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Todesacker

Todesacker

Titel: Todesacker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth Thomas Bauer
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Polizistin alles, was zu weißt. Wie wär’s, wenn du mir zuerst mal die Namen und Adressen aller deiner Freunde verrätst?‹ Di, du kapierst es einfach nicht, oder?«
    Diane antwortete nicht. Sie merkte, wie sich ihr Verhältnis nach und nach umkehrte, wie sich ihre große Schwester in ihrer Gegenwart immer unwohler fühlte, als sei sie ein schuldbewusstes Kind. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte Diane das Gefühl, dass sie diejenige war, die die Macht hatte. In gewisser Weise war sie in der Lage, Angies Leben zu beeinflussen, anstatt umgekehrt. Das wusste sie, doch sie verstand nicht, weshalb es so war. Und dieses Wissen sorgte nicht dafür, dass sie sich besser fühlte.
    Angie sah sie unsicher an und schlüpfte in ihre Jacke. »Ich gehe dann mal zur Arbeit.«
    »Du kannst nicht immer davonlaufen.Wir müssen bald mal einiges zwischen uns klären.«
    »Ja, ja. Wie du meinst.«
    Als Diane beobachtete, wie Angie sich zur Tür stahl, war sie zwischen widersprüchlichen Impulsen hin- und hergerissen: dem Wunsch, ihre Schwester näher an sich zu binden, und gleichzeitig dem Verlangen, ihr wehzutun.
    »Es gibt da eine Sache, die du auch nicht verstehst, Angie«, sagte sie.
    »Die kannst du mir ein andermal erzählen.«
    Dann war ihre Schwester aus dem Zimmer geschlüpft, und ihre Schritte klapperten auf den Treppenstufen, als sie zur Haustür lief.
    Diane stand oben an der Treppe, und irgendetwas in ihr weigerte sich, die Auseinandersetzung als beendet zu betrachten.
    »Und warum bist du ausgerechnet zu Ben Cooper gegangen?«, schrie sie ihr hinterher. »Ganz am Anfang – warum bist du zu ihm gegangen?«
    Angie blieb stehen, doch nur um zurückzuschreien. »Weil ihm etwas an anderen Menschen liegt!«
    »Ach ja? Tja, mir liegt auch etwas an anderen Menschen. Mir liegt bloß nichts an dir !«
    Kaum war die Haustür ins Schloss gefallen, da bereute Diane ihre letzten Worte. Doch jetzt war es zu spät.
    Sie starrte eine der Studentinnen aus der Nachbarwohnung zornig an, die den Kopf um die Ecke gestreckt hatte, um nachzusehen, was los war. Als die Studentin wieder verschwand, fragte sich Diane, ob sie noch jemals die Gelegenheit bekommen würde, Angie zu sagen, was es war, das sie nicht verstand.
    Diane ging zurück in ihre Wohnung und sammelte die Kissen auf, die auf den Boden gefallen waren. Sie war überrascht, was für eine Unordnung herrschte. Es hatte beinahe den Anschein, als sei jemand in die Wohnung eingebrochen und habe sie durchwühlt. Wenn es sich um einen Tatort gehandelt hätte, an den sie gerufen worden war, hätte sie gesagt, dass es Anzeichen für eine gewalttätige Auseinandersetzung gab.
    Hatte Angie womöglich noch immer ein Heroinproblem? Eigentlich war sie nicht der Meinung, doch Abhängige brauchten regelmäßig große Geldbeträge. Viele Frauen gingen sogar auf den Strich, um sich mit Stoff versorgen zu können. Mit Heroin oder mit Crack oder mit beidem. Drogen waren vielleicht nicht der Auslöser dafür gewesen, dass sie in der Gosse gelandet waren, doch Heroin sorgte dafür, dass sie dort blieben.
    Diane wusste, dass schon vor Jahren Drogendealer aus den Großstädten in kleinere Städte wie Edendale umgesiedelt waren. Inzwischen bekam man Drogen an jeder Ecke, und zwar fast alles, was das Herz begehrte. Billig waren sie obendrein. Vielleicht war das eine Art Marketingtrick, um den Kundenstamm zu erweitern, doch die Statistiken zeigten, dass Edendale zu den billigsten Städten im Land gehörte, was Drogenpreise anbetraf. Das Letzte, was sie gehört hatte, war, dass Heroin für ungefähr zwanzig Pfund pro Tütchen zu haben war.
    Sie hatte sich nach und nach etabliert, die Verbindung zwischen Heroin und Prostitution, und mittlerweile waren die beiden unzertrennbar. Der Teufelskreis war in vollem Gang.
    Diane war überrascht von einem plötzlichen Geschmack in ihrem Mund. Dunkel, bitter, beruhigend. Es war ein überaus vertrauter Geschmack, voller Erinnerungen, der ihr ganzes Leben in sich zu vereinen schien, all die Tiefpunkte und die einsamsten Momente, vereint in einem kurzen Prickeln der Geschmacksknospen.
    Ihre alte Lust auf Schokolade war zurückgekehrt, und die Vertrautheit war so intensiv, dass sie beinahe erschrak. Im Grunde genommen hatte sie seit Monaten nicht mehr über diese Lust nachgedacht. Doch irgendein Instinkt war in die Nervenenden in ihrem Mund gesickert, ausgelöst von Stress.
    Es war nicht so einfach, eine Sucht loszuwerden. Sie konnte einen noch lange, nachdem man glaubte,

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