Tatsächlich ist es so, dass ich manches aufregender finde, wenn ich daran zurückdenke. Als es geschah, hatte ich gar keine Zeit, mich damit auseinanderzusetzen. Auch fehlte mir der Sinn für alles Romantische. Komisch, nicht wahr? Und nun habe ich das Gefühl, vieles verpasst zu haben.“
„Wenn du Philip leidenschaftlich geliebt hättest, wäre es dir bewusst gewesen. Du hättest nicht darüber nachzudenken brauchen“, stellte Margaret fest.
„Wahrscheinlich hast du recht.“ Ich trank meinen Port aus. „Und nun sollten wir uns noch einmal den Problemen zuwenden, die es hier und jetzt zu lösen gilt. Wie kann ich herausfinden, was es mit diesen griechischen Kunstwerken auf sich hat?“
„Vielleicht könntest du jemanden vom British Museum um Hilfe bitten.“
„Wahrscheinlich brauche ich fachmännische Beratung“, gab ich zu. „Aber ans Museum würde ich mich nur ungern wenden. Wenn Philip wirklich etwas Ungesetzliches getan hat, werden die Mitarbeiter des Museums es bestimmt für ihre Pflicht halten, alles an die Öffentlichkeit zu bringen.“
„Kannst du das denn überhaupt verhindern?“
„Das hoffe ich! Ich möchte sein Andenken wirklich nicht in den Schmutz ziehen.“
„Wäre es nicht möglich, die Originale und die Fälschungen auszutauschen?“, überlegte Ivy. „Wie es aussieht, ist so etwas doch schon einmal gemacht worden.“
„Als Erstes werde ich mit Mr Attewater sprechen“, verkündete ich. „Er kann mir vermutlich sagen, welche Stücke Originale und welche Nachbildungen sind.“
„Vertraust du ihm?“
„Ja. Er war stets sehr offen zu mir. Außerdem muss ich ihm ja nicht gleich alles erzählen. Er könnte überprüfen, ob im Museum Kopien ausgestellt werden.“ Ich runzelte die Stirn. „Colin Hargreaves hat mich vor Attewater gewarnt, aber er wollte mir nicht sagen, warum ich mich von ihm fernhalten soll. Andrew wiederum ist der Meinung, man könne Colin nicht trauen.“
„Das hört sich ziemlich verwirrend an“, meinte Margaret.
„Zuerst dachte ich, Andrew hätte Angst, Colin könne mit meinen Gefühlen spielen und mich verletzen. Inzwischen frage ich mich, ob er nicht einen ganz anderen Verdacht hegte. Könnte Andrew gemeint haben, dass Colin mit dem Fälscherring in Kontakt steht?“
In diesem Moment fielen mir die beiden schriftlichen Warnungen ein. Und plötzlich war ich ganz sicher, dass Andrew sie geschrieben hatte.
Nachdem Margaret und Ivy sich zu Bett begeben hatten, verbrachte ich mindestens eine Stunde damit, in der Bibliothek nach Unterlagen bezüglich der antiken griechischen Kunstwerke zu suchen. Philip war ein ordnungsliebender Mensch gewesen. Daher fand ich rasch eine Auflistung der Objekte, die er in seinem Privatmuseum ausgestellt hatte. Über die Neuanschaffungen allerdings gab es zumindest hier nichts Schriftliches. Eine sehr beunruhigende Erkenntnis …
Schließlich suchte ich mein Schlafzimmer auf, musste jedoch feststellen, dass es mir unmöglich war, zur Ruhe zu kommen. In diesem Raum hatte Philip seine Nächte verbracht. Vom Bett bis zum Kerzenständer spiegelte alles seine Vorlieben wider. Würde ich, wenn ich diese Dinge näher betrachtete, mehr über ihn erfahren?
Ich begann mit einer Untersuchung seines Ankleidezimmers, in dem ich jedoch nichts Interessantes entdeckte. Also machte ich mich daran, das Schlafgemach zu erforschen. Als Erstes widmete ich mich einem kleinen Bücherregal, das anscheinend Werke enthielt, die Philip oft in die Hand genommen hatte. Da gab es nicht nur Lady Audley’s Geheimnisse , sondern auch ein paar Dramen von Shakespeare, einen Museumsführer des British Museum und Conan Doyles Eine Studie in Scharlachrot mit dem Helden Sherlock Holmes. Obwohl Ivy mir von diesem Roman erzählt hatte, war ich bisher nicht dazu gekommen, ihn zu lesen. Ich beschloss, das Buch mit nach London zu nehmen.
Im untersten Regalbrett standen mehrere schmale, in Leder gebundene Bände ohne Titel. Als ich einen herauszog, war mir sogleich klar, worum es sich handelte. Das Büchlein sah genauso aus wie Philips
Weitere Kostenlose Bücher