Todes Kuss
hier noch ein paar Dinge zu erledigen, ehe ich nach England zurückkehre. Mehrere Treffen mit Monsieur LeBlanc und Fournier, der einen etruskischen Fries erstanden hat, sind leider erfolglos verlaufen.
Immerhin habe ich ein Hochzeitsgeschenk für meine Braut gefunden: eine Elfenbeinbrosche in Form einer zarten Blüte, die mich an Kallistas Eleganz und Unschuld erinnert. Hoffe, das Schmuckstück wird ihr besser gefallen als all die üblichen teuren Dinge. Diamantkolliers und Ähnliches wird sie im Überfluss besitzen, wenn sie erst Mutters Juwelen in den Händen hält.
28. KAPITEL
Cécile hatte versprochen, mir Bescheid zu geben, sobald sie von ihrem Ausflug in die Welt der Kunstfälscher und -diebe zurück war.
Nie zuvor war mir das Warten so schwergefallen. Schließlich beschloss ich, mich mit meinem Skizzenblock in die Empfangshalle des Hotels zu begeben und ein wenig zu zeichnen. Um niemanden zu stören und auch um selbst nicht gestört zu werden, setzte ich mich in eine abgelegene Ecke, von der aus ich allerdings den größten Teil des Raums überblicken konnte.
Plötzlich hörte ich Hargreaves’ Stimme. „Leider muss ich mich beeilen. Ich bin spät dran, und das Treffen ist wirklich wichtig.“ Dann sah ich, wie er das Hotel allein verließ.
Neugierig geworden, nahm ich Block und Zeichenstift fest in die Hand und folgte Colin in sicherem Abstand. Schon bald war mir klar, dass er zum Louvre wollte. Ich ließ mich noch ein bisschen mehr zurückfallen, konnte jedoch beobachten, wie er die große Treppe hinaufstieg. Erst als er in einem der Gänge verschwand, lief auch ich rasch die Stufen hinauf.
„Lady Ashton! Wie schön, dass Sie wieder in Paris sind!“
Abrupt blieb ich stehen.
Es war Monsieur Pontiero, der mir entgegenkam. Er wies auf meinen Skizzenblock. „Haben Sie Fortschritte gemacht? Darf ich einen Blick auf Ihre Zeichnungen werfen?“
„Beim nächsten Mal gern. Jetzt habe ich leider keine Zeit.“
Er lächelte. „Schade! Sind Sie länger in Paris, Mylady? Können wir uns bald einmal treffen?“
„Ich werde Ihnen eine Nachricht schicken“, versprach ich und eilte weiter. Hatte ich überhaupt noch eine Chance, Colin zu finden?
Ich entdeckte ihn, als ich in den Saal blickte, in dem sich die Nike von Samothrake befand, eine wunderschöne Statue der griechischen Siegesgöttin, der leider der Kopf fehlte. Colin stand mit Mr Murray, den ich in London gewähnt hatte, vor dem Kunstwerk. Die beiden unterhielten sich aufgeregt.
„… solches Stück fortzubringen, ist nicht leicht“, hörte ich Murray sagen. „Man …“ Dann bemerkte er mich, verstummte und verbeugte sich in meine Richtung.
Colin wandte sich um, und sein Gesicht spiegelte deutlich seine Überraschung wider. Bisher hatte ich ihn nie irgendwie verlegen oder merklich beunruhigt gesehen. Jetzt allerdings stieg ihm das Blut in die Wangen. Ja, er wirkte keineswegs so ruhig und selbstsicher wie gewöhnlich.
„Ich hoffe, ich störe nicht“, bemerkte ich mit einem falschen Lächeln. Wenn ich doch nur mehr von dem Gespräch mitbekommen hätte!
„Aber nein, Lady Ashton! Es ist stets eine Freude, Sie zu sehen“, bemerkte Murray. „Ich wusste gar nicht, dass Sie sich gerade in Paris aufhalten.“
Colin nickte mir zu, ohne ein Wort über die Lippen zu bringen.
„Ich bin nur für kurze Zeit hier und wollte die Gelegenheit nutzen, mir meine Lieblingsstücke im Louvre anzuschauen. Die Schönheit der antiken Statuen beeindruckt mich jedes Mal wieder.“
„O ja, die Werke der alten Griechen sind faszinierend“, stimmte Mr Murray mir zu, während Colin mit einer ungeduldigen Geste die Arme vor der Brust kreuzte.
„Finden Sie nicht auch, dass die Nike einen anderen Platz bräuchte, um wirklich zur Geltung zu kommen? Sollte man sie nicht in einem helleren und größeren Saal ausstellen?“
„Sie haben einen guten Blick für solche Dinge“, lobte Murray mich. Es war klar, dass er nicht bereit war, mehr über die antike Statue zu sagen. Trotzdem wartete ich noch einen Moment, ehe ich mich verabschiedete. Tief in Gedanken versunken, begab ich mich in die Abteilung, in der die Säulen und Friese verschiedener griechischer Tempel untergebracht waren. Nachdem ich eine Zeit lang von Objekt zu Objekt geschlendert war, verließ ich das Museum, um eine Droschke zu nehmen. Dem Kutscher nannte ich Céciles Adresse.
Meine Freundin war erst kurz zuvor nach Hause gekommen. Geistesabwesend streichelte sie Caesar, der auf ihrem Schoß lag. Ich
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